Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Das Abhängen des Fleisches
Wenn Fleisch gut zubereitet sein soll, so darf man es nicht zu bald nach dem Schlachten verwenden, sondern man muß es erst einige Zeit hängen lassen. Rindfleisch und Hammelfleisch läßt man im Sommer einige Tage im Beutel an einem kühlen, luftigen Orte hängen. Steht einem ein solcher Ort nicht zur Verfügung, so ist es besser, man läßt das Fleisch bis zum Gebrauch beim Schlächter, der es im Eiskeller aufbewahren kann. Im Winter kann es bis zu 8 Tagen hängen. Kalbfleisch darf im Winter 3-4, im Sommer aber selbst bei kühler Witterung höchstens 2 Tage alt werden. Wild läßt man am besten in der Haut hängen, da es dann nicht austrocknet. Zu Suppen, Füllungen und Klößen hat frisches Fleisch den Vorzug.
Das Waschen des Fleisches
Man darf frisches Fleisch nur so viel waschen, als es die Reinlichkeit erfordert; es darf aber nicht im Wasser liegen, weil dadurch zu viel Kraft verloren geht. Wildfleisch wäscht man womöglich gar nicht, sondern reibt es nur mit einem feuchten Tuche ab. Kalbfleisch und Geflügel übergießt man mit kochendem Wasser, wodurch sie eine weißere Farbe bekommen. Diesen Vorgang nennt man Blanchieren. Jedenfalls kann man zartes Fleisch auf dieselbe Weise behandeln, wenn man es spicken will, denn dadurch erhalten die Fleischfasern an der Oberfläche eine festere Konsistenz und zerreißen dann nicht so leicht beim Spicken.
Das Klopfen des Fleisches
Um das Fleisch mürbe zu machen, klopft man es, denn dadurch werden die Fleischfasern in ihrem Zusammenhange gelockert und das Fleisch wird dann viel leichter weich. Bei Roastbeef, Rindsbraten, Beefsteaks und Hammelbraten ist es durchaus erforderlich, wenn diese Gerichte wirklich mürbe und weich werden sollen. Zu diesem Zwecke trocknet man das Fleisch mit einem Tuche ab oder schlägt es in ein reines, weißes Tuch und klopft es dann mit einem Klopfholz von allen Seiten recht derbe, bis es sich etwas weich anfühlt, doch darf das Stück nicht unvernünftig lange geklopft werden. Kalbfleisch darf nicht geklopft werden.
Das Ansetzen von Kochfleisch
Wenn man das Fleisch zum Kochen aufsetzt, so muß man dabei sogleich ins Auge fassen, ob es darauf ankommt, nur gute Bouillon zu erzielen, ob man gänzlich darauf verzichtet, oder ob man Bouillon sowohl wie Fleisch verwenden will. – Wünscht man vor allen Dingen eine kräftig schmeckende Bouillon, so schneidet man das Fleisch in kleine Stücke und setzt es mit kaltem Wasser an. Will man in erster Linie ein gutes Stück Kochfleisch haben, so setzt man es mit kochendem Wasser an. Will man aber Bouillon kochen und noch ein leidlich gutes Stück Fleisch behalten, so zerschneidet man dasselbe nicht, setzt es jedoch mit kaltem Wasser an.
Geräuchertes sowohl, als gesalzenes Fleisch setzt man stets mit kaltem Wasser auf. Zum frischen Fleisch gibt man sogleich das nötige Salz und läßt es, wenn es mit kaltem Wasser zum Feuer gesetzt wird, möglichst rasch zum Kochen kommen.
Das Garsein des Fleisches
Das Garsein des Fleisches erkennt man bei kleineren Stücken daran, daß es sich mit dem Finger eindrücken läßt, bei größeren Stücken überzeugt man sich vom Garsein, indem man mit einer Spicknadel hineinsticht. Der herausfließende Fleischsaft darf keine blutige Farbe mehr haben; doch wiederhole man das Hineinstechen nicht allzuoft, weil dem Fleisch dadurch zu viel Saft verloren geht und es dann trocken wird. Die Zeit, welche das Fleisch erfordert, um gar zu werden, ist eine äußert verschiedene und läßt sich mit Bestimmtheit gar nicht angeben, denn das Garwerden ist abhängig einesteils von der Größe des Stückes, andernteils von dem Alter des Tieres, ferner auch vom Mürbesein des Fleisches.
Die folgende Liste gibt die mittlere Zeit an, welche ein Gericht braucht, um gar zu werden; rechnet man nun die nötige Vorbereitungszeit dazu, so ist es nicht allzu schwer, sich so einzurichten, daß das Essen rechtzeitig auf dem Tische steht.
Man rechnet zum Garwerden für:
In der Pfanne oder auf dem Rost Gebratenes | 10 – 15 Minuten |
Hasen- oder Rehbraten | 1 – 1½ Stunden |
Junge Taube | ½ – ¾ Stunden |
Junge Gans | 1½ – 2 Stunden |
Kalbfleisch | 1½ – 2 Stunden |
Hammelfleisch | 2 – 3 Stunden |
Hirschkeule | 2½ – 3 Stunden |
Rindfleisch oder Schweinefleisch | 3 Stunden |
Pökelfleisch | 3½ Stunden |
Alte Gans oder Ente | 3 – 4 Stunden |
Geräuchertes Fleisch | 4 Stunden |
Das Spicken
Das Spicken macht sowohl Schlachtfleisch, als auch Wild und Geflügel saftiger und wohlschmeckender und wird daher beim Braten häufig angewandt. Am besten nimmt man hierzu Lustspeck, schneidet ihn in feine Streifen von etwa einer halben Fingerlänge und zieht diese mit Hilfe der Spicknadel durch das Fleisch, so daß die Speckfäden oben und unten gleich lang herausstehen. Je zarter das Fleisch, desto feiner schneidet man den Speck, desto dünner muß auch die Spicknadel sein.
Das Braten im Ofen
Hier muß man vor allen Dingen darauf bedacht sein, daß man das Feuer nach Bedarf reguliert. Der Braten darf erst in den Ofen geschoben werden, wenn dieser heiß ist. Während der ersten Hälfte der Bratzeit erhält man das Feuer auf gleicher Hohe und läßt dann erst nach mit dem Feuern. Hat der Ofen von unten zu viel Hitze, so daß man ein Anbrennen des Bratens befürchtet, so legt man ein paar Ziegelsteine unter die Pfanne, stellt wohl auch einen niedrigen Dreifuß darunter oder bedient sich eines Bratofenrostes auf Rollen. Der Braten darf in einer Pfanne gewöhnlich nicht umgedreht werden, sondern muß stets so hineingelegt werden, daß die gute Seite gleich nach oben kommt. Fürchtet man, daß der Braten oben zu stark bräunt, so legt man ein weißes, mit Butter bestrichenes Blatt Papier obenauf.
Das Begießen des Bratens
Während des Bratens muß das fleißig begossen werden. Der Bratensaft, auch Jus genannt, der sich an den Rändern und auf dem Boden der Pfanne als bräunlicher Satz ansetzt, muß wiederholt mit dem Löffel abgeschabt werden. Man läßt den Satz in der Brühe, in dieser zerkocht er und gibt ihr die braune Farbe.
Das Braten auf dem Rost
Das Braten auf dem Rost geschieht über offenem hellen Kohlenfeuer oder über der Gasflamme, indem man einen Bratrost, deren es verschiedene gibt, über das Feuer stellt und die mit Butter oder Öl bestrichenen Bratstücke darauf legt.
Das Braten in der Pfanne
Koteletts, Beefsteaks und dergleichen werden, sofern man sie nicht auf dem Rost bratet, in runden, flachen Pfannen, wie Eierkuchenpfannen gebraten. Man bratet am besten auf hellem Feuer in reichlich Fett, wendet das Fleisch um, sobald die eine Seite angebraten ist, und befüllt dann fleißig mit dem kochenden Fett.
Schmorbraten
Schmorbraten bereitet man in Töpfen, die breit und flach und mit festschließendem Deckel versehen sind. Man setzt Schmorbraten mit Butter oder Speck auf, bräunt ihn ringsum und gießt immer nur eine Kleinigkeit Wasser dazu, wobei man ebenfalls den braunen Satz von den Seiten und vom Boden des Topfes abschabt. Die fehlende Oberhitze, die man im Bratofen hat, kann man zum Schluß, wenn man das Fleisch auf der Oberseite noch besonders zu bräunen wünscht, dadurch ersetzen, daß man den Topf mit einem Eisenblech verdeckt, auf das man glühende Kohlen legt. Zum Schmoren, Dämpfen oder Dünsten des Fleisches eignet sich vorzüglich der Kunzesche Schnell- oder Saftbrater.