Henryk Sienkiewicz
Die Familie Polaniecki
Henryk Sienkiewicz

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Neununddreißigstes Kapitel

Polanieckis neueste Idee, aus der Firma auszutreten, um sich in größere Unternehmungen einzulassen, wurde von Bigiel energisch bekämpft. Unser Haus, erklärte er, ist auf solch soliden Grundlagen gegründet, wie sie bei uns nur selten zu finden sind, und schon allein deshalb nützen wir. Zudem müßtest Du aus Dankbarkeit ein Geschäft weiter unterstützen, durch das wir unser Vermögen nahezu verdoppelt haben. Es wäre mehr als thöricht, wenn Du Dich durch die zwar geglückte, aber trotzdem gewagte Spekulation zu weiteren Spekulationen verleiten ließest; gerade jetzt ist es ratsam, vorsichtig zu Werke zu gehen und das zusammenzuhalten, was erworben worden ist. Polaniecki stimmte all dem zu, was sein Kompagnon vorbrachte, allein er klagte über den kleinen Wirkungskreis und über die Unmöglichkeit, irgend etwas zu produzieren. Eine Fabrik auf eigene Faust gründen, das wollte er aber auch nicht, dazu war er zu praktisch. Die Leitung einer kleinen Fabrik, bemerkte er, mache ihm kein Vergnügen, denn was sei das Schicksal dieser kleinen Fabriken? Sie würden schließlich von den großen verschlungen. Zur Gründung einer größern Fabrik fehlten ihm die Mittel, und in einer Aktiengesellschaft würde er nicht für sich, sondern für andere arbeiten, ganz abgesehen davon, daß es nicht so leicht sei, geeignete Aktionäre zu bekommen.

In Polaniecki wurde aber auch noch ein anderer Wunsch rege, ein Wunsch, der so uralt ist wie die Menschheit selbst, der Wunsch nach einem Besitztum. Er plante daher seit einiger Zeit den Bau eines großen Hauses in der Stadt, da er damit nicht nur seinen Wunsch nach Besitz befriedigen zu können meinte, sondern auch gleichzeitig auf gute Verzinsung der Kapitalanlage hoffen durfte; allein nur zu bald kam er wieder davon ab; er wollte das, was er sein eigen nannte, nicht mit andern teilen, und nach reiflichem Ueberlegen kam er zu dem Entschluß, sich wie die Bigiels ein kleines Grundstück außerhalb der Stadt mit einem Stückchen Wald, einigen Morgen Feld und einem Obstgarten zu kaufen. Sobald es einigermaßen bekannt wurde, daß Polaniecki ein Grundstück gegen Barzahlung zu kaufen suchte, erhielt er von allen Seiten Anerbietungen. Er fuhr deshalb häufig umher, um sich die vakanten Villen innerhalb und außerhalb der Stadt anzusehen. Da deshalb die einlaufenden Briefe und Pläne gelesen und geprüft werden mußten, war er nur abends mit Marynia zusammen, als sie ihn aber darüber zur Rede stellte und ihn fragte, was ihn so außerordentlich in Anspruch nehme, antwortete er: »Mein Kind, sobald ich ein Resultat erzielt haben werde, sage ich es Dir. Vorher spreche ich nicht gern darüber. Das geht gegen meine Natur.«

Erst von Frau Bigiel, die von ihrem Manne stets in alles eingeweiht wurde, erfuhr sie, um was es sich handelte. Ihr Herz hing daran, mit ihrem Stach über die Auswahl eines Heims zu reden, da er jedoch nichts davon anfing, erlaubte es ihr Taktgefühl nicht, eine Anspielung zu machen.

Er hatte durchaus keine böse Absicht dabei, es kam ihm einfach nicht in den Sinn, mit ihr irgend welche Angelegenheit zu besprechen, bei der die Geldfrage in Betracht kam. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn sie ihm eine Mitgift zugebracht, wenn er ein ihr gehörendes Kapital zu verwalten gehabt hätte. Mit Bigiel war er gewohnt, alles Geschäftliche zu besprechen, mit seiner Frau hingegen besprach er nur solche Dinge, die seiner Ansicht nach in ihr Rayon gehörten, also unter anderm den Bekanntenkreis, mit dem sie verkehren wollten. Bei Maszkos waren sie schon gewesen, nun war zu überlegen, ob sie die Osnowskis besuchen sollten, die vom Auslande zurückgekehrt waren und bis Ende Juni in Warschau bleiben wollten. Marynia behauptete, dies könne nicht umgangen werden, da sie bei Maszko mit den Osnowskis zusammentreffen würden, zudem habe sie auch Lust dazu, da sie Herrn Osnowski gern leiden möge.

Polaniecki wollte sich nicht recht dazu verstehen, allein einige Tage später begegnete Marynia den Osnowskis, die sie so herzlich begrüßten und so unumwunden die Hoffnung auf einen intimen Verkehr ausdrückten, daß Polaniecki sich schließlich entschloß, mit seiner Frau Besuch zu machen. Er fühlte jedoch sehr wohl, daß Marynia weit liebenswürdiger und zuvorkommender aufgenommen wurde als er selbst.

Bei diesem Besuche machten die Polanieckis eine neue Bekanntschaft. Sie lernten Frau Bronicz und deren Nichte Lineta Castelli kennen, die zu dem »Sommer-Karneval« nach Warschau gekommen waren und den Pavillon der Villa bewohnten, den der verstorbene Herr Bronicz bei dem Verkaufe dieser Villa an die Osnowskis für seine Frau vorbehalten hatte. Frau Bronicz sprach beständig von ihrem Mann als von dem einzigen Verwandten der Grafen Ostroyski, also von dem letzten Sprosse der Burykowicz. Sie war in der ganzen Stadt auch unter dem Namen »die Süße« bekannt, da sie die Personen, an denen ihr etwas lag, geradezu mit überschwenglichen Liebenswürdigkeiten überschüttete. Dabei erzählte man sich wahre Wunderdinge von ihren Lügen. Fräulein Castelli war die Tochter ihrer Schwester, die zum Entsetzen der Familie und der Welt einen italienischen Musiklehrer geheiratet und der die Geburt des Kindes das Leben gekostet hatte. Als Herr Castelli sich ein Jahr darauf auf dem Lido ins Meer stürzte, nahm Frau Bronicz die Waise zu sich und erzog sie.

Lineta mit ihren regelmäßigen Zügen, blauen Augen, goldenen Haaren und ihrem auffallend zarten Teint galt für eine große Schönheit. Ihre schweren Augendeckel verliehen ihr einen etwas schläfrigen Gesichtsausdruck, der übrigens auch als Tiefe des Gemütes bei einem Wesen gedeutet werden konnte, das mit einem sehr entwickelten innern Leben ausgestattet ist und sich deshalb gleichgültig gegen seine Umgebung verhält. Wer übrigens nicht von selbst zu dieser Mutmaßung gekommen wäre, dem hätte Frau Bronicz dazu verholfen. Auch Frau Osnowski, die eine Zeitlang für Lineta schwärmte, sprach beständig von deren Augen, »die so tief sind wie ein See«. Was auf dem Grunde zu finden war, diese Frage blieb freilich offen. Allein gerade dies Geheimnisvolle erhöhte den Reiz Linetas.

Die Osnowskis kamen mit der Absicht nach Warschau, sich zu amüsieren. Doch Frau Aneta war nicht umsonst in Rom gewesen. »Die Kunst und wieder die Kunst,« sagte sie zu Frau Polaniecki, »alles andre interessiert mich nicht.« Sie sprach von ihrer Absicht, einen römischen Salon zu eröffnen, verschwieg aber wohlweislich, daß sie hoffte, eine Beatrice für irgend einen Dante oder eine Laura für einen Petrarca zu werden.

