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35.
Die erste Warnung

Der Überfall Hitlers auf Rußland hatte Quangels Zorn auf diesen Tyrannen neue Nahrung verliehen. Dieses Mal hatte Quangel das Werden eines solchen Überfalls in allen Einzelheiten verfolgt. Nichts war ihm überraschend gekommen, von den ersten Truppenansammlungen an »unsern Grenzen« bis zu dem Einmarsch. Er hatte von vornherein gewußt, daß sie logen, diese Hitler, Goebbels, Fritzsche, jedes Wort war erstunken und erlogen. Niemanden konnten sie in Frieden lassen, und in zorniger Entrüstung hatte er auf eine der Karten geschrieben: »Was haben denn die russischen Soldaten getan, als Hitler sie überfiel? Karten haben sie gespielt, keiner hat in Rußland an Krieg gedacht!«

Wenn er jetzt in der Werkstatt an eine Gruppe Schwatzender herantrat, so wünschte er manchmal, wenn sie von Politik sprachen, sie möchten nicht so schnell auseinandergehen. Er hörte jetzt gerne, was andere über den Krieg sagten.

Aber sie versanken sofort in mürrisches Schweigen, es war sehr gefährlich geworden, zu schwatzen. Der vergleichsweise harmlose Tischler Dollfuß war längst abgelöst worden; wer sein Nachfolger war, konnte Quangel nur mutmaßen. Elf seiner Leute, darunter zwei Männer, die schon über zwanzig Jahre in der Möbelfabrik gearbeitet hatten, waren spurlos verschwunden, mitten aus der Arbeit heraus, oder sie kamen eines Morgens nicht mehr. Nie wurde gesagt, wo sie geblieben waren, und das war ein Beweis mehr dafür, daß sie irgendwann einmal ein Wort zuviel gesprochen hatten und darum ins KZ gewandert waren.

Statt dieser elf Mann waren neue Gesichter aufgetaucht, und oft fragte sich der alte Werkmeister, ob nicht alle diese elf Spitzel waren, ob nicht überhaupt die eine Hälfte der Belegschaft die andere belauerte und umgekehrt. Die Luft stank nach Verrat. Keiner konnte dem andern noch trauen, und in dieser schrecklichen Atmosphäre schienen die Leute immer mehr gegen alles abzustumpfen, wurden nur noch zu Teilen der Maschinen, die sie bedienten.

Aber manchmal flammte aus dieser Dumpfheit ein schrecklicher Zorn hoch, so wie damals, als ein Arbeiter den Arm gegen die Säge gepreßt und dabei geschrien hatte: »Verrecken soll der Hitler! Und er wird verrecken! So wahr ich mir meinen Arm absäge!«

Sie hatten diesen Wahnsinnigen nur schwer aus der Maschine reißen können, und natürlich hatten sie nie wieder etwas von ihm gehört. Wahrscheinlich war er längst tot, hoffentlich war er das! Ja, man mußte verflucht vorsichtig sein, nicht jeder stand so unbeargwohnt da wie dieses alte, stumpf gewordene Arbeitstier Otto Quangel, den nur noch zu interessieren schien, ob sie auch ihr Tagesquantum Särge schafften. Ja, Särge! Von den Bombenkisten waren sie zu Särgen hinabgesunken, elenden Dingern aus billigstem, dünnstem Ausschußholz, braunschwarz angeschmiert. Sie stellten Tausende und Zehntausende von diesen Särgen her, Güterzüge, einen Bahnhof voll von Güterzügen, viele Bahnhöfe voll!

Quangel, seinen Kopf achtsam nach jeder Maschine gereckt, dachte oft an all die vielen Leben, die in diesen Särgen zu Grabe getragen werden würden, hingemordetes Leben, nutzlos hingemordetes Leben, sei es nun, daß diese Särge für die Opfer der Bombenangriffe bestimmt waren, also hauptsächlich für alte Leute, für Mütter und Kinder ... oder daß diese Särge in die KZs wanderten, jede Woche ein paar tausend Stück, für Männer, die ihre Überzeugung nicht hatten verbergen können oder sie nicht verbergen wollten, jede Woche ein paar tausend Särge in ein einziges KZ. Oder vielleicht traten diese Güterzüge mit Särgen wirklich den weiten Weg an die Fronten an – obwohl Otto Quangel das eigentlich nicht glauben wollte, denn was kümmerten die sich um tote Soldaten! Ein toter Soldat war ihnen nicht mehr wert als ein toter Maulwurf.

Das kalte Vogelauge blinkt im elektrischen Licht hart und böse, ruckweise bewegt sich der Kopf, der schmallippige Mund ist fest zusammengepreßt. Von dem Aufruhr, dem Abscheu, die in dieses Mannes Brust leben, ahnt niemand etwas, aber er weiß, er hat noch viel zu tun, er weiß, daß er zu einer großen Aufgabe berufen ist, und er schreibt nun nicht mehr nur am Sonntag. Er schreibt auch wochentags vor dem Arbeitsbeginn. Seit dem Überfall auf Rußland schreibt er auch dann und wann Briefe, die ihn zwei Tage Arbeit kosten, aber sein Zorn muß sich Luft machen.

Quangel gesteht es sich ein, er arbeitet nicht mehr mit der alten Vorsicht. Er ist denen nun schon zwei Jahre glücklich entgangen, nie ist der geringste Verdacht auf ihn gefallen, er fühlt sich ganz sicher.

Eine ernste Warnung ist ihm da die Begegnung mit Trudel Hergesell. Statt ihrer hätte auch jemand anders auf der Treppe stehen und ihn beobachten können, und dann war es um ihn und Anna geschehen. Nein, es kam weder auf ihn noch auf Anna an; es kam allein darauf an, daß diese Arbeit getan wurde, heute und alle Tage weiter. Im Interesse dieser Arbeit mußte er wieder vorsichtiger werden. Daß ihn die Trudel da auf der Treppe beim Ablegen der Karte beobachtet hatte, das war bösester Leichtsinn von ihm gewesen.

Und dabei ahnte Otto Quangel nicht, daß der Kommissar Escherich zu diesem Zeitpunkt bereits von zwei Seiten eine Beschreibung seiner Person bekommen hatte. Schon zweimal vorher war Otto Quangel beim Ablegen der Karten beobachtet worden, beide Male von Frauen, die dann neugierig die Karten aufgenommen hatten, aber nicht schnell genug Alarm riefen, um den Täter noch im Hause zu fassen.

Ja, Kommissar Escherich besaß jetzt bereits zwei Personalbeschreibungen des Kartenablegers. Es war nur zu bedauern, daß diese Beschreibungen fast in allen Punkten voneinander abwichen. Nur in einem Punkt waren sich beide Beobachterinnen einig, daß das Gesicht des Täters ganz ungewöhnlich ausgesehen habe, gar nicht wie bei andern Menschen. Aber als Escherich dieses ungewöhnliche Gesicht näher geschildert wissen wollte, stellte sich heraus, daß die beiden Frauen entweder nicht beobachten konnten oder ihre Beobachtungen nicht in Worte zu kleiden wußten. Sie konnten beide nichts weiter sagen, als daß der Täter wie ein richtiger Verbrecher ausgesehen habe. Befragt, wie ein richtiger Verbrecher ihrer Ansicht nach aussähe, zuckten sie die Achseln und meinten, das müßten doch die Herren am besten wissen.

Quangel hatte lange geschwankt, ob er diese Begegnung mit Trudel der Anna erzählen sollte oder nicht. Er entschloß sich dann doch dazu: er wollte nicht das kleinste Geheimnis vor ihr haben.

Sie hatte auch ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, obwohl die Gefahr, daß durch Trudel etwas verraten wurde, ganz gering war; auch von einer ganz geringen Gefahr mußte Anna wissen. Er erzählte es ihr also, genau wie es geschehen war, ohne seinen Leichtsinn zu beschönigen.

Es war bezeichnend für Anna, wie sie reagierte. Die Trudel und ihre Verheiratung und das erwartete Kind interessierten sie gar nicht, aber sie flüsterte, sehr erschrocken: »Aber denke doch, Otto, wenn da ein anderer gestanden hätte, einer von der SA!«

Er lächelte verächtlich: »Es hat aber kein anderer da gestanden! Und von jetzt an bin ich wieder vorsichtig!«

Aber diese Versicherung konnte sie nicht beruhigen. »Nein, nein«, sagte sie heftig. »Von nun an werde ich allein die Karten austragen. Auf eine alte Frau achtet niemand. Du fällst allen Leuten gleich auf, Otto!«

»Ich bin in zwei Jahren keinem aufgefallen, Mutter. Das kommt gar nicht in Frage, daß du das gefährlichste Geschäft allein besorgst! Das wäre so was, wenn ich mich hinter deiner Schürze versteckte!«

»Ja«, erwiderte sie ärgerlich. »Nun komm mir auch noch mit solchen dummen Männerredensarten! Was für ein Unsinn: dich hinter meiner Schürze verstecken. Daß du Mut hast, das weiß ich auch so; aber daß du unvorsichtig bist, das habe ich nun erfahren, und danach richte ich mich. Da kannst du reden, was du willst!«

»Anna«, sagte er und faßte ihre Hand, »du darfst mir nun auch nicht, wie es andere Frauen tun, stets denselben Fehler vorwerfen! Ich habe dir gesagt, ich werde vorsichtiger sein, und das mußt du mir glauben. Ich hab's ja zwei Jahre lang nicht schlecht gemacht – warum soll es da in Zukunft schlecht gehn?«

»Ich sehe nicht ein«, sagte sie hartnäckig, »warum ich nicht die Karten verteilen soll. Ich hab's doch bisher dann und wann tun dürfen.«

»Das sollst du auch weiter. Wenn's zu viele sind, oder wenn mich das Reißen plagt.«

»Aber ich habe mehr Zeit als du. Und ich falle wirklich nicht so auf. Und ich habe jüngere Beine. Und ich will hier nicht vor Angst umkommen, alle Tage, wenn ich dich unterwegs weiß.«

»Und was denkst du über mich? Meinst du, ich sitze hier zufrieden im Haus, wenn ich weiß, die Anna läuft draußen herum? Verstehst du nicht, daß ich mich schämen müßte, wenn du die meiste Gefahr trügest? Nein, Anna, das kannst du nicht von mir verlangen!«

»So laß uns gemeinsam gehen. Vier Augen sehen mehr als zwei, Otto.«

»Zu zweien würden wir mehr auffallen, einer allein schiebt sich leicht unter die andern. Und ich glaube auch nicht, daß in so 'ner Sache vier Augen mehr sehn als zwei. Da verläßt sich schließlich das eine immer auf das andere. Und überhaupt, Anna, sei nicht bös, es würde mich nervös machen, wenn ich dich neben mir weiß, und ich glaube, dir würde es nicht anders gehn.«

»Ach, Otto«, sagte sie. »Ich weiß ja, wenn du etwas willst, setzt du es auch durch. Ich kann mich nicht gegen dich behaupten. Aber ich werde vor Angst umkommen, jetzt, wo ich dich so in Gefahr weiß.«

»Die Gefahr ist nicht größer als früher, nicht größer als damals, als ich die erste Karte in der Neuen Königstraße ablegte. Gefahr ist immer, Anna, für jeden, der das tut, was wir tun. Oder möchtest du, daß wir ganz damit aufhören?«

»Nein!« rief sie laut. »Nein, ich hielte es keine zwei Wochen ohne diese Karten aus! Wozu leben wir dann noch? Das ist ja unser Leben, diese Karten!«

Er lächelte düster, mit einem düsteren Stolz sah er sie an.

»Siehst du, Anna«, sagte er dann. »So mag ich dich. Wir haben keine Angst. Wir wissen, was uns droht, und wir sind bereit, zu jeder Stunde sind wir bereit – aber hoffentlich geschieht es zu einer möglichst späten Stunde.«

»Nein«, sagte sie. »Nein. Ich denke immer, es geschieht nie. Wir überleben den Krieg, wir überleben die Nazis, und dann ...«

»Dann?« fragte auch er, denn plötzlich sahen sie – nach dem endlich errungenen Sieg – ein völlig leeres Leben vor sich.

»Nun«, sagte sie, »ich denke, wir werden auch dann noch etwas finden, für das es sich lohnt, zu kämpfen. Vielleicht ganz offen, ohne so viel Gefahren.«

»Gefahr«, sagte er, »Gefahr ist immer, Anna, sonst ist es ja kein Kampf. Manchmal weiß ich, daß sie mich so nicht kriegen werden, und dann liege ich Stunden und Stunden und grüble, wo sonst Gefahr ist, was ich vielleicht übersehen habe. Ich grüble, ich finde nichts. Und doch ist irgendwo Gefahr, ich fühle das. Was können wir vergessen haben, Anna?«

»Nichts«, sagte sie. »Nichts. Wenn du mit dem Kartenverteilen vorsichtig bist ...«

Er schüttelte unmutig den Kopf. »Nein, Anna«, sagte er, »so meine ich es nicht. Die Gefahr steht nicht auf der Treppe und nicht beim Schreiben. Die Gefahr steht ganz woanders, wo ich nicht hinsehen kann. Plötzlich werden wir aufwachen und wissen, da hat sie immer gestanden, aber wir haben sie nicht gesehen. Und dann wird es zu spät sein.«

Sie verstand ihn noch immer nicht. »Ich weiß nicht, warum du dir plötzlich Sorgen machst, Otto«, sagte sie. »Wir haben doch alles hundertmal überlegt und erprobt. Wenn wir nur vorsichtig sind ...«

»Vorsichtig!« rief er, unmutig über ihr fehlendes Verständnis, aus. »Wie kann man sich vor etwas vorsehen, das man nicht sieht! Ach, Anna, du verstehst mich nicht! Man kann nicht alles ausrechnen im Leben!«

»Nein, ich versteh dich nicht«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich glaube, du machst dir unnötige Sorge, Vater. Ich glaube, du solltest mehr schlafen in der Nacht, Otto. Du schläfst zuwenig.«

Er schwieg.

Nach einer Weile fragte sie: »Weißt du, wie die Trudel Baumann jetzt heißt und wo sie wohnt?«

Er schüttelte den Kopf. Er sagte: »Ich weiß es nicht, und ich will es auch nicht wissen.«

»Ich möchte es aber wissen«, sagte sie hartnäckig. »Ich will es mit meinen eigenen Ohren hören, daß es mit dem Ablegen der Karte glatt gegangen ist. Du hättest ihr das nicht überlassen sollen, Otto! Was weiß so 'n Kind, was sie da tut. Vielleicht hat sie die Karte ganz offen hingelegt, und die haben sie dabei gekitscht. Und wenn die erst einmal so eine junge Frau in den Fängen haben, dann wissen sie auch bald den Namen Quangel.«

Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß, von der Trudel droht uns keine Gefahr.«

»Ich möchte es aber sicher wissen!« rief Frau Quangel. »Ich werde in ihre Fabrik gehen und mich erkundigen.«

»Du wirst nicht gehen, Mutter! Trudel gibt es nicht mehr für uns. Nein, rede nicht, du bleibst hier. Ich will kein Wort mehr davon hören.«

Dann, als er sie noch immer widerspenstig sah, sagte er: »Glaube mir schon, Anna, es ist alles richtig, wie ich es dir sage. Von der Trudel brauchen wir nicht mehr zu sprechen, das ist alles erledigt. Aber«, fuhr er leiser fort, »aber wenn ich nachts wach liege, dann denke ich oft, daß wir doch nicht heil durchkommen werden, Anna.«

Sie sah ihn mit großen Augen an.

»Und dann male ich mir alles aus, wie es werden wird. Es ist gut, sich so etwas vorher auszumalen, dann kann einen nichts mehr überraschen. Denkst du manchmal daran?«

»Ich weiß nicht genau, wovon du sprichst, Otto«, sagte Anna Quangel abweisend.

Er stand mit dem Rücken gegen das Bücherbrett Ottochens gelehnt, eine Schulter von ihm berührte das Radiobastelbuch des Jungen. Er sah sie durchdringend an.

»Sobald sie uns verhaftet haben, werden wir getrennt sein, Anna. Wir werden uns vielleicht noch zwei- oder dreimal sehen, beim Verhör, bei der Verhandlung, vielleicht später noch einmal, eine halbe Stunde vor der Hinrichtung ...«

»Nein! Nein! Nein!« Sie schrie es. »Ich will nicht, daß du davon sprichst! Wir werden durchkommen, Otto, wir müssen durchkommen!«

Er legte seine große, verarbeitete Hand beruhigend auf ihre kleine, warme, zitternde.

»Und wenn wir nicht durchkommen? Würdest du irgend etwas bereuen? Möchtest du etwas ungetan wissen von dem, was wir getan haben?«

»Nein, nichts! Aber wir werden unentdeckt durchkommen, Otto, ich fühle das!«

»Siehst du, Anna«, sagte er, ohne auf ihre letzte Versicherung zu achten. »Das wollte ich hören. Wir werden nie etwas bereuen. Wir werden zu dem stehen, was wir getan haben, auch wenn sie uns sehr quälen.«

Sie sah ihn an, sie versuchte, ein Zittern zu unterdrücken. Vergeblich. »Ach Otto!« rief sie schluchzend. »Warum mußt du so reden? So ziehst du das Unglück ja nur auf uns. Nie hast du noch so geredet!«

»Ich weiß nicht, warum ich so heute mit dir reden muß«, sagte er und ging von dem Bücherbrett fort. »Ich muß es einmal. Wahrscheinlich werde ich nie wieder mit dir darüber sprechen. Aber einmal mußte ich es. Denn du mußt wissen, wir werden dann sehr allein sein in unsern Zellen, ohne ein Wort zueinander, die wir viel über zwanzig Jahre nicht einen Tag ohne das andere gelebt haben. Es wird uns sehr schwerfallen. Aber wir werden voneinander wissen, daß keines je schlappmacht, daß wir uns aufeinander verlassen können, wie im ganzen Leben so auch im Tode. Wir werden auch allein sterben müssen, Anna.«

»Otto, du sprichst, als wäre es schon soweit! Und wir sind doch ganz frei und außer Verdacht. Wir könnten jeden Tag damit aufhören, wenn wir wollen ...«

»Aber wollen wir? Können wir überhaupt wollen?«

»Nein, ich sage nicht, daß wir aufhören wollen. Ich will's nicht, das weißt du! Aber ich will auch nicht, daß du sprichst, als hätten sie uns schon gefaßt und als bliebe uns nur noch das Sterben. Ich will noch nicht sterben, Otto, ich möchte mit dir leben!«

»Wer will denn sterben?« fragte er. »Alle wollen sie doch leben, alle, alle – auch das armseligste Würmlein schreit nach Leben. Auch ich will noch leben. Aber es ist vielleicht gut, Anna, schon im ruhigen Leben an ein schweres Sterben zu denken, sich darauf vorzubereiten. Daß man weiß, man wird anständig sterben können, ohne Gewimmer und Geschrei. Das fände ich ekelhaft ...«

Eine Weile war es still.

Dann sagte Anna Quangel leise: »Du kannst dich auf mich verlassen, Otto. Ich werde dir schon keine Schande machen.«


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