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Am Morgen geht Telemachos in die Stadt. Odysseus, als Bettler, mit Eumäos nachfolgend, wird vom Ziegenhirten Melantheus gemißhandelt. Sein Hund Argos erkennt ihn. Den Bettelnden wirft Antinoos. Der Königin, die ihn zu sprechen wünscht, bestimmt er den Abend. Eumäos geht ab.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, Stand Telemachos auf, der Sohn des großen Odysseus, Band die schönen Sohlen sich unter die glänzenden Füße, Nahm dann die mächtige Lanze, die seinen Händen gerecht war, |
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5 | Hinzugehn in die Stadt, und sprach zum Hüter der Schweine:
Väterchen, ich will jetzt in die Stadt gehn, daß mich die Mutter |
10 | Führ' ihn auch zu der Stadt, den unglückseligen Fremdling, Daß er sich Nahrung bettle; ihm gebe jeder nach Willkür Etwas Brosam und Wein. Ich kann unmöglich mir aller Menschen Last aufbürden, mich drückt schon Kummer die Menge. Dünkt sich der Fremdling etwa durch diese Worte beleidigt, |
15 | Desto schlimmer für ihn; ich rede gerne die Wahrheit.
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
20 | Denn mein Alter verstattet mir nicht, auf dem Lande zu bleiben, Und die Dienste zu tun, die mir ein Schaffner geböte. Gehe denn. Dieser Mann wird mich nachfahren, sobald ich Mich am Feuer gewärmt, und die Sonne höher gestiegen. Diese Lumpen bedecken mich nur! Die Kälte des Morgens |
25 | Möchte mir schaden; ihr sagt ja, die Stadt sei ferne von hinnen.
Also sprach er. Telemachos ging aus der Pforte des Hofes, |
30 | Überschritt dann selber die steinerne Schwelle des Saales.
Ihn erblickte zuerst die Pflegerin Eurykleia, |
35 | Hießen ihn froh willkommen, und küßten ihm Schultern und Antlitz. Jetzo ging aus der Kammer die kluge Penelopeia, Artemis gleich an Gestalt und der goldenen Aphrodite; Und mit Tränen schlang sie den lieben Sohn in die Arme, Küßte sein Angesicht, und beide glänzenden Augen, |
40 | Und begann lautweinend, und sprach die geflügelten Worte:
Kommst du, Telemachos, kommst du, mein süßes Leben. Ich hoffte |
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Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
50 | Und gelobe den Göttern, vollkommene Hekatomben Darzubringen, wenn Zeus doch endlich Rache vergölte. Aber ich selber will zum Markte gehen, den Fremdling Einzuladen, der mir hieher aus der Fremde gefolgt ist. Diesen sandt' ich voran mit meinen edlen Gefährten, |
55 | Und befahl Peiräos, ihn mit nach Hause zu nehmen Und sorgfältig zu pflegen, bis ich heimkehrte vorn Lande. Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. |
60 | Darzubringen, wenn Zeus doch endlich Rache vergölte.
Aber Telemachos ging, mit seiner Lanze gerüstet, |
65 | Um ihn versammelten sich die übermütigen Freier, Die viel Gutes ihm sagten, und Böses im Herzen gedachten. Aber Telemachos mied der Heuchler dichtes Gedränge, Und ging hin zu Mentor und Antiphos und Halitherses, Welche von Anbeginn des Vaters Freunde gewesen, |
70 | Setzte bei ihnen sich nieder, und diese fragten nach allem.
Ihnen nahte sich jetzo der lanzenberühmte Peiräos, |
75 |
Eile, Telemachos, Mägde nach meinem Hause zu senden, Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
80 | Heimlich ermorden, und dann mein väterlich Erbe sich teilen; Will ich doch lieber, daß du, als ein anderer, jenes besitze. Wenn es mir aber gelingt, sie mit blutigem Tode zu strafen: Siehe dann magst du es fröhlich zum Hause des Fröhlichen bringen. Sprach's, und führte zu Hause den unglückseligen Fremdling. |
85 | Als sie jetzo erreichten die schöngebauete Wohnung Legten sie ihre Mäntel auf prächtige Sessel und Throne, Gingen und badeten sich in schöngeglätteten Wannen. Als die Mägde sie jetzo gebadet, mit Öle gesalbet, Und mit wollichtem Mantel und Leibrock hatten bekleidet; |
90 | Stiegen sie aus dem Bad', und setzten sich nieder auf Sessel. Eine Dienern trug in der schönen goldenen Kanne Über dem silbernen Becken das Wasser, beströmte zum Waschen Ihnen die Händ', und stellte vor sie die geglättete Tafel. Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, |
95 | Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. Gegenüber saß auf dem Ruhesessel die Mutter An der Schwelle des Saals, und drehte die zierliche Spindel. Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, |
100 | Da begann das Gespräch die kluge Penelopeia:
Sohn, ich muß wohl wieder in meine Kammer hinaufgehn, |
105 | Ehe der Freier Schwarm zum Freudengelage zurückkehrt, Mir zu erzählen, was du von deinem Vater gehört hast! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
110 | Freundlich empfing mich dieser in seinem hohen Palaste, Und bewirtete mich mit so geschäftiger Liebe, Als ein Vater den Sohn, der spät aus der Fremde zurückkehrt: So viel Liebe genoß ich von ihm und den trefflichen Söhnen. Doch von dem leidengeübten Odysseus hatte der König |
115 | Nicht das geringste gehört; ob er tot sei, oder noch lebe. Aber zu Atreus' Sohn Menelaos dem Lanzenberühmten Sandt' er mit Rossen mich hin und einem zierlichen Wagen: Wo ich Argos' Helena sah, um welche die Troer Und Argeier so viel, nach dem Rat der Götter, erduldet. |
120 | Und mich fragte sogleich der Rufer im Streit Menelaos, Was mich zu kommen genötigt zur göttlichen Stadt Lakedämon. Und ich erzählte darauf umständlich die ganze Geschichte. Nun antwortete mir der Held Menelaos, und sagte: O ihr Götter, ins Lager des übergewaltigen Mannes |
125 | Wollten jene sich legen, die feigen verworfenen Menschen! Aber wie wenn in dem Dickicht des starken Löwen die Hirschkuh Ihre saugenden Jungen, die neugeborenen, hinlegt, Dann auf den Bergen umher und kräuterbewachsenen Tälern Weide sucht; und jener darauf in sein Lager zurückkehrt, |
130 | Und den Zwillingen beiden ein schreckliches Ende bereitet: So wird jenen Odysseus ein schreckliches Ende bereiten. Wenn er, o Vater Zeus, Athene und Phöbos Apollon! Doch in jener Gestalt, wie er einst in der fruchtbaren Lesbos Sich mit Philomeleides zum Wetteringen emporhub, |
135 | Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier sich freuten; Wenn doch in jener Gestalt Odysseus den Freiern erschiene: Bald wär' ihr Leben gekürzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber warum du mich fragst und bittest, das will ich geradaus, Ohn' Umschweife, dir sagen, und nicht durch Lügen dich täuschen; |
140 | Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweissagt, Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen. Jener hatt' auf der Insel den jammernden Helden gesehen, In dem Hause der Nymphe Kalypso, die mit Gewalt ihn Hält; und er sehnt sich umsonst nach seiner heimischen Insel: |
145 | Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Männern, Über den weiten Rücken des Meeres ihn zu geleiten. Also verkündigte mir Menelaos der Lanzenberühmte. |
150 |
Also sprach er; ihn hörte mit inniger Rührung die Mutter. Du ehrwürdiges Weib des Laertiaden Odysseus, |
155 | Zeus von den Göttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel, Und Odysseus heiliger Herd, zu welchem ich fliehe: Daß Odysseus schon im Vaterlande verborgen Sitzet, oder geheim umherschleicht, diese Verwüstung Untersucht, und den Freiern ein schreckliches Ende bereitet. |
160 | Dieses ersah ich, sitzend im schöngebordeten Schiffe, Aus des Vogels Fluge, und sagt' es Telemachos heimlich. Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
165 | Deine Freundin, und jeder Begegnende priese dich selig!
Also besprachen diese sich jetzo untereinander, |
170 | Jetzo kam die Stunde des Mahls, und die Hirten vom Felde Brachten den täglichen Zoll des auserlesensten Mastviehs. Da sprach Medon zu ihnen, der Herold, welcher am meisten Unter den Freiern galt, und ihrer Schmäuse Genoß war: Jünglinge, da ihr euch alle mit edlen Spielen erfreuet, |
175 | Geht nun wieder ins Haus, und bereitet die köstliche Mahlzeit; Denn es ist nicht übel, zur rechten Stunde zu essen. Also sprach er; da standen sie auf, und folgten dem Herold. |
180 | Schlachteten große Schafe zum Mahl, und gemästete Ziegen, Schlachteten fette Schwein' und eine Kuh von der Weide. Und bereiteten eilig die Mahlzeit. Aber vom Landhof Eilt' Odysseus zur Stadt und der edle Hüter der Schweine. Also begann das Gespräch der männerbeherrschende Sauhirt: |
185 |
Fremdling, weil du denn doch in die Stadt zu gehen verlangest, |
190 | Auf denn, so wollen wir gehn! Die größte Hälfte des Tages Ist dahin, und die Kälte wird gegen Abend noch strenger. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
195 | Hast du auch einen Stab zurecht geschnitten, so gib ihn Mir zur Stütze; ihr sagt ja, der Weg sei rauh und gefährlich. Also sprach er, und hängt' um die Schulter den häßlichen Ranzen, |
200 | Und sie gingen. Den Hof bewachten indessen die Hunde Und die übrigen Hirten; und dieser führte den König, Der, wie ein alter Mann, und mühebeladener Bettler, Wankend am Stabe schlich, mit häßlichen Lumpen bekleidet. |