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330 | Aber Terpios' Sohn entrann dem schwarzen Verhängnis, Phemios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen. Dieser stand, in den Händen die hellerklingende Harfe, Nahe der Seitentür, und sann in zweifelndem Herzen: Ob er heimlich entflöh, und an des großen Kronions |
335 | Schönem Altar auf dem Hofe sich setzte, auf welchem Laertes Und Odysseus die Lenden so vieler Stiere geopfert; Oder um Mitleid flehend Odysseus zu Füßen sich würfe. Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beste, Flehend die Kniee zu rühren des göttergleichen Odysseus. |
340 | Und er setzte zur Erden die schöngewölbete Harfe, Zwischen dem großen Kelch und dem silberbeschlagenen Sessel; Lief dann eilend hinzu, umschlang Odysseus die Kniee, Jammerte laut um Erbarmen, und sprach die geflügelten Worte: Flehend umfass' ich dein Knie; erbarme dich meiner, Odysseus! |
345 | Töte mich nicht! Du würdest hinfort es selber bereuen, Wenn du den Sänger erschlügst, der Göttern und Menschen gesungen! Mich hat niemand gelehrt; ein Gott hat die mancherlei Lieder Mir in die Seele gepflanzt! Ich verdiene, wie einem der Götter, Dir zu singen! Drum haue mir nicht mit dem Schwerte das Haupt ab! |
350 | Siehe dein lieber Sohn Telemachos kann es bezeugen, Daß ich nie freiwillig und wegen schnödes Gewinstes Kam in deinen Palast, den Freiern am Mahle zu singen; Sondern es führten mich viele und Mächtige hier mit Gewalt her! Also sprach er. Ihn hörte Telemachos' heilige Stärke, |
355 | Eilte hinzu, und sprach zu seinem Vater Odysseus:
Halt, verwunde nicht diesen; er ist unschuldig, mein Vater! |
360 | Oder du selber ihn trafst, den Saal mit Rache durchstürmend!
Also sprach er; ihn hörte der gute verständige Medon: |
365 | Sprang zu Telemachos hin, umschlang die Kniee des Jünglings, Jammerte laut um Erbarmen, und sprach die geflügelten Worte: Lieber, da bin ich selbst! O schone, und bitte den Vater, |
370 | Ihm verschwelgten, und dich mit törichtem Herzen entehrten!
Lächelnd erwiderte drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
375 | Aber geht aus dem Saal, und setzt euch aus dem Gewürge Draußen im Hofe, du selbst und der liederkundige Sänger; Bis ich alles im Hause vollendet, was mir gebühret. Also sprach er. Da gingen sie schnell aus dem blutigen Saale, |
380 | Nieder, und blickten umher, den Tod noch immer erwartend.
Jetzo schaute Odysseus umher im Saale, ob irgend |
385 | Aus dem bläulichen Meer ans hohle Felsengestade Im vielmaschichten Netz aufzogen; nun liegen sie, lechzend Nach den Fluten des Meers, im dürren Sande verbreitet, Und die sengende Hitze der Sonne raubet ihr Leben: Also lagen im Saale die Freier Haufen bei Haufen. |
390 | Und zu Telemachos sprach der erfindungsreiche Odysseus:
Auf, Telemachos, rufe die Pflegerin Eurykleia; Sprach's; und Telemachos eilte, wie ihm sein Vater befohlen, |
395 |
Eile geschwinde hieher, du alte redliche Mutter, Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. |
400 | Ging sie hinaus, und folgte Telemachos, welcher sie führte. Und sie fanden Odysseus, umringt von erschlagenen Leichen, Ganz mit Blut und Staube besudelt, ähnlich dem Löwen, Der, vom ermordeten Stiere gesättiget, stolz einhergeht; Seine zottichte Brust, und beide Backen des Würgers |
405 | Triefen von schwarzem Blut, und fürchterlich glühn ihm die Augen: Also war auch Odysseus an Händen und Füßen besudelt. Als sie die Toten nun sah und rings die Ströme des Blutes, Da frohlockte sie jauchzend; denn schrecklich und groß war der Anblick. Aber Odysseus hielt sie, und zähmt' ihr lautes Entzücken; |
410 | Und er redte sie an, und sprach die geflügelten Worte:
Freue dich, Mutter, im Herzen; doch halte dich, daß du nicht frohlockst! |
415 | Vornehm oder geringe, wer auch um Erbarmen sie ansprach. Darum traf die Frevler das schreckliche Todesverhängnis. Aber nenne mir jetzo die Weiber in dem Palaste, Alle, die mich verachten, und die unsträflich geblieben. Ihm antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
420 | Gerne will ich dir, Sohn, die lautere Wahrheit verkünden, Fünfzig sind der Weiber in deinem hohen Palaste, Welche wir alle die Kunst des Webestuhls und der Nadel Lehrten, und Wolle zu kämmen, und treu und fleißig zu dienen. Aber zwölfe verüben die unverschämtesten Greuel, |
425 | Und verachten mich ganz, ja selber Penelopeia. Zwar seit kurzem erwuchs Telemachos; aber die Mutter Wollte nimmer gestatten, daß er den Mägden beföhle. Jetzo geh' ich hinauf, und bringe deiner Gemahlin Botschaft; eben erquickt sie ein Gott mit lieblichem Schlummer. |
430 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Also sprach er; da ging die Pflegerin aus dem Gemache, |
435 | Aber Telemachos und die beiden trefflichen Hirten Rief er zu sich heran, und sprach die geflügelten Worte: Traget jetzo die Toten hinaus, und befehlt es den Weibern; |
440 | Aber sobald ihr alles umher im Saale geordnet, Führt die Weiber hinaus vor die schöngebauete Wohnung, Zwischen das Küchengewölb' und die feste Mauer des Hofes, Und erwürgt sie dort mit der Schärfe des Schwertes, bis aller Seelen entfliehn, und vergessen der ungebändigten Lüste, |
445 | Welche sie oft gebüßt, in geheimer Umarmung der Freier.
Also sprach er; da kamen die Weiber alle bei Haufen |
450 | Legten übereinander sie hin; es trieb sie Odysseus Hurtig zu eilen, und traurig vollendeten jene die Arbeit. Hierauf reinigten sie die zierlichen Sessel und Tische Von der Erschlagenen Blute mit angefeuchteten Schwämmen. Aber Telemachos, der Rinderhirt und der Sauhirt |
455 | Säuberten eilig mit Schaufeln des schönen gewölbeten Saales Estrich; den Unrat trugen die Mägde hinaus vor die Türe. Und nachdem sie alles umher im Saale geordnet, Führten sie jene hinaus vor die schöngebauete Wohnung Zwischen das Küchengewölb' und die feste Mauer des Hofes, |
460 | Trieben sie dort in die Enge, wo nirgends ein Weg zum Entfliehn war. Und der verständige Jüngling Telemachos sprach zu den Hirten: Wahrlich den reinen Tod des Schwertes sollen die Weiber |
465 |
Sprach's; da band er ein Seil des blaugeschnäbelten Schiffes |
470 | Müde eilten sie heim, und finden ein trauriges Lager: Also hingen sie dort mit den Häuptern nebeneinander, Alle die Schling' um den Hals, und starben des kläglichsten Todes, Zappelten noch mit den Füßen ein wenig, aber nicht lange. Jetzo holten sie auch den Ziegenhirten Melantheus; |
475 | Und sie schnitten ihm Nas' und Ohren mit grausamem Erze Ab, entrissen und warfen die blutige Scham vor die Hunde, Hauten dann Händ' und Füße vom Rumpf mit zürnendem Herzen. Und nun wuschen sie sich die Händ' und Füße, und gingen |
480 | Aber Odysseus sprach zu der Pflegerin Eurykleia:
Alte, bringe mir Feuer und fluchabwendenden Schwefel, |
485 |
Ihm antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
490 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Also sprach er. Da eilte die Pflegerin Eurykleia; |
495 |
Und die Alte stieg aus Odysseus' prächtiger Wohnung, |
500 | Küßten und drückten die Hände mit Inbrunst. Aber Odysseus Weint' und schluchzte vor Freude; sein Herz erkannte noch alle. |