»Wir haben einen wunderbaren Garten bei der Villa,« erklärte sie, »und wir wollen hier die römischen und florentinischen Abende wieder aufleben lassen. Sie wissen doch (hier erhob sie die Hände und gestikulierte lebhaft in der Luft herum): eine Dämmerstunde, die anbrechende Abendröte, ein wenig Mondschein, einige Lampen, der Schatten der Bäume: man sitzt umher, erzählt sich leise von allem Möglichen, man unterhält sich über das Leben, über unsere Empfindungen und über die Kunst. Das ist doch mehr wert, als zu klatschen. Mein Jozio, vielleicht wirst Du Dich langweilen, aber sei dann nicht ärgerlich darüber, überwinde Dich mir zuliebe und glaube mir, es wird sehr hübsch werden.«

»Aber meine liebe Aneta, kann denn mich etwas langweilen, was Dich amüsiert?« erwiderte Osnowski.

»Und besonders solange Lineta hier ist, müssen wir dies veranstalten, das ist ja eine Künstlerin vom Scheitel bis zur Sohle. Was denkst Du von meinem Plan?« wandte sie sich an das junge Mädchen.

Lineta lächelte nur schläfrig, und Frau Osnowski fuhr fort:

»Wir schaffen uns hier ein Klein-Italien, und wenn die Probe mißlingt, flüchten wir nächsten Winter abermals in das himmlische Italien und eröffnen in Rom unsre Salons. Sie müssen sich übrigens einmal die Kopien von Bildern und Skulpturen ansehen, die mir Jozio gekauft hat. Das ist doch recht schön von ihm, denn ihm liegt nicht viel an Kunstwerken. Es sind lauter gute Sachen, denn Jozio war verständig genug, Herrn Swirski zu Rate zu ziehen. Schade, daß er nicht hier ist, und erst Bukacki! Wie zum Trotz ist er gestorben, er könnte uns jetzt von großem Nutzen sein. Er wußte so interessant zu plaudern, brachte stets solches Leben in die Unterhaltung. Wissen Sie übrigens,« wandte sie sich nun wieder direkt an Frau Polaniecki, »daß Swirski geradezu für Sie schwärmt? Nach Ihrer Abreise hat er beständig von Ihnen gesprochen und eine Madonna zu malen angefangen, die Ihre Züge trägt. Ich sehe es schon, Sie werden noch eine zweite Fornarina. Was Sie ein Glück bei den Künstlern haben!«

»Wenn denn doch von Gesichtern die Rede ist, die auf Künstler Eindruck machen,« ergriff Frau Bronicz das Wort, indem sie einen unwilligen Blick auf Marynia warf, »so muß ich Ihnen erzählen, was in Nizza vorgefallen ist.«

»Aber Tante!« unterbrach sie Fräulein Castelli.

»Es ist doch wahr, mein Kind, und was wahr ist, darf man erzählen. Vor einem Jahre, nein, vor zwei Jahren – es ist unfaßbar, wie rasch die Zeit vergeht – also vor zwei Jahren . . .«

Hier schnitt ihr jedoch Frau Osnowski, die schon zu Genüge gehört hatte, was in Nizza vorgegangen war, einfach das Wort ab und fragte Frau Polaniecki:

»Haben Sie viele Bekanntschaften in der Künstlerwelt?«

»Mein Mann wohl, ich nicht,« erwiderte Marynia, »ich kenne nur Herrn Zawilowski.«

Diese Kunde versetzte Frau Osnowski geradezu in Enthusiasmus. Wie lange schon trachtete sie darnach, Herrn Zawilowski kennen zu lernen! Jozio soll sagen, ob das nicht ihr sehnlichster Wunsch sei. »Unlängst las ich mit Lineta sein Gedicht ›Ex imo‹,« fuhr sie atemlos fort, »und Lineta, die wie keine andre oft mit einem Worte einen Eindruck schildern kann, sagte . . . Was sagte sie nur so außerordentlich Charakteristisches?«

»Das Gedicht sei wie aus Erz gegossen,« kam ihr Frau Bronicz erklärend zu Hilfe.

»Richtig, wie aus Erz gegossen. Ich stelle mir auch Herrn Zawilowski wie ein ehernes Bild vor. Wie sieht er denn eigentlich aus?«

»Er ist klein,« entgegnete Polaniecki, »dick, wenigstens fünfzig Jahre alt und hat kein einziges Haar auf dem Kopfe.«

Auf diese Worte hin sahen Frau Osnowski und Lineta derart enttäuscht aus, daß Marynia herzlich lachte und rief:

»Glauben Sie ihm nicht, meine Damen, das ist ein bitterböser Mensch, der für sein Leben gern neckt. Herr Zawilowski ist noch ganz jung, ein wenig unbändig und hat Aehnlichkeit mit Wagner.«

»Aber er hat einen Bart wie ein Policinell,« bemerkte Polaniecki.

