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Am Morgen beruft Telemachos das Volk, und verlangt, daß die Freier sein Haus verlassen. Antinoos verweigert's. Ein Vogelzeichen von Eurymachos verhöhnt. Telemachos bittet um ein Schiff, nach dem Vater zu forschen; Mentor rügt den Kaltsinn des Volks; aber ein Freier trennt spottend die Versammlung. Athene in Mentors Gestalt verspricht dem Einsamen Schiff und Begleitung. Die Schaffnerin Eurykleia gibt Reisekost. Athene erhält von Noemon ein Schiff, und bemannt es. Am Abend wird die Reisekost eingebracht; und Telemachos, ohne Wissen der Mutter, fährt mit dem scheinbaren Mentor nach Pylos.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, Sprang er vom Lager empor der geliebte Sohn von Odysseus, Legte die Kleider an, und hängte das Schwert um die Schulter, Band die schönen Sohlen sich unter die zierlichen Füße, |
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5 | Trat aus der Kammer hervor, geschmückt mit göttlicher Hoheit, Und gebot den Herolden, schnell mit tönender Stimme Zur Versammlung zu rufen die hauptumlockten Achaier. Tönend riefen sie aus, und flugs war alles versammelt. Als die Versammelten jetzt in geschlossener Reihe sich drängten, |
10 | Ging er unter das Volk, in der Hand die eherne Lanze, Nicht allein, ihn begleiteten zween schnellfüßige Hunde. Siehe mit himmlischer Anmut umstrahlt' ihn Pallas Athene, Daß die Völker alle dem kommenden Jünglinge staunten. Und er saß auf des Vaters Stuhl, ihm wichen die Greise. |
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Jetzo begann der Held Ägyptios vor der Versammlung, |
20 | In der Höhle zerfleischt, und zum letzten Schmause bereitet. Noch drei andere hatt' er: der eine, Eurynomos, lebte Unter den Freiern, und zween besorgten des Vaters Geschäfte; Dennoch bejammert' er stets des verlorenen Sohnes Gedächtnis. Tränend begann der Greis, und redete vor der Versammlung: |
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Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! |
30 | Höret' er etwa Botschaft von einem nahenden Kriegsheer, Daß er uns allen verkünde, was er am ersten vernommen? Oder weiß er ein andres zum Wohl des Landes zu raten? Bieder scheinet er mir und segenswürdig! Ihm lasse Zeus das Gute gedeihn, so er im Herzen gedenket! |
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Sprach's; und Telemachos, froh der heilweissagenden Worte, |
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Edler Greis, nicht fern ist der Mann, gleich sollst du ihn kennen: |
45 | Sondern ich rede von mir, von meines eigenen Hauses Zwiefacher Not. Zuerst verlor ich den guten Vater, Euren König, der euch mit Vaterliebe beherrschte. Und nun leid' ich noch mehr: mein ganzes Haus ist vielleicht bald Tief ins Verderben gestürzt, und all mein Vermögen zertrümmert! |
50 | Meine Mutter umdrängen mit ungestümer Bewerbung Freier, geliebte Söhne der Edelsten unseres Volkes. Diese scheuen sich nun, zu Ikarios' Hause zu wandeln, Ihres Vaters, daß er mit reichem Schatze die Tochter Gäbe, welchem er wollte, und wer ihm vor allen gefiele; |
55 | Sondern sie schalten von Tag zu Tag' in unserm Palaste, Schlachten unsere Rinder und Schaf' und gemästeten Ziegen Für den üppigen Schmaus, und schwelgen im funkelnden Weine Ohne Scheu; und alles wird leer; denn es fehlt uns ein solcher Mann, wie Odysseus war, die Plage vom Hause zu wenden! |
60 | Wir vermögen sie nicht zu wenden, und ach auf immer Werden wir hilflos sein, und niemals Tapferkeit üben! Wahrlich ich wendete sie, wenn ich nur Stärke besäße! Ganz unerträglich begegnet man mir, ganz wider die Ordnung Wird mir mein Haus zerrüttet! Erkennt doch selber das Unrecht, |
65 | Oder scheuet euch doch vor andern benachbarten Völkern, Welche rings uns umwohnen, und bebt vor der Rache der Götter, Daß sie euch nicht im Zorne die Übeltaten vergelten! Freunde, ich fleh euch bei Zeus, dem Gott des Olympos und Themis, Welche die Menschen zum Rat versammelt, und wieder zerstreuet: |
70 | Haltet ein, und begnügt euch, daß mich der traurigste Kummer Quält! Hat etwa je mein guter Vater Odysseus Euch vorsätzlich beleidigt, ihr schöngeharnischten Griechen, Daß ihr mich zum Vergelt vorsätzlich wieder beleidigt; Warum reizet ihr diese? Mir wäre besser geraten, |
75 | Wenn ihr selber mein Gut und meine Herden hinabschlängt! Täter ihr's, so wäre noch einst Erstattung zu hoffen! Denn wir würden so lange die Stadt durchwandern, so flehend Wiederfodern das Unsre, bis alles wäre vergütet! Aber nun häuft ihr mir unheilbaren Schmerz auf die Seele! |
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Also sprach er im Zorn, und warf den Scepter zur Erde, |
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Jüngling von trotziger Red' und verwegenem Mute, was sprachst du |
90 | Seit sie mit eitlem Wahne die edlen Achaier verspottet! Allen verheißt sie Gunst, und sendet jedem besonders Schmeichelnde Botschaft; allein im Herzen denket sie anders! Unter anderen Listen ersann sie endlich auch diese: Trüglich zettelte sie in ihrer Kammer ein feines |
95 | Übergroßes Geweb', und sprach zu unsrer Versammlung: Jünglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Odysseus, Dringt auf meine Vermählung nicht eher, bis ich den Mantel Fertig gewirkt (damit nicht umsonst das Garn mir verderbe!) Welcher dem Helden Laertes zum Leichengewande bestimmt ist, |
100 | Wann ihn die finstre Stunde mit Todesschlummer umschattet: Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle, Läg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherrschte! Also sprach sie mit List, und bewegte die Herzen der Edlen. Und nun webete sie des Tages am großen Gewebe: |
105 | Aber des Nachts, dann trennte sie's auf, beim Scheine der Fackeln. Also täuschte sie uns drei Jahr, und betrog die Achaier. Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; Da verkündet' uns eine der Weiber das schlaue Geheimnis, |
110 | Und wir fanden sie selbst bei der Trennung des schönen Gewebes. Also mußte sie's nun, auch wider Willen, vollenden. Siehe nun deuten die Freier dir an, damit du es selber Wissest in deinem Herzen, und alle Achaier es wissen! Sende die Mutter hinweg, und gebeut ihr, daß sie zum Manne |
115 | Nehme, wer ihr gefällt, und wen der Vater ihr wählet. Aber denkt sie noch lange zu höhnen die edlen Achaier, Und sich der Gaben zu freun, die ihr Athene verliehn hat, Wundervolle Gewande mit klugem Geiste zu wirken, Und der erfindsamen List, die selbst in Jahren der Vorwelt |
120 | Keine von Griechenlands schönlockigen Töchtern gekannt hat, Tyro nicht, noch Alkmene, und nicht die schöne Mykene; (Keine von allen war der erfindsamen Penelopeia Gleich an Verstand!) so soll ihr doch diese Erfindung nicht glücken! Denn wir schmausen so lange von deinen Herden und Gütern, |
125 | Als sie in diesem Sinne beharrt, den jetzo die Götter Ihr in die Seele gegeben! Sich selber bringet sie freilich Großen Ruhm, dir aber Verlust an großem Vermögen! Eher weichen wir nicht zu den Unsrigen oder zu andern, Ehe sie aus den Achaiern sich einen Bräutigam wählet! |
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Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
135 | Denn hart würde gewiß ihr Vater mich drücken, und härter Noch die göttliche Rache, wenn von uns scheidend die Mutter Mich den grausen Erinnen verfluchte! dann wär' ich ein Abscheu Aller Menschen! - O nein! ich kann ihr das nicht gebieten! Haltet ihr euch dadurch in eurem Herzen beleidigt, |
140 | Nun so geht aus dem Haus, und sucht euch andere Mähler! Zehret von eurem Gut, und laßt die Bewirtungen umgehn! Aber wenn ihr es so bequemer und lieblicher findet, Eines Mannes Hab' ohn alle Vergeltung zu fressen; Schlingt sie hinab! Ich werde die ewigen Götter anflehn, |
145 | Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Taten bezahle, Daß ihr in unserem Haus auch ohne Vergeltung dahinstürzt! Also sprach er, da sandte der Gott weithallender Donner |
150 | Einer nahe dem andern, mit ausgebreiteten Schwingen; Jetzo über der Mitte der stimmenvollen Versammlung, Flogen sie wirbelnd herum, und schlugen stark mit den Schwingen, Schauten auf aller Scheitel herab, und drohten Verderben, Und zerkratzten sich selbst mit den Klauen die Wangen und Hälse, |
155 | Und sie wandten sich rechts, und stürmten über die Stadt hin. Alle staunten dem Zeichen, das ihre Augen gesehen, Und erwogen im Herzen das vorbedeutete Schicksal. Unter ihnen begann der graue Held Halitherses, |
160 | Vögelflüge zu deuten, und künftige Dinge zu reden; Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! |
165 | Denn nicht lange mehr weilet Odysseus fern von den Seinen; Sondern er nahet sich schon, und bereitet Tod und Verderben Diesen allen; auch droht noch vielen andern das Unglück, Uns Bewohnern der Hügel von Ithaka! Laßt uns denn jetzo Überlegen, wie wir sie mäßigen; oder sie selber |
170 | Mäßigen sich, und gleich! zu ihrer eigenen Wohlfahrt! Euch weissaget kein Neuling, ich red' aus alter Erfahrung! Wahrlich das alles geht in Erfüllung, was ich ihm damals Deutete, als die Argeier in hohlen Schiffen gen Troja Fuhren, mit ihnen zugleich der erfindungsreiche Odysseus: |
175 | Nach unendlicher Trübsal, entblößt von allen Gefährten, Allen Seinigen fremd, würd' er im zwanzigsten Jahre Wieder zur Heimat kehren. Das wird nun alles erfüllet! Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: |
180 | Deinen Söhnen daheim, daß ihnen kein Übel begegne! Dieses versteh ich selber, und besser als du, zu deuten! Freilich schweben der Vögel genug in den Strahlen der Sonne, Aber nicht alle verkünden ein Schicksal! Wahrlich Odysseus Starb in der Fern'! O wärest auch du mit ihm ins Verderben |
185 | Hingefahren! Dann schwatztest du hier nicht so viel von der Zukunft, Suchtest nicht Telemachos Groll noch mehr zu erbittern, Harrend, ob er vielleicht dein Haus mit Geschenken bereichre! Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfüllet! Wo du den Jüngling dort, kraft deiner alten Erfahrung, |
190 | Durch dein schlaues Geschwätz aufwiegelst, sich wild zu gebärden; Dann wird er selber zuerst noch tiefer sinken in Drangsal, Und im geringsten nichts vor diesen Männern vermögen. Und du sollst es, o Greis, mit schwerer kränkender Buße Uns entgelten, damit du es tief in der Seele bereuest! |
195 | Aber Telemachos höre statt aller nun meinen Rat an: Zwing' er die Mutter zum Hause des Vaters wiederzukehren! Dort bereite man ihr die Hochzeit, und statte sie reichlich Ihrem Bräutigam aus, wie lieben Töchtern gebühret! Eher werden gewiß der Achaier Söhne nicht abstehn, |
200 | Penelopeia zu drängen; denn siehe! wir zittern vor niemand, Selbst vor Telemachos nicht, und wär' er auch noch so gesprächig! Achten auch der Deutungen nicht, die du eben, o Alter, So in den Wind hinschwatzest! Du wirst uns nur immer verhaßter Unser schwelgender Schmaus soll wieder beginnen, und niemals |
205 | Ordnung im Hause bestehn, bis jene sich den Achaiern Wegen der Hochzeit erklärt; wir wollen in steter Erwartung, Künftig wie vor, um den Preis wetteifern, und nimmer zu andern Weibern gehn, um die jedwedem zu werben erlaubt ist! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
210 | Hör, Eurymachos, hört ihr andern glänzenden Freier! Hierum werd ich vor euch nicht weiter flehen noch reden; Denn das wissen ja schon die Götter und alle Achaier. Aber gebt mir ein rüstiges Schiff und zwanzig Gefährten, Welche mit mir die Pfade des weiten Meeres durchsegeln. |
215 | Denn ich gehe gen Sparta und zu der sandigen Pylos, Um nach Kunde zu forschen vom langabwesenden Vater; Ob mir's einer verkünde der Sterblichen, oder ich Ossa, Zeus' Gesandte, vernehme, die viele Gerüchte verbreitet. Hör' ich, er lebe noch, mein Vater, und kehre zur Heimat; |
220 | Dann, wie bedrängt ich auch sei, erduld' ich's noch ein Jahr lang. Hör' ich, er sei gestorben, und nicht mehr unter den Menschen; Siehe, dann kehr' ich wieder zur lieben heimischen Insel, Häufe dem Vater ein Mal, und opfere Totengeschenke Reichlich, wie sich's gebührt, und geb' einem Manne die Mutter. |