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185 | Auch der Männerbeherrscher Philötios brachte den Freiern Eine gemästete Kuh und fette Ziegen zum Schmause. Diese kamen vom festen Land' in der Fähre der Schiffer, Die auch andere fahren, wenn jemand solches begehret. Und er knüpfte sein Vieh auch unter der tönenden Halle |
190 | Fest; dann trat er näher, und fragte den edlen Eumäos:
Hüter der Schweine, wer ist der neulich gekommene Fremdling |
195 | Aber die Götter verdunkeln das Ansehn irrender Menschen, Auch wenn Königen selbst ein solcher Jammer zu teil wird. Also sprach er, und kam und reichte dem edlen Odysseus Freue dich, fremder Vater! Es müsse dir wenigstens künftig |
200 | Wohl ergehn! denn jetzo umringt dich mancherlei Trübsal! Vater Zeus, du bist doch vor allen Unsterblichen grausam! Du erbarmest dich nicht der Menschen, die du gezeugt hast, Sondern verdammst sie alle zu Not und schrecklichem Jammer! Heißer und kalter Schweiß umströmte mich, als ich dich sahe, |
205 | Und mir tränten die Augen: ich dachte gleich an Odysseus, Der wohl auch so zerlumpt bei fremden Leuten umherirrt; Wo er anders noch lebt, und das Licht der Sonne noch schauet! Ist er aber schon tot, und in der Schatten Behausung; Weh mir! wie klag' ich Odysseus, den Herrlichem! der mich als Jüngling |
210 | Über die Rinder im Lande der Kephallenier setzte! Diese werden nun fast unzählbar; schwerlich hat jemand Eine so frischaufwachsende Zucht breitstirniger Rinder. Aber mich zwingen Fremde, sie ihnen zum üppigen Mahle Herzuführen, und achten nicht des Sohnes im Hause, |
215 | Zittern auch nicht vor der Rache der Götter; ja ihnen gelüstet Schon, die Güter zu teilen des langabwesenden Königs. O wie oft hat mein Herz in Verzweifelung diesen Gedanken Hin und wieder bewegt: Sehr unrecht wär's, da der Sohn lebt, In ein anderes Land mit den Rindern zu fliehen, und Hilfe |
220 | Fremder Leute zu suchen; doch schrecklicher ist es, zu bleiben, Und die Rinder für andre mit innigem Kummer zu hüten. Und ich wäre schon längst zu einem mächtigen König Außer dem Lande geflohn; (denn es ist nicht länger zu dulden!) Aber ich hoffe noch immer, daß mein unglücklicher König |
225 | Wiederkomm', und die Schar der Freier im Hause zerstreue!
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
230 | Zeus von den Göttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel, Und Odysseus' heiliger Herd, zu welchem ich fliehe: Du wirst selber zugegen sein, wann Odysseus zurückkommt, Und so du willst, auch selber mit deinen Augen es ansehn, Wie er die Freier vertilgt, die hier im Hause gebieten. |
235 |
Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder: Auch Eumäos flehte zu allen unsterblichen Göttern, |
240 | Also besprachen diese sich jetzo untereinander.
Und die Freier beschlossen, Telemachos heimlich zu töten. |
245 |
Freunde, nimmer gelingt uns dieser heimliche Ratschluß Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede. |
250 | Opferten große Schafe zum Mahl, und gemästete Ziegen, Opferten fette Schwein' und eine Kuh von der Weide. Brieten und reichten umher die Eingeweide; und mischten Dann des Weines in Kelchen; die Becher verteilte der Sauhirt; Und der Männerbeherrscher Philötios reichte den Freiern |
255 | Brot in zierlichen Körben; Melanthios schenkte den Wein ein: Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. Aber Telemachos hieß, auf Listen sinnend, Odysseus |
260 | Und er bracht' ihm ein Teil der Eingeweide, und schenkte Wein in den goldenen Becher, und sprach zu dem edlen Odysseus: Sitze nun ruhig hier, und trinke Wein mit den Männern. |
265 | Sondern Odysseus' Haus; und ich bin der Erbe des Königs! Aber ihr, o Freier, enthaltet euch aller Beschimpfung Und Gewalt; damit kein Zank noch Hader entstehe! Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich die Lippen, |
270 | Aber Eupeithes' Sohn Antinoos sprach zur Versammlung:
Freunde, wie hart sie auch ist, wir wollen Telemachos' Rede |
275 |
Also sprach der Freier, doch jener verachtete solches. Aber die Freier brieten das Fleisch und zogen's herunter, |
280 | Teilten's den Gästen umher und feirten das prächtige Gastmahl. Und Odysseus brachten die Diener, welche zerlegten, Ebensoviel des Fleisches, als jedem Gaste das Los gab, Weil es Telemachos hieß, der Sohn des edlen Odysseus. Aber den mutigen Freiern verstattete Pallas Athene |
285 | Nicht, des erbitternden Spottes sich ganz zu enthalten, damit noch Heißer entbrennte das Herz des Laertiaden Odysseus. Unter den Freiern war ein ungezogener Jüngling, Dieser hieß Ktesippos und war aus Same gebürtig. Stolz auf das große Gut des Vaters, warb er anitzo |
290 | Um die Gattin Odysseus', des langabwesenden Königs. Dieser erhub die Stimme und sprach zu den trotzigen Freiern: Höret, was ich euch sag, ihr edelmütigen Freier! |
295 | Fremde zu übergehn, die Telemachos' Wohnung besuchen: Aber ich will ihm doch auch ein wenig verehren, damit er Etwa die Magd, die ihn badet, beschenke, oder auch jemand Sonst von den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus. Also sprach er und warf mit nervichter Rechter den Kuhfuß, |
300 | Welcher im Korbe lag, nach Odysseus. Aber Odysseus Wandte behende sein Haupt und barg mit schrecklichem Lächeln Seinen Zorn; und das Bein fuhr gegen die zierliche Mauer. Aber Telemachos schalt den Freier mit drohenden Worten: Wahrlich, Ktesippos, es ist ein großes Glück für dein Leben, |
305 | Daß du den Fremdling nicht trafst; denn dieser beugte dem Wurf aus. Traun, ich hätte dich gleich mit der spitzen Lanze durchbohret, Und statt der Hochzeit würde dein Vater ein Leichenbegängnis Hier begehn! Verübe mir keiner die mindeste Unart Hier im Palast! Mir fehlt nun weder Verstand noch Erfahrung, |
310 | Gutes und Böses zu sehn; denn ehmals war ich ein Knabe! Dennoch schaun wir es an und leiden alles geduldig, Wie ihr das Mastvieh schlachtet und schwelgend den Wein und die Speise Ausleert; denn was vermag ein einziger gegen so viele? Aber hierbei laßt nun auch eure Beleidigung stillstehn! |
315 | Habt ihr indes beschlossen, mich mit dem Schwerte zu töten: Lieber wollt ich doch das, und wahrlich, es wäre mir besser, Sterben, als immerfort den Greul der Verwüstungen ansehn, Wie man die Fremdlinge hier mißhandelt oder die Mägde Zur abscheulichen Lust in den prächtigen Kammern umherzieht! |
320 |
Also sprach er, und alle verstummten umher und schwiegen. Freunde, Telemachos hat mit großem Rechte geredet; |
325 | Von den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus. Aber Telemachos möcht ich anitzt und Telemachos' Mutter Dies wohlmeinend raten, wenn's ihrem Herzen gefiele. Als ihr beide noch immer mit sehnlich harrendem Herzen Hofftet die Wiederkehr des erfindungsreichen Odysseus, |
330 | War es nicht tadelhaft, zu warten und die Achaier Hinzuhalten im Hause (denn besser wär es gewesen, Hätten die Götter Odysseus verstattet wiederzukehren). Doch nun ist es ja klar, daß Odysseus nimmer zurückkehrt. Drum geh hin zu der Mutter und sag ihr, sie möge den besten |
335 | Jüngling, welcher das meiste geschenkt, zum Bräutigam wählen, Daß du alle Güter des Vaters beherrschen und friedlich Essen und trinken könnest, da sie mit dem Manne hinwegzieht! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
340 | Der von Ithaka ferne den Tod fand oder umherirrt, Ich verhindre sie nicht, ich selber heiße die Mutter Wählen, welchen sie will und wer sie reichlich beschenket. Aber ich scheue mich, sie mit harten Worten gewaltsam Aus dem Hause zu treiben; das wolle Gott nicht gefallen! |
345 |
Also sprach er. Und siehe, ein großes Gelächter erregte |
350 | Und der göttliche Mann Theoklymenos sprach zur Versammlung:
Ach, unglückliche Männer, welch Elend ist euch begegnet! |
355 | Flatternde Geister füllen die Flur, und füllen den Vorhof, Zu des Erebos Schatten hinuntereilend! Die Sonne Ist am Himmel erloschen, und rings herrscht schreckliches Dunkel! Also sprach er; und alle begannen herzlich zu lachen. |
360 |
Hört, wie der Fremdling rast, der neulich von ferne hieherkam! Und der göttliche Mann Theoklymenos gab ihm zur Antwort: |
365 | Denn du siehst, ich habe noch Augen und Ohren und Füße, Und mein guter Verstand ist auch nicht irre geworden. Hiermit will ich allein hinausgehn; denn ich erkenne Schon das kommende Graun des Todes, dem keiner entfliehn wird, Keiner von euch, ihr Freier im Hause des edlen Odysseus, |
370 | Wo ihr die Fremdlinge höhnt, und schändliche Greuel verübet!
Also sprach er, und ging aus der schöngebaueten Wohnung Aber die Freier sahn sich all' einander ins Antlitz, |
375 | Unter dem Schwarme begann ein übermütiger Jüngling:
Nein, Telemachos, keiner hat jemals schlechtere Gäste |
380 | Und der andere dort erhub sich, uns wahrzusagen. Aber willst du mir folgen; (es ist wahrhaftig das beste!) Laß uns die Fremdlinge beid' im vielgeruderten Schiffe Zu den Sikelern senden; da kannst du sie teuer verkaufen. Also sprachen die Freier; doch jener verachtete solches. |
385 | Schweigend sah er Odysseus an, und harrte beständig, Wann sein mächtiger Arm die schamlosen Freier bestrafte. Gegenüber dem Saal auf einem prächtigen Sessel |
390 | Diese feirten nun zwar mit lautem Lachen das Frühmahl, Lustig und fröhliches Muts, denn sie hatten die Menge geschlachtet: Doch unlieblicher ward kein Abendschmaus noch gefeiert, Als den bald die Göttin, mit ihr der starke Odysseus, Jenen gab, die bisher so schändliche Greuel verübten. |