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Odysseus, im Vorsaal ruhend, bemerkt die Unarten der Mägde. Bald erweckt ihn das Jammern der Gemahlin. Glückliche Zeichen. Eurykleia bereitet den Saal zum früheren Schmause des Neumondfestes. Nach dem Sauhirten und Ziegenhirten kömmt der Rinderhirt Philötios, und bewährt seine Treue. Die Freier hindert ein Zeichen an Telemachos' Mord. Beim Schmause wird nach Odysseus ein Kuhfuß geworfen. Verwirrung der Freier, die in wilder Lust den Tod ahnen. Der weissagende Theoklymenos wird verhöhnt, und geht weg. Penelopeia bemerkt die Ausgelassenheit.
Aber im Vorsaal lagerte sich der edle Odysseus. Über die rohe Haut des Stieres breitet' er viele Wollichte Felle der Schafe vom üppigen Schmause der Freier: Und Eurynome deckte den Ruhenden zu mit dem Mantel. |
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5 | Allda lag Odysseus, und sann dem Verderben der Freier Wachend nach. Nun gingen die Weiber aus dem Palaste, Welche schon ehemals mit den Freiern hatten geschaltet, Und belustigten sich, und lachten untereinander. Aber dem Könige ward sein Herz im Busen erreget; |
10 | Und er bedachte sich hin und her mit wankendem Vorsatz: Ob er sich plötzlich erhübe, die Frechen alle zu töten; Oder ihnen noch einmal zum allerletzten erlaubte, Mit den Freiern zu schalten. Im Innersten bellte sein Herz ihm: So wie die mutige Hündin, die zarten Jungen umwandelnd, |
15 | Jemand, den sie nicht kennt, anbellt, und zum Kampfe hervorspringt. Also bellte sein Herz, durch die schändlichen Greuel erbittert. Aber er schlug an die Brust, und sprach die zürnenden Worte: Dulde, mein Herz! Du hast noch härtere Kränkung erduldet, |
20 | Tapfern Freunde dir fraß. Du duldetest, bis dich ein Anschlag Aus der Höhle befreite, wo dir dein Tod schon bestimmt war. Also strafte der Edle sein Herz im wallenden Busen; |
25 | Also wendet der Pflüger am großen brennenden Feuer Einen Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefüllet, Hin und her, und erwartet es kaum, ihn gebraten zu sehen: Also wandte der Held sich hin und wieder, bekümmert, Wie er den schrecklichen Kampf mit den schamlosen Freiern begönne, |
30 | Er allein mit so vielen. Da schwebete Pallas Athene Hoch vom Himmel herab, und kam in weiblicher Bildung, Neigte sich über sein Haupt, und sprach mit freundlicher Stimme: Warum wachst du doch, unglücklichster Aller, die leben? |
35 | Und ein Sohn, so trefflich ihn irgend ein Vater sich wünschet!
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
40 | Ich allein mit so vielen, die hier sich täglich versammeln. Und noch ein größeres ist, was meine Seele bekümmert: Wann ich jene mit Zeus' und deinem Willen ermorde, Wo entflieh ich alsdann? Dies überlege nun selber. Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
45 | O Kleinmütiger, traut man doch einem geringeren Freunde, Welcher nur sterblich ist und eingeschränktes Verstandes; Und der Unsterblichen eine bin ich, die deiner beständig Waltet in jeder Gefahr. Vernimm denn, was ich dir sage: Stünden auch fünfzig Scharen der vielfachredenden Menschen |
50 | Um uns her, und trachteten dich im Kampfe zu töten; Dennoch raubtest du ihnen die fetten Rinder und Schafe, Aber schlummre nun ein! Die ganze Nacht zu durchwachen, Ist ermattend; du wirst ja der Trübsal jetzo entrinnen! Also sprach sie, und deckte Odysseus' Augen mit Schlummer. |
55 | Und zum Olympos empor erhub sich die heilige Göttin, Als ihn der Schlummer umfing, den Gram zerstreute, die Glieder Sanft auflöste. Allein Odysseus' edle Gemahlin Fuhr aus dem Schlafe, sie saß auf dem weichen Lager, und weinte. Als sie endlich ihr Herz mit vielen Tränen erleichtert, |
60 | Flehte sie Artemis an, die trefflichste unter den Weibern:
Hochgepriesene Göttin, o Artemis, Tochter Kronions, |
65 | Mich am fernen Gestade des ebbenden Oceans nieder: So wie die Stürme vordem Pandareos' Töchter entführten! Ihrer Eltern beraubt von den Göttern, blieben sie hilflos In dem Palaste zurück; da nährte sie Aphrodite Mit geronnener Milch und süßem Honig und Weine. |
70 | Ihnen schenkte dann Here vor allen sterblichen Weibern Schönheit und klugen Verstand, die keusche Artemis Größe, Und Athene die Kunde des Webestuhls und der Nadel. Aber da einst Aphrodite zum großen Olympos emporstieg, Daß der Donnerer Zeus den lieblichen Tag der Hochzeit |
75 | Ihren Mädchen gewährte; (denn dessen ewige Vorsicht Lenkt allwissend das Glück und Unglück sterblicher Menschen:) Raubten indes die Harpyen Pandareos' Töchter, und schenkten Sie den verhaßten Erinnen zu harter sklavischer Arbeit. Führten die Himmlischen so auch mich aus der Kunde der Menschen! |
80 | Oder entseelte mich Artemis' Pfeil! damit ich, Odysseus' Bild im Herzen, nur unter die traurige Erde versänke, Eh' ich die schnöde Begierd' eines schlechteren Mannes gesättigt! Ach! zu erdulden ist noch immer das Leiden, wenn jemand Zwar die Tage durchweint und jammert, aber die Nächte |
85 | Ruhiger Schlummer beherrscht; denn dieser tilgt aus dem Herzen Alles, Gutes und Böses, sobald er die Augen umschattet: Doch mir sendet auch nachts ein Dämon schreckende Träume! Eben schlief es wieder bei mir, ganz ähnlich ihm selber, Wie er gen Ilion fuhr; und ich Arme freute mich herzlich, |
90 | Denn ich hielt es nicht für ein Traumbild, sondern für Wahrheit.
Also sprach sie; da kam die goldenthronende Eos. |
95 | Hurtig Mantel und Felle, worauf er ruhte, zusammen, Legte sie schnell in den Saal auf einen Sessel, die Stierhaut Trug er hinaus, und flehete Zeus mit erhobenen Händen: Vater Zeus, wenn ihr Götter nach vielem Jammer mich huldreich |
100 | O so rede nun einer der Wachenden glückliche Worte Hier im Palast, und draußen gescheh ein Zeichen vorn Himmel! Also flehte der Held; den Flehenden hörte Kronion. |
105 | Plötzlich hört' er ein mahlendes Weib, das glückliche Worte Redete, nahe bei ihm, wo die Mühlen des Königes standen. Täglich waren allhier zwölf Müllerinnen beschäftigt, Weizen- und Gerstenmehl, das Mark der Männer, zu mahlen. Aber die übrigen schliefen, nachdem sie den Weizen zermalmet: |
110 | Sie nur feirte noch nicht, denn sie war von allen die schwächste. Stehen ließ sie die Mühl', und sprach die prophetischen Worte: Vater Zeus, der Götter und sterblichen Menschen Beherrscher, |
115 | Ach so gewähr' auch jetzo mir armem Weibe die Bitte! Laß die stolzen Freier zum letztenmal heute, zum letzten! Ihren üppigen Schmaus in Odysseus' Hause genießen, Welche mir alle Kraft durch die seelenkränkende Arbeit, Mehl zu bereiten, geraubt! Nun laß sie zum letztenmal schweigen! |
120 |
Sprach's; und freudig vernahm Odysseus ihre Verkündung, Jetzo versammelten sich die andern Mägde des Königs, |
125 | Legte die Kleider an, und hängte sein Schwert um die Schulter, Band die schönen Sohlen sich unter die rüstigen Füße, Faßte den mächtigen Speer, mit scharfer eherner Spitze, Ging, und stand an der Schwelle, und sagte zu Eurykleia: Mütterchen, habt ihr auch für die Ruh und Pflege des Fremdlings |
130 | Hier im Saale gesorgt? oder liegt er gänzlich versäumet? Meine Mutter die ist nun so, (wie gut sie auch denket,) Daß sie den schlechteren Mann in ihres Herzens Verwirrung Oftmals ehrt, und den besseren ungeehret hinwegschickt. Ihm erwiderte drauf die verständige Eurykleia: |
135 | Sohn, beschuldige nicht die ganz unschuldige Mutter! Denn er saß da und trank, so lang' er wollte, des Weines; Speise, sagte er selbst, verlangt' er nicht mehr; denn sie fragt' ihn. Und als endlich die Stunde des süßen Schlafes herankam, Da befahl sie den Mägden, ein Lager ihm zu bereiten; |
140 | Aber er, als ein ganz unglücklicher Leidengeübter, Weigerte sich im Bette auf weichen Polstern zu schlafen: Auf Schafsfellen allein und der unbereiteten Stierhaut Wollt' er im Vorsaal ruhn; wir deckten ihn noch mit dem Mantel. Also sprach sie. Da ging, den Speer in der Rechten, der Jüngling |
145 | Aus dem Palast; es begleiteten ihn schnellfüßige Hunde; Und er ging zur Versammlung der schöngeharnischten Griechen. Aber den Mägden befahl die Edelste unter den Weibern, Hurtig, ihr Mägde! kehrt mir den Saal geschwinde mit Besen, |
150 | Aber sprengt ihn zuvor; die purpurnen Teppiche legt dann Auf die zierlichen Sessel! Ihr andern scheuret die Tische Alle mit Schwämmen rein; dann spült die künstlich gegoßnen Doppelbecher und Kelche mir aus! Ihr übrigen aber Holet Wasser vom Quell; doch daß ihr nur eilig zurückkommt! |
155 | Heute zögern gewiß die Freier nicht lange, sie werden Frühe sich hier versammeln; denn heut ist der heilige Neumond! Also sprach sie; ihr hörten die Mägde mit Fleiß, und gehorchten. |
160 | Jetzo kamen ins Haus der Freier mutige Diener, Welche das Holz geschickt zerspalteten; und von der Quelle Kamen die Weiber zurück. Auch kam der treffliche Sauhirt, Der drei Schweine, die besten der ganzen Herde, hereintrieb. Diese ließ er weidend im schönen Hofe herumgehn, |
165 | Trat dann selbst zu Odysseus, und sprach die freundlichen Worte:
Fremdling, hast du anitzt mehr Ansehn vor den Achaiern? Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
170 | Dieser verruchten Empörer, die hier im fremden Palaste Schändliche Greuel verüben, und Scham und Ehre verachten! Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
175 | Brachte zum Schmaus; es begleiteten ihn zween andere Hirten. Diese banden sie fest dort unter der tönenden Halle, Aber Melanthios sprach zu Odysseus die schmähenden Worte: Fremdling, du willst noch jetzo in diesem Hause die Männer |
180 | Nun wir werden uns wohl nicht wieder trennen, bevor du Diese Fäuste gekostet! Es ist ganz wider die Ordnung, Solch ein Betteln! Es gibt ja noch andere Schmäuse der Griechen! Also sprach er; und nichts antwortete jenem Odysseus, |