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240 | Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Vater, ich habe viel von dem großen Ruhme gehöret Deines Mutes im Kampf, und deiner Weisheit im Rate, Aber du sprachst zu kühn! Ich erstaune! Wie wär' es doch möglich Daß zween Männer allein so viele Starke bekämpften? |
245 | Siehe der Freier sind nicht zehn nur, oder nur zwanzig; Sondern bei weitem mehr! Berechne du selber die Menge: Aus Dulichions Fluren sind zweiundfünfzig erlesne Mutige Jünglinge hier, von sechs Aufwärtern begleitet; Aus der bergichten Samä sind vierundzwanzig in allem; |
250 | Aus Zakynthos Gefilden sind zwanzig achaiische Fürsten; Und aus Ithaka selbst sind zwölfe der tapfersten Männer. Diesen großen Haufen begleitet Medon der Herold, Und der göttliche Sänger, und zween erfahrene Köche. Wollten wir diesen allen im Hause begegnen; du möchtest |
255 | Traurig und schreckenvoll die Strafe der Trotzigen enden. Überlege vielmehr, ob du noch andere Freunde Finden kannst, die uns mit freudigem Mute beschützen. Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
260 | Denke nach: wird uns Athene und Vater Kronion Gnügen; oder ist's nötig, noch andere Hilfe zu suchen? Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
265 | Über die Menschen auf Erden, und alle unsterblichen Götter.
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
270 | Aber gehe du jetzo, sobald der Morgen sich rötet, Heim, und bleib' in dem Schwarm der übermütigen Freier. Dorthin folg' ich dir bald, geführt von dem Hirten Eumäos, Und wie ein mühebeladner bejahrter Bettler gestaltet. Werden mich dann im Hause die Freier beschimpfen, so dulde |
275 | Standhaft dein Herz im Busen, wie sehr ich beleidiget werde! Schleppten sie auch bei den Füßen mich durch den Saal vor die Haustür, Oder würfen nach mir; du mußt geduldig es ansehn! Freilich kannst du sie wohl mit freundlichen Worten ermahnen, Ihr ruchloses Verfahren zu mäßigen; aber sie werden |
280 | Dich nicht hören: denn schon naht ihnen der Tag des Verderbens! Noch verkünd' ich dir dieses, bewahr' es im innersten Herzen: Wann die Göttin des Rats Athene mir es gebietet; Siehe dann werd' ich dir mit dem Haupte winken. So bald du Dieses siehst, darin nimm aus dem Saale die Waffen des Krieges, |
285 | Und verwahre sie alle im Winkel des oberen Söllers. Aber erkundigen sich die Freier, wo sie geblieben; Dann besänftige sie mit guten Worten: Ich trug sie Aus dem Rauche hinweg; denn sie sehen den alten nicht ähnlich, Wie sie Odysseus einst, gen Troja schiffend, zurückließ! |
290 | Sondern sind ganz entstellt von dem rußichten Dampfe des Feuers. Und noch ein größeres gab Kronion mir zu bedenken: Daß ihr nicht etwa im Rausch euch zankt, und einander verwundet, Und die Freuden des Mahls und die Liebe zu Penelopeia Blutig entweiht! denn selbst das Eisen ziehet den Mann an! - |
295 | Aber uns beiden laß zwei Schwerter unten im Saale Und zween Speere zurück, und zween stierlederne Schilde; Daß wir beim Überfall sie ergreifen. Jene wird sicher Pallas Athene verblenden, und Zeus' allwaltende Vorsicht! Noch verkünd' ich dir dieses, bewahr' es im innersten Herzen: |
300 | Bist du wirklich mein Sohn, und unsers edlen Geblütes; So erfahre von dir kein Mensch, daß Odysseus daheim sei; Nicht Laertes einmal darf's wissen, oder der Sauhirt, Keiner auch von dem Gesinde, ja selbst nicht Penelopeia; Sondern nur ich und du; damit wir der Weiber Gesinnung |
305 | Prüfen, auch unsere Knechte zugleich ein wenig erforschen, Wo man uns beide noch mit treuem Herzen verehret, Oder wer untreu ward, und deine Ehre dir weigert. Und sein trefflicher Sohn Telemachos sagte dagegen: |
310 | Kennen lernen; ich hin nicht unvorsichtig und sorglos! Aber ich glaube doch nicht, daß diese Prüfung uns beiden Auch im mindesten nütze. Denn überlege nur selber: Lange gingst du umher, wenn du die Werke der Männer Nahe belauschen wolltest; indes verschwelgen die andern |
315 | Ruhig in deinem Palast und ohne Scheu dein Vermögen. Zwar der Weiber Gesinnung zu prüfen, rat' ich dir selber: Wer dich im Hause verachtet, und wer unsträflich geblieben. Aber daß wir die Männer auf allen Höfen erforschen, Dieses wünscht' ich nicht; verspar' es lieber auf künftig, |
320 | Wenn du wirklich ein Zeichen vom großen Kronion gesehn hast.
Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
325 | Zogen sie eilend das schwärzliche Schiff ans hohe Gestade; Ihre Geräte trugen die stolzen Diener von dannen. Und sie brachten in Klytios' Haus die schönen Geschenke, Sandten dann einen Herold voran zu des edlen Odysseus' Hause, um Botschaft zu bringen der klugen Penelopeia, |
330 | Daß ihr Sohn auf dem Lande sei, und dem Schiffe befohlen, Nach der Stadt zu fahren: damit vor Kummer des Herzens Nicht die hohe Fürstin ihr Antlitz mit Tränen benetzte. Diesem begegnete jetzo der edle Hüter der Schweine; Beide gingen, der Mutter die selbige Botschaft zu bringen. |
335 |
Als sie jetzo ins Haus des göttlichen Königes kamen, Fürstin, dein lieber Sohn ist jetzo wieder gekommen! |
340 | Und nachdem er der Fürstin Telemachos' Worte verkündigt, Eilt' er zurück zu den Schweinen, den Hof des Hauses verlassend. Aber die Freier wurden bestürzt und niedergeschlagen; |
345 | Und des Polybos' Sohn Eurymachos sprach zur Versammlung:
Lieben, ein großes Werk hat Telemachos kühnlich vollendet, |
350 | Schnell die Botschaft verkünden, um eilig wiederzukehren.
Also sprach er; und siehe Amphinomes wandte sein Antlitz |
355 |
Keiner ferneren Botschaft bedarf es; sie sind schon zu Hause! Sprach's; da erhuben sie sich, und gingen zum Ufer des Meeres, |
360 | Ihre Geräte trugen die stolzen Diener zu Hause. Aber sie selber eilten zum Markt; und keinen der andern Ließen sie unter sich sitzen, der Jünglinge oder der Greise. Und Eupeithes' Sohn Antinoos sprach zur Versammlung: Wunder! wie haben die Götter doch den vom Verderben errettet! |
365 | Tages stellten wir Späher umher auf die luftigen Höhen, Immer andre nach andern; und wann die Sonne sich senkte, Ruhten wir nimmer die Nacht auf dem Lande, sondern im Meere Kreuzten wir mit dem Schiff, und harrten der heiligen Frühe, Auf Telemachos laurend, damit wir ihn fingen und heimlich |
370 | Töteten. Aber ihn führte der Himmlischen einer zu Hause! Nun so wollen wir hier auf den Tod des Telemachos sinnen! Laßt ihn ja nicht entfliehn! Denn ich fürchte, so lange der Jüngling Lebt, wir werden nimmer zu unserem Zwecke gelangen. Denn er selber kennt schon alle Künste der Klugheit, |
375 | Und die Völker sind uns nicht mehr so gänzlich gewogen. Aber wohlan, bevor er zur allgemeinen Versammlung Rufe das Volk der Achaier; denn säumen wird er gewiß nicht, Sondern im heftigen Zorn aufstehn, und allen verkünden, Wie wir ihn zu ermorden gesucht, und wie er entflohn sei. |
380 | Diese werden die Tat nicht loben, wann sie ihn hören; Ja sie könnten uns gar mißhandeln, und aus dem Lande Unserer Väter uns alle zu fremden Völkern verjagen. Darum laßt uns zuvor ihn töten, fern auf dem Lande, Oder auch auf dem Wege! Die Güter behalten wir selber, |
385 | Alles unter uns teilend nach Billigkeit; aber die Häuser Geben wir seiner Mutter, und wen sie zum Bräutigam wählet. Mißfällt aber mein Rat der Versammlung, und wünschet ihr lieber, Daß Telemachos leb', und des Vaters Erbe behalte; Nun so laßt uns nicht länger in solcher großen Versammlung |
390 | Seine köstlichen Schätze verprassen; sondern es werbe Jeder außer dem Hause mit Brautgeschenken; sie aber Wähle den Mann, der am meisten ihr schenkt, und dem sie beschert ist. Also sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen. |
395 | Nisos' rühmlicher Sohn, des aretiadischen Königs; Der aus des weizenreichen Dulichions grünen Gefilden War der erste der Freier, und dessen Rede der Fürstin Noch am meisten gefiel; denn edel war seine Gesinnung: Dieser erhub sich, und sprach wohlmeinend zu der Versammlung: |
400 |
Lieben, ich wünschte nicht, daß wir Telemachos heimlich |
405 | Aber verbieten es uns die Götter, dann rat' ich zu ruhen.
Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede. Aber jetzo beschloß die kluge Penelopeia, |
410 | Sich zu zeigen den Freiern voll übermütiger Bosheit. Denn sie vernahm des Sohnes Gefahr in ihren Gemächern; Medon der Herold entdeckte sie ihr, der die Freier belauschet. Und sie ging zu dem Saale, von ihren Mägden begleitet. Als das göttliche Weib die Freier jetzo erreichte, |
415 | Stand sie still an der Schwelle des schönen gewölbeten Saales; Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes. Und sie redet' Antinoos an mit scheltenden Worten: Tückischer frecher Empörer Antinoos, nennen doch alle |
420 | An Verstand und Reden; allein du warest es nimmer! Rasender, sprich, was suchst du Telemachos' Tod und Verderben; Und verachtest die Stimme der Leidenden, deren Kronion Waltet? Es ist ja Sünde, das Unglück andrer zu suchen! Weißt du nicht mehr, wie einst dein Vater flehend zu uns kam, |
425 | Von dem Volke geschreckt? Denn sie waren heftig erbittert, Weil er die Räuberschiffe der Taphier hatte begleitet, Und die Thesproten beraubt, die Genossen unseres Bundes. Töten wollten sie ihn, und sein Herz dem Busen entreißen, Und ausplündern den reichen Palast voll köstlicher Güter; |
430 | Aber Odysseus hielt sie zurück, und stillte den Aufruhr. Und nun entehrst du sein Haus durch Schwelgen, wirbst um die Gattin, Tötest sein einziges Kind, und meine Seele betrübst du. Aber ich rate dir jetzt, halt ein, und zähme die andern! Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: |
435 | O Ikarios Tochter, du kluge Penelopeia, Sei getrost, und laß dich diese Gedanken nicht kümmern! Wahrlich er lebt nicht der Mann, und wird nicht leben noch aufstehn, Welcher an deinen Sohn Telemachos Hand anlege, Nimmer, so lang' ich leb', und mein Auge die Erde noch schauet! |
440 | Denn ich sage hier frei, und werd' es wahrlich erfüllen: Schnell wird sein schwarzes Blut an meiner Lanze herunter Triefen! Auch mir hat oft der Städteverwüster Odysseus, Sitzend auf seinem Schoß, ein Stück gebratenes Fleisches In die Hände gegeben, und roten Wein mir gereichet. |
445 | Drum ist Telemachos mir von allen Menschen der liebste; Und ich sag' es, er soll sich durchaus vor dem Tode nicht fürchten, Von den Freiern: allein von Gott ist er unvermeidlich! Also sprach er ihr zu, und dacht' ihn selbst zu ermorden. |
450 | Ihren trauten Gemahl Odysseus, bis ihr Athene Sanft mit süßem Schlummer die Augenlider bedeckte. Abends kam zu Odysseus und seinem Sohne der Sauhirt. |
455 | Hatte zuvor sich genaht dem Laertiaden Odysseus, Ihn mit der Rute gerührt, und wieder zum Greise verwandelt, Und mit schmutzigen Lumpen bekleidet: daß ihn der Sauhirt Nicht erkennte, und dann mit überwallendem Herzen Liefe, die Botschaft zu bringen der keuschen Penelopeia. |
460 |
Und Telemachos rief dem kommenden Hirten entgegen: Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
465 | Hierum hab' ich mich nicht bekümmert, die Stadt zu durchwandern, Und die Leute zu fragen; es lag mir näher am Herzen, Da ich die Botschaft gebracht, aufs Eiligste wiederzukehren. Doch begegnete mir von deinen Gefährten ein Herold, Der auch deiner Mutter zuerst die Botschaft verkündet. |
470 | Noch ein anderes weiß ich, das sah ich selber mit Augen. Diesseits über der Stadt, dicht an dem hermeiischen Hügel, War ich bereits gekommen; da sah ich in unserem Hafen Landen ein hurtiges Schiff, mit vielen Männern gerüstet, Und mit Schilden beschwert und langen doppelten Lanzen. |
475 | Und ich meinte, sie waren's; allein ich weiß es nicht sicher.
Also sprach er; da blickte Telemachos' heilige Stärke |
480 | Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Legten sie sich zur Ruh, und genossen die Gabe des Schlafes. |