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Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder: | |
200 | Vater Zeus, erfülltest du doch mein heißes Verlangen, Daß ein Himmlischer jenen zur Heimat führte! Du solltest Sehn, was auch meine Kraft und meine Hände vermöchten! Auch Eumäos flehte zu allen unsterblichen Göttern, Daß sie dem weisen Odysseus verstatteten wiederzukehren. |
205 | Und nachdem Odysseus die Treue der Hirten geprüfet; Da antwortet' er ihnen, und sprach die freundlichen Worte: Nun ich selber bin hier! Nach vielen Todesgefahren |
210 | Wünschtet, ihr allein von den Knechten! denn keinen der andern Hört' ich flehn, daß ein Gott mir heimzukehren vergönnte! Drum vernehmet auch ihr, was euch zum Lohne bestimmt ist: Wenn mir Gott die Vertilgung der stolzen Freier gewähret; Dann will ich jedem ein Weib und Güter zum Eigentum geben, |
215 | Jedem nahe bei mir ein Haus erbauen, und künftig Beide wie Freund' und Brüder von meinem Telemachos achten. Aber daß ihr mir glaubt, und mich für Odysseus erkennet; Kommt und betrachtet hier ein entscheidendes Zeichen, die Narbe, Die ein Eber mir einst mit weißem Zahne gehauen, |
220 | Als ich auf dem Parnaß mit den Söhnen Autolykos' jagte.
Also sprach er, und zog von der großen Narbe die Lumpen. |
225 | Auch Odysseus küßte den Hirten Antlitz und Hände. Über der Klage wäre die Sonne niedergesunken, Hätt' Odysseus sie nicht mit diesen Worten geendet: Hemmt anitzo die Tränen und euren Jammer: daß niemand |
230 | Geht nun einzeln wieder hinein, nicht alle mit einmal: Ich zuerst, dann ihr! Die Abred' aber sei diese: Nimmer wird es die Schar der übermütigen Freier Billigen, daß mir der Bogen und Köcher werde gegeben; Aber gehe nur dreist mit dem Bogen, edler Eumäos, |
235 | Durch den Saal, und reiche mir ihn. Auch sage den Weibern, Daß sie die festen Türen des Hinterhauses verriegeln; Und wenn eine vielleicht ein Röcheln oder Gepