Es wiegte die alte Linde
Ihr blühendes Haupt in dem Winde,
Verstreuend Duft in das Land;
Und unter der Linde saßen
Zwei Liebende Hand in Hand.
Feinlieb, ich muß nun scheiden,
Dich sieben Jahre meiden,
's ist eine lange Zeit;
Ich frage nach sieben Jahren,
Ob du den Andern gefreit. –
Ach nein, ich will dich erwarten
Die sieben Jahre, die harten,
Ich will die deine sein;
Ich will die Treue dir halten
Und keinen Andern frei'n.
Es zogen Jahre nach Jahren,
Die sieben verstrichen waren,
Das achte schon begann:
Schon kam vom vierten Monat
Der vierte Tag heran.
Es wiegte die alte Linde
Ihr falbes Haupt in dem Winde,
Verstreuend ihr Laub in das Land,
Und unter der Linde rannen
Zwei Quellen in den Sand.
Du, Linde, wirst es ihm sagen,
Du blühtest in jenen Tagen,
Nun hat der Herbst dich entlaubt;
Ich habe geglaubt und geweinet,
Ich habe geweint und geglaubt.
Ein Reiter lenkte die Zügel
Vom Weg ab hinan zum Hügel,
Ritt stolz und spähend einher:
Gott grüß dich, feines Mägdlein,
Was klagst du, was weinst du so sehr?
Gezogen sind Jahre nach Jahren,
Nichts hab ich vom Liebsten erfahren,
Die Lind' es bezeugen mag;
Sie sieht mich im vierten Monat
Verweinen den vierten Tag. –
Er hat in den Wind es gesprochen,
Er hat dir die Treue gebrochen
Für eine schönere Braut;
Hab' unter blühenden Linden
Der Hochzeit selbst zugeschaut. –
War's auch in den Wind gesprochen,
Sind Treue und Herz mir gebrochen,
Ihm wend' es Gott zum Gewinn.
Ich werd' ihn segnen und segnen,
Bis stumm ich geworden bin.
Was guldig schimmerndes zog er
Vom Finger sich, was bog er
Sich über ihren Schoß?
Sie weinte, daß der Goldring
In ihren Thränen floß.
Er sprang vom Roß behende,
Er legte in ihre Hände
Ein feines Linnentuch:
Trockn' ab, trockn' ab die Äuglein!
Geweinet hast du genug.
Ich habe dich nur versuchet;
Und hättest du mir gefluchet,
Mußt' weiter geritten sein;
Ich hatte es hoch geschworen:
Nun sollst du die Meine sein.
Es wiegte die alte Linde
Ihr Haupt im Abendwinde,
Und schattiger wurde das Land;
Und unter der Linde saßen
Zwei Glückliche Hand in Hand. |