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Wie wüst sie tobten und lachten auf der Piazza und um den bewimpelten Mast einen wahren Kirmesreigen aufführten! Nicht einer von ihnen – (dachte herankommend Cellini) –, nicht einer von diesen Hunderten wird wissen, wer ich bin ... Nein, wer ich war ... Denn bin ich noch ich? ...
Und eine teuflische Hoffnung beschlich ihn, die Vergeßlichkeit und den Undank der Menschen feststellen zu können – wenn er, wie ein Entsargter, unter sie treten würde, von niemand erkannt.
Aber noch ehe er das ausführen konnte, noch ehe er humpelnd die Piazza erreichte, wurde er dennoch erkannt.
Ihm entgegen kam ein hagerer Mann in schwarzer Hoftracht, mit gestepptem Wams, seidenen Strümpfen und spanischer Halskrause. Er war ein schwermütig dreinblickender, nicht mehr junger Mensch, wohl an die zwei Lustren jünger als der zweiundsechzigjährige Cellini. Indes während dieser, als Folge eines an ihm verübten Giftmordversuches, die aufrechte Haltung eingebüßt hatte und des Krückstabes bedurfte, schritt jener noch einigermaßen elastisch einher. Auch war er peinlich adrett in seiner äußeren Erscheinung. Gebückt freilich ging er gleichfalls, bedrückt von der Last einer geheimen Sorge. Tiefe Furchen hatte Leid in sein gelbsüchtiges Antlitz eingekerbt.
Er mochte wohl Zerstreuung beim Maibaum gesucht und nicht gefunden haben, daß er so mißvergnügt der Piazza den Rücken kehrte ... Als er in der Gasse an Cellini vorbeiging, blieb er plötzlich wie vom Donner gerührt stehn.
»Messer Benvenuto ...! Seid Ihr das?«
Ärgerlich funkelten ihn Cellinis Feueraugen an. Ein Gespenst soll man nicht anreden, schon gar nicht ein menschenfeindliches, das sich von der Gedankenlosigkeit der Welt eine diabolische Genugtuung erhofft. Was brach dieser Mensch in seine unantastbare Verlassenheit ein, wer gab ihm ein Recht dazu? ... Schon wollte Cellini ohne Antwort seinen Weg fortsetzen. Doch plötzlich wurden seine eben noch hochmütigen Züge weich. Freundlich ergriff er die ihm hingestreckte Hand und schüttelte sie.
»Agostino Selmi! ... Ihr, wahrhaftig! ... Wie mich das freut! – nach so langer Zeit! ... Laßt sehn, wie schaut Ihr aus? – abgemagert seid Ihr und fröhlich blickt Ihr nicht drein ... Ja, ja, jeder trägt sein Kreuz, und die bleiernen sind nicht leichter als die goldenen ... Was fragtet Ihr doch gleich? – ob ich das wirklich sei? Ich weiß es nicht, ob ich noch ich bin. Bei Gott, ich weiß es nicht ... Aber eins weiß ich: Cosmo ist noch Cosmo und wird Don Pietro hinrichten lassen; – er wird das Bluturteil unterschreiben, ohne mit der Wimper zu zucken.«
»Wenn es Gott nicht verhütet. Doch das wäre dann ebenso entsetzlich ...«
»Was wollt Ihr damit sagen? Daß ewiger Kerker ebenso schrecklich wäre wie – – –«
»Nein, nein, so meinte ich es nicht.«
»Also meint Ihr, daß Don Pietro dennoch schuldig ist?«
»Das denke ich ganz gewiß nicht. Und wenn La Delfina lebte, würde sie ihn nicht anklagen. Doch das eben ist es, daß eine Tote anklagt, die verflucht ist, ewig zu schweigen ... Es ist der grausamste Fluch, zum Schweigen verurteilt zu sein, Messer Benvenuto! ... Ach, Ihr könnt mir glauben: das alles ist weit dunkler noch und unentwirrbarer, als die Menschen ahnen ... Cosmo haßt Don Pietro, das erschwert es so ... Und die Florentiner hassen Don Pietro, weil er die kleine Martelli auf dem schneebedeckten Dache tanzen ließ, und fordern seinen Kopf. Und da der Prozeß schon so lange dauert, wirft das Volk dem Duca Ungerechtigkeit vor: er wolle seinen Sohn retten ...«
»Sagt mir eins, Messer Agostino. Wer hält die schützende Hand über Don Pietro?«
»Wenn es Gott nicht tut, weiß ich niemand.«
»Doch, doch, der Prinz muß mächtige Freunde haben. Die haben den Hauptbelastungszeugen verschwinden lassen.«
»Wen meint Ihr, Messer Benvenuto?«
»Einen gewissen Guerzolo, den Pagen der Dichterin. Er hat vor der Untersuchungskommission ausgesagt, daß er Don Pietro ins Haus La Delfinas hineingehn sah – genau zur fraglichen Stunde. Doch seit das im Protokoll aufgezeichnet wurde, ist der Guerzolo in Florenz nicht mehr gesehn worden. Man hat ihn beseitigt – über die Grenze geschafft oder anders ...«
»Möglich und auch nicht, Messer Benvenuto! Der Page kann bestochen worden sein, so auszusagen, und kann bestochen worden sein, sich aus dem Staub zu machen. Beides ist gleich schlimm für Don Pietro ... Ach, da sind noch ganz andere Dinge, unterirdische und überirdische, die hineinspielen und die Schale senken. Geradezu als ob lauter Dämonen sich verschworen hätten, den Knäuel zu verwirren ... Das furchtbarste wird die Entwirrung sein ... Nein, fragt nicht. Ich bin des Duca Diener, und meine Pflicht ist, zu schweigen wie die Tote, wenn es mir auch das Herz abfrißt.«
»Mit andern Worten: Cosmo wird ihn köpfen lassen! Ein Vater den eignen Sohn! ... Ich möchte mit Cosmo nicht tauschen – für alles Gold Perus nicht! ... Mich schaudert, wenn ich an das Knäbchen von einst denke, – entsinnt Ihr Euch noch, wie er mir die Vase zerschmiß, der kleine Pietro? – Ihr habt ihn ja geliebt wie ich ... Hört, seit langem habe ich mich danach gesehnt, mit einem Menschen – so einem wie Ihr einer seid – reden zu können. Doch hier vernimmt man ja sein eigenes Wort nicht. Kommt mit mir, Messer Agostino, – wenn Euch der Stall, worin ich hause, nicht zu dreckig ist ... Der Marsala wenigstens, den ich Euch einschenken will, wird sauber sein; – und ob die Flasche spinnwebgrau und verstaubt ist wie der alte Benvenuto Cellini, – kommt es darauf an?«
Eng war die Kammer Cellinis, so eng, daß er auf seinem Bett sitzen mußte, um den einzigen Stuhl dem Gast zu überlassen. Dürftig sah es rings aus, verwahrlost, – und dennoch flutete ein unbestimmbares Etwas im Raum, gab ihm Weihe und bezeugte, daß kein alltäglicher Geist hier hause. Mehr schwarz als weiß, obgleich aus Gips, saß ein kleiner Gott in einer Ecke: das Modell war's eines Kronos, des Gottes der Zeit, mit Sense und Sanduhr. Von der Wand herab grinste eine Faunmaske. Und auf Wandborten standen Wachsfigurinen, Skizzen, Entwürfe – so der zum nie ausgeführten Neptunbrunnen – und andere wächserne Schmerzenskinder einer lahmgelegten Phantasie. Fingerdick lagerte Staub auf den kleinen Köpfen, Schultern, Armen, Nacken und Füßen; es war ersichtlich, daß keine sorgende Frauenhand die Spuren der Zeit und ihrer rastlos sickernden Sanduhr verwischte ...
»Ja, ja, ich wohne in meinem eignen Sarge, Messer Agostino, – zwei Schuhe weit und drei Hand breit. Ich war mein eigner Totengräber. Viel enger und niedriger kann ein Sarg nicht sein!« sagte Cellini, die Gläser einfüllend, zu seinem Gast.
Agostino Selmi war einst Priester in der Romagna gewesen. Bei einer Fehde der Colonna gegen die Orsini hatte ein Colonnascher Räubertrupp seine Diözese in eine Wüste verwandelt. Er schwor Rache, legte die Soutane ab, kämpfte auf seiten der Orsini – (Räuber, die den gegnerischen Schnapphähnen nicht nachstanden) –, zeichnete sich aus, verdiente sich als Buschreiter die Sporen. Später verschlug das Geschick den priesterlichen Capitano nach Toscana und an den Medicäerhof, wo er Aufseher der Pagen wurde und sie in der Handhabung des Floretts, des Dolches und der Armbrust zu unterrichten hatte. In seinem Beisein geschah es, daß der junge Page Malatesta Malatesti – (der heimliche Gatte der Tochter Cosmos, Prinzessin Maria de'Medici) – beim Zielschießen mit der Armbrust einen anderen Pagen versehentlich erschoß. Während der unglückliche Malatesta Malatesti, zu lebenslänglicher Kerkerhaft verurteilt, eines bloßen Unglücksfalls wegen das ärgere Vergehen büßte, ein Fürstenkind geküßt zu haben, entzog Cosmo Agostino Selmi seine Gunst nicht und erteilte ihm bloß den Verweis, allzu weichherzig habe er die Bluttat Malatestas beschönigen und die Schuld auf sich nehmen wollen ... Das war vor fünf Jahren geschehn. Kurze Frist hernach hatten die Pagen einen andern Aufseher erhalten; der einstige Priester und Räuberhauptmann aber war mit dem ehrenvollen Amt betraut worden, den heranwachsenden drei Söhnen des Duca, den Prinzen Don Francesco, Don Pietro und Don Gracia, im Florettfechten und anderen Waffenkünsten ein Lehrer zu sein.
Aufregend, bezaubernd und unheimlich war es gewesen, die drei schönen Kinder im Töten zu unterrichten ...
Einem seiner gipsernen Götter, der ein entthronter Gott war wie er, dem aus dem Olymp verjagten Kronos, glich Cellini mit seinem silbernen, bis zum Nabel herabwallenden Bart, seiner langen geraden Nase, seinen kohlschwarzen, Blitze schleudernden Augen. Selmi dagegen war blauäugig und bartlos; – sein Asketenkopf erinnerte an Donatellos Niccolò da Uzzano (wenn er nicht an einen Sklaven der römischen Kaiserzeit erinnerte). Er hüllte sich in ein lugubres Schweigen und hielt den Zeigefinger an den Mund, wie um sich zu vergewissern, daß das Schloß an seinen Lippen noch verschlossen sei. Viele Fragen überhörte er absichtlich und blickte, statt Antwort zu geben, mit zerquälten Augen den Fragenden an. Eingefriedet hatte er gewisse Heimlichkeiten und erlaubte nicht, durch die Zaunpfähle zu spähen. Um so bereitwilliger erteilte er über mancherlei, was außerhalb dieser Schranke war, Auskunft, wurde sogar redselig.
Zu Beginn der Unterhaltung sah sich Cellini genötigt, Monologe zu halten, wollte er nicht wie ein stummer Fisch seinem Gaste gegenübersitzen.
»Pitti betrete ich nur noch in bösen Träumen. Und die Hofgesellschaft erwidert meine Besuche auf ebenso ätherische Weise. Wie soll also unsereins hinter die Schleier blicken? Doch ein Juwelierladen ist zum Glück ein Magnet für Schwätzer, wenn auch nicht für Käufer; – so erfährt man denn hin und wieder einiges, mag es wahr oder erlogen sein ... Also Cosmo hat ein geheimes Tribunal ernannt, eine besondere Kommission für den Prozeß? – Und das sei, wurde mir gesagt, das einzige, was er für das Wohl seines Sohnes getan? – Ist es so?«
Nach einer Pause ließ Cellini die Faust auf den Tisch fallen, daß die Gläser tanzten.
Selmi zuckte zusammen, behielt aber den Finger am Mund. Vielleicht bereute er bereits, daß er auf der Gasse zu viel gesagt hatte ...
»Ihr schweigt, Messer Agostino? Dann wird es wohl so sein. Wir werden von Jahr zu Jahr andere, doch er ist nie ein anderer geworden ... Und Hoftrauer wurde für den Prinzen nicht angesagt? Der Duchessa, die anfing, in Trauertracht zu gehn, wurde es verboten? Stimmt das, Messer Agostino? Ja oder nein? ... Nun, es wird ja wohl stimmen. – Und auch das hörte ich, daß der arme Prinz von niemand im Gefängnis besucht werden darf – nicht einmal von seiner Mutter und seinen Brüdern; auch daß bei Hofe über ihn nicht gesprochen werden darf. Ist das richtig oder falsch?«
»Ich wünschte, es wäre falsch, Messer Benvenuto! ... Ach, über den Ärmsten nicht sprechen zu dürfen, ist grausam schwer; – nicht nur für mich!«
»Nicht nur für Euch – das weiß ich. Ihr werdet Euch wundern, woher ich das weiß ... Ja, Euch wundern werdet Ihr, wenn ich Euch sage, wer mich besucht hat und nicht etwa als Traumgestalt. O nein. Er war Fleisch und Bein.«
»Wer? Doch nicht der Duca?«
»Gebt Euch keine Mühe, es zu raten – Ihr könntet es nie und nimmer ... Don Gracia war bei mir.«
»Wann?«
»Es kann drei Wochen her sein ... Glaubt Ihr mir's: – die heißen Tränen rannen mir über die Backen, wie ich ihn so erwachsen vor mir stehn sah! Mein Gott, ich habe ihn gekannt, als er fünf Jahre alt war. Er und seine Geschwister stachen mich mit Stecknadeln, wenn ich in Pitti bei der Arbeit saß. Keinen Deut taten mir die Stiche weh, – so vernarrt war ich in die Kinder; und am meisten in Don Gracia! Und wie hing das Rotznäschen an mir! Ich kann's beschwören, daß Cosmo mehr als einmal eifersüchtig wurde, weil das Knäbchen sich lieber von mir Huckepack tragen lassen wollte als von ihm.«
»Hat Don Gracia Euch sonst besucht?«
»Seit vielen Jahren nicht mehr ... wohl seit dem Krieg mit Siena ... Er ist mir entwachsen – bald wird er ja ganz erwachsen sein ... Ein Prinz kann nicht immer ein Rotznäschen bleiben. Wer wird ihm das verübeln? Wir Alten werden ja auch andere ... Damals, als er mich mit Stecknadeln stach, war er so engelsanft und mädchenhaft, daß ich hätte wetten können, Gott habe ihn zum Kardinal ausersehn – weit eher ihn als seinen liebenswürdigen doch eigensinnigen Bruder Giovanni ...«
»Und was sagte er, als er zu Euch kam?«
»Er kaufte mir einen Ring ab. Ich merkte wohl, daß das ein Vorwand war. Ganz unvermittelt fragte er mich, ob ich Don Pietro einer solchen Scheußlichkeit für fähig hielte. Pietro sei gewiß ein toller Bursche, aber es sei doch unvorstellbar, daß er eine bluttrinkende Bestie sei, eine Hyäne ... Was ich davon dächte?«
»Hat Gracia das gesagt? ... Und was erwidertet Ihr?«
»Daß der Verdacht mir wahnsinnig vorkomme. Ich bin nicht gut auf die Medici zu sprechen; – aber das steht für mich fest: ein Medici, selbst ein verlotterter Medici, tut solches nicht. Zugegeben, daß uns Florentinern die Dolche locker in den Scheiden sitzen; ich selbst, Gott vergebe es mir, habe Blut vergossen und Dolche gezückt; – doch immer nur, um damit Ehre einzulegen, meine Ehre zu verteidigen, nicht um meine Ehre in den Schmutz zu ziehen ... Zugegeben ferner, daß Don Pietro in eine lose Gesellschaft geriet und wüster als andere sich die Hörner abstieß. Doch wenn ihm auch allerlei Exzesse, Liederlichkeiten und schlimme Raufhändel zuzutrauen seien – so doch niemals die feige Hinschlachtung einer wehrlosen Frau, der er wie einem Osterlamm die Kehle durchschnitten haben soll.«
»Der Mörder, wer er auch sei, ist bedauernswerter als sein Opfer, Messer Benvenuto.«
»In Euch, lieber Freund, steckt noch immer der Pfarrer von einst, – Ihr seid ein frommer Mann, darum denkt Ihr so. Das brächte ich nicht fertig, solch ein Untier zu bedauern! Ihr hättet hören sollen, wie Gracia davon sprach, mit welcher Abgefeimtheit und Roheit die Tat ausgeführt wurde. Und wie erträgt, ohne sich dem Gericht zu stellen, solch ein Schuft die Gewissenslast, daß ein unschuldiger Prinz an seiner Statt leidet! Und wie unsäglich leiden die Angehörigen des Prinzen! Wie nimmt Gracia sich das alles zu Herzen! Dort auf dem Stuhl hat er gesessen und geschluchzt über das Los seines Bruders ... Ja, das war zum Erbarmen!«
»Hat er viel geweint?«
»Zwischendurch lachte er dann wieder knabenhaft. Er ist ja noch ein halbes Kind ... Es schien ihm eine Erleichterung zu sein, daß ich nicht schlecht von Pietro denke. Er war wohl auch froh, mit mir reden zu können, – über das, was bei Hofe zu reden verboten ist ... Unter Mordverdacht, sagte er, stehe, außer seinem Bruder, auch noch ein gewisser Giuliano, ein Cypriote; und wenn einer der zwei Verdächtigen überführt würde, so würde es für den andern die Rettung sein. Doch meinte Gracia, der Giuliano sei ebenso unschuldig wie Don Pietro und werde aus keinem andern Grunde noch in Haft behalten, als weil eine Donna Semiramide Albizzi ihn belaste. Erstaunt fragte ich ihn, wie er das alles in Erfahrung gebracht habe, da doch im Palazzo Pitti von diesen Dingen zu sprechen nicht erlaubt sei. Er entgegnete: in den ersten Tagen nach seines Bruders Verhaftung sei das Schweigegebot noch nicht erlassen gewesen ... Vielleicht hatte er meine Frage als ein Zeichen von Mißtrauen aufgefaßt und war gekränkt, denn er brach wieder in Tränen aus. Doch plötzlich bemerkte er die groteske Faunsmaske da; er nahm sie von der Wand und bemühte sich, ebensolche Grimassen zu schneiden. So halb weinend und halb lachend klagte er: die Lage sei besonders deshalb so verzweifelt, weil Pietro sich weigere, die Fragen des geheimen Tribunals zu beantworten und nichts zu seiner Verteidigung vorbringe. Und furchtbar sei es, daß sein Vater auf dem Standpunkt stehe: der einst von ihm verstoßene Sohn sei sein Sohn nicht mehr, existiere nicht für ihn. Der alte Groll habe Cosmos Herz so verhärtet, daß er dem Tribunal freie Hand läßt und sich um den Prozeß überhaupt nicht kümmert.«
»Das alles, Messer Benvenuto, ist richtig – bis auf die letzten Worte. Denn nur scheinbar kümmert sich Cosmo nicht um den Prozeß. Daß nun schon seit Monaten die Untersuchung nicht recht vom Fleck kommt, liegt zum Teil daran, daß wichtige Zeugen außerhalb des Landes weilen. Die Freunde Don Pietros – Messer Carlo Panciatichi, Messer Santi di Piero di Vettino und Messer Noffo Carnesecchi delle Ruote – flohn nach der Romagna und können nicht herbeigeschafft werden. Diplomatische Schritte beim Römischen Stuhl sind eingeleitet, und Seine Heiligkeit hat zugesagt, die drei kommissarisch vernehmen zu lassen – vorausgesetzt, daß man ihren Aufenthaltsort ausfindig macht. In Briefen beteuern sie Don Pietros Unschuld; – doch was beweist das? Die Briefe könnten gefälscht sein, und wenn sie aus Orvieto oder Rom abgesandt wurden, so besagt das nicht, daß sich die Schreiber dort aufhalten ... Das ist der eine Grund, warum der Prozeß so langsam voranschreitet.«
»Und der andere Grund, Messer Agostino?«