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Nur der jüngste der Mediciprinzen, der in Rom lebende Kardinal Don Ernando, hielt zum Vater und überwarf sich deshalb mit seinen Geschwistern. Überaus beliebt bei der Kurie und – (wie sein ermordeter Bruder Giovanni) – vorherbestimmt, dereinst Papst – der vierte Medicipapst – zu werden, geschmeidig, ein Diplomat mit sehenden Augen, schmiedete er am Plan, seinen Vater für die verscherzte Krone von Florenz mit der Königskrone von Etrurien zu entschädigen. Cosmo war hiervon unterrichtet, ja, er selbst hatte den Plan angeregt, als ihm die Einsicht aufzudämmern begann, daß er voreilig das Szepter weggegeben hatte. Die Verhandlungen des Kardinals mußten heimlich geführt werden, da zu befürchten stand, der Kaiser könnte seines Schwiegersohnes, des jungen Duca, wegen ein Veto einlegen. Der Madrider Hof und der Heilige Stuhl hatten ihre Einwilligung in Aussicht gestellt.

Aber was im Escorial getuschelt wurde, konnte in der Hofburg nicht ungehört bleiben. Aus Wien wurde Francesco de'Medici gewarnt: sein Vater habe vor, sich zum König krönen zu lassen ... Wenn das zustande kam, so glitt der junge Duca von Florenz in den Schatten der Bedeutungslosigkeit zurück; er würde überschattet sein von einem Größern, würde zwergenhaft zusammenschrumpfen zum kleinen Vasallen des hochberühmten Königs von Tuscien ...

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Schon seit etlichen Jahren loderte die Kriegsfackel – oder eigentlich glomm sie nur. Zu Kriegsgetümmel war es nie gekommen –: bei den bisherigen Scharmützeln ging es human zu, sie waren auf ein paar schroffe Briefe beschränkt gewesen. Da die Cherubim (in betreßter Livree) und das Schwert mit den wechselnden Blitzen den Zutritt zum Garten Eden verboten, hatte sich keine Gelegenheit gefunden, auf Cosmo und seine Krähe Stechpfeile abzuschnellen. Doch die Politik des Abwartens mußte aufgegeben werden, nachdem die Warnung aus Wien Francesco beunruhigte. Schnell zu handeln tat jetzt not.

Der junge Duca und seine Geschwister hielten einen Kriegsrat ab, erwogen – (bildlich ausgedrückt) – den Bau eines hölzernen Pferdes und legten ihre Marschroute fest. Jedem der verschworenen Kinder wurde eine Aufgabe zuerteilt. Don Pietro erhielt den Auftrag (und damit sollte die Einkreisung der Villa beginnen): den hin und wieder – wenn auch selten – als Gast dort gelittenen Gecken und Kleidernarren Luigi Maso degli Albizzi zu Saufereien heranzuziehen und auszuhorchen.

Schon nach wenigen Tagen konnte Don Pietro seinen Geschwistern die Mitteilung machen, Messer Luigi habe ihm anvertraut, daß es in Cosmos Garten Eden durchaus nicht immer friedlich zugehe. Semiramide und Cosmos Oberhaushofmeister Sforza Almeni stünden sich wie Hund und Katze, da Almeni an den Kindereien Semiramides Anstoß nehme, die keine Grenze für ihre Ausgelassenheit kenne und ihre Späße so weit treibe, daß sie mit gespreizten fünf Fingern Cosmo ins Haar fahre, ihn lachend am spärlichen Schopf zause und kürzlich sogar den Stuhl, auf den Cosmo sich eben niedersetzen wollte, weggerissen habe, in ein wieherndes Gelächter ausbrechend, als er unsanft auf sein fürstliches Sitzfleisch fiel.

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Mochten diese Mitteilungen wichtig sein, so war noch wichtiger ein nicht vorhergesehener Erfolg der Zechgelage Don Pietros. Seine Freundschaft mit Albizzi erboste Messer Carlo degli Panciátichi, weil der ältere Rechte an Pietros Zechgenossenschaft zu haben meinte. Er fühlte sich durch Albizzi aus dem Herzen Pietros verdrängt, – lag ihm auch sonst bitterwenig am Herzen Pietros, den er als den Verführer seiner jungen Schwester heimlich haßte, um so mehr haßte, als ihm verwehrt war, den Frevel an dem Mediciprinzen mit Blut zu sühnen. Auf andere Mittel, seiner Rachlust zu frönen, war er angewiesen: wenn auch nicht an Don Pietro, so doch an Pietros neuem Freunde Albizzi und an dessen Tochter Semiramide stand ihm frei, Vergeltung zu üben. Seine Geliebte war einst Semiramide gewesen und sie hatte ihn verraten an jenem Maifesttage, als sein blühender Akazienzweig an ihrem Fenster hing und Cosmo in der Tracht eines Guten Mannes von San Martino sich in die Halbwüchsige zu verlieben begann. Schändlich treulos hatte sie Carlos Schlupfwinkel beim Fruchthändler in der Via Borgo degli Albizzi verraten, und nur durch einen Zufall war er den im Fruchtladen stöbernden Sbirren entkommen.

Eine Audienz erwirkte sich Carlo beim jungen Duca. Er brüstete sich damit, der einstige Liebhaber der Krähe Cosmos gewesen zu sein. Ihrer Dünkelhaftigkeit und ihres Verrats wegen verdiene sie nicht, von ihm geschont zu werden. Ihm sei bekannt, daß Semiramide in einer Truhe das Manuskript einer von ihr verfaßten Malatesta-Novelle verwahre; – zum Verhängnis für sie werde das Manuskript werden, sobald es Cosmo zu Gesicht bekäme: denn die Novelle sei ein schonungsloses, verunglimpfendes Lügenmärchen von der Verführung der verstorbenen ältesten Tochter Cosmos durch den Pagen Malatesta Malatesti ...

Mit der Verleihung des Sankt-Stefans-Ordens an Carlo belohnte Francesco die Mitteilung. Dann rief er seine Geschwister zu neuem Kriegsrat zusammen. Jetzt galt es, die Truhe zu öffnen und der Novelle habhaft zu werden. Das konnte nicht ohne Hilfe von Sforza Almeni geschehn. Donna Isabella nahm es auf sich, Sforza gefügig zu machen.


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