Frau Osnowski beachtete jedoch diesen Einwurf nicht, sondern bat Marynia, sie sobald wie möglich mit Zawilowski bekannt zu machen.

»Wir werden uns die größte Mühe geben, daß er sich wohl bei uns fühlt; es schadet auch gar nicht, wenn er ein wenig wild ist; der Adler im Käfig schlägt stets mit den Flügeln um sich, sobald sich ihm Menschen nähern. Er und Lineta werden sich ausgezeichnet verstehen.«

»Ich glaube, daß jeder außergewöhnliche Geist,« begann Frau Bronicz –

Doch sie konnte nicht zu Ende reden, da die Polanieckis sich verabschiedeten. Im Hausflur trafen sie mit dem wunderbaren Kopowski zusammen, dem der Diener den Staub von den Schuhen wischte, während er seinen wie aus Marmor gemeißelten, schwer begreifenden Kopf glatt bürstete. Als sie auf die Straße traten, sagte Polaniecki:

»Dieser da wird ihr auch bei ihren florentinischen Abenden von Nutzen sein.«

»Schade, daß man ihn in keine Nische stellen kann,« erwiderte Marynia. »Was für wunderbar schöne Frauen das übrigens sind, Stach!«

»Ich weiß nicht,« erwiderte Polaniecki, »Frau Osnowski mag ja sehr schön sein, allein ich stelle Frau Maszko über sie. Fräulein Castelli freilich, der muß man die Palme zuerkennen, wenn sie auch ein wenig zu groß ist. Hast Du bemerkt, wie alle fortwährend von ihr sprachen, während sie selbst kaum den Mund aufthut?«

»Sie gilt für intelligent,« antwortete Marynia, »aber vielleicht ist sie ein wenig schüchtern, wie Zawilowski. Jedenfalls muß ich diese Bekanntschaft vermitteln und zwar schon in den nächsten Tagen.«

Sie konnte jedoch ihren Plan nicht so rasch ausführen, wie sie gedacht hatte. Am Tage nach dem Besuche bei den Osnowskis glitt sie auf der Treppe aus und verletzte sich so stark das Knie, daß sie einige Tage das Bett hüten mußte. Polaniecki erschrak heftig, als er, aus dem Geschäfte kommend, von dem Unfall in Kenntnis gesetzt wurde, nachdem ihn aber der Arzt beruhigt hatte, ärgerte er sich über seine Frau und machte ihr kein Hehl daraus.

»Du solltest doch daran denken,« erklärte er ihr, »daß es sich jetzt nicht nur um Dich handelt.«

Da ihr Knie sie heftig schmerzte, kränkten sie seine Worte sehr und kamen ihr höchst rücksichtslos vor. Ihrer Ansicht nach sollte er sich vornehmlich um sie kümmern, besonders da seine andern Befürchtungen durchaus unbegründet waren. Bald jedoch wurde sie wieder versöhnlicher gestimmt; er erwies ihr die größte Aufmerksamkeit und blieb zwei Tage zu Hause, um sie zu pflegen. In den Vormittagsstunden las er ihr vor und nach dem zweiten Frühstück arbeitete er im Nebenzimmer, sodaß sie ihn jederzeit rufen konnte. Als sie ihm gerührt dafür dankte, küßte er sie und sagte:

»Mein Kind, das ist einfach meine Pflicht; Du siehst doch, daß selbst die Freunde und die Bekannten sich tagtäglich nach Dir erkundigen.«

Dies war auch tatsächlich der Fall. Zawilowski fragte im Büreau, wie sich die gnädige Frau befinde, Frau Bigiel kam des Nachmittags, und Herr Bigiel spielte jeden Abend der Patientin Klavier vor, um sie zu zerstreuen. Maszkos und Frau Bronicz gaben zweimal ihre Karten ab, Frau Osnowski aber drang fast mit Gewalt bei Marynia ein, blieb nahezu zwei Stunden bei ihr und redete, ihrer Gewohnheit gemäß von einem Thema zum andern übergehend, bald von Rom und den von ihr beabsichtigten Abenden, bald von Swirski, von ihrem Mann, von Lineta und von Zawilowski, von dem sie behauptete, er beschäftige sie dermaßen, daß sie nicht schlafen könne. Ehe sie sich verabschiedete, suchte sie Frau Polaniecki davon zu überzeugen, daß sie sich duzen müßten, und bat sie, ihr bei einer Verschwörung oder vielmehr bei einem Plane beizustehen, dessen Gelingen ihr unendlich am Herzen liege.

»Zawilowski kommt mir gar nicht mehr aus dem Sinn,« erklärte sie. »Denken Sie, Jozio fängt an, eifersüchtig zu werden. Der arme Jozio! Ich bin ganz sicher, daß er und Lineta für einander geschaffen sind, d. h. nicht Jozio und Lineta, sondern letztere und Zawilowski. Sie ist ebenso poetisch veranlagt, wie er. Lache mich nicht aus, Marynia, und halte mich nicht für unzurechnungsfähig; Du kennst Lineta nicht! Glaube mir, sie muß einen außergewöhnlichen Mann bekommen. So einen Kopowski würde sie um nichts in der Welt heiraten, obgleich Kopowski wie ein Cherubim aussieht. Einen solch idealschönen Menschen habe ich außer ihm noch nie in meinem Leben gesehen; vielleicht in Italien, da habe ich auf irgend einem Bilde einen so wunderbaren Kopf gesehen. Aber weißt Du, was Lineta von ihm sagt? ›C'est un imbécile‹. Wie reizend wäre es, wenn sie sich kennen und lieben lernten und sich schließlich heirateten. Ich meine natürlich Lineta und Zawilowski. Das wäre ein Paar! Wo sind die Männer, die für Lineta passen? Wie schön wäre es, wenn wir das erlebten! Ein junges Liebespaar, das ist das Schönste, was es auf der Welt giebt. Tante Bronicz ist sicherlich mit meinem Plane einverstanden, denn sie ringt jetzt schon die Hände bei dem Gedanken, wo sie einen Mann für Lineta finden kann. Hoffentlich habe ich Dich nicht zu sehr ermüdet; doch, ich sehe es, ich schwatzte Dir den Kopf zu voll. Aber es ist so angenehm, mit jemand über seine Pläne zu plaudern.«

Marynia fühlte sich in der That sehr angegriffen, als aber Polaniecki nach Hause kam, erzählte sie ihm lachend von den Plänen ihrer neuen Duzfreundin.

»Sie hat übrigens ein außerordentlich gutes Herz,« fügte sie hinzu, »und sie gefällt mir deshalb. Aber wie exaltiert sie ist, und was ihr nicht alles in den Sinn kommt!«

»Verrückt ist sie, nicht exaltiert,« warf Polaniecki ein, »und das ist ein großer Unterschied. Mit der Exaltation geht gewöhnlich die Herzensgüte Hand in Hand, eine gewisse Herzenshärte ist aber fast immer mit der Verrücktheit verbunden – der Kopf brennt und das Herz schläft.«

»Du hast Frau Osnowski nicht gern,« bemerkte Frau Marynia.

Dies war auch wirklich der Fall, allein Polaniecki erteilte keine Antwort, sondern schaute bewundernd seine Frau an, deren Schönheit ihm mit einem Male wieder von neuem auffiel. Ihr kleines Gesichtchen tauchte aus den dunkeln, dichten Wellen ihres Haares wie eine Blume hervor, ihre tiefblauen Augen hatten einen ganz besonderen Glanz, und durch die halb geöffneten Lippen blitzten die kleinen, weißen Zähne.

»Wie schön Du heute bist,« sagte Polaniecki mit seltsam gedämpfter Stimme, und sich mit einem plötzlich veränderten Gesichtsausdrucke über sie neigend, küßte er ihre Augen und ihren Mund.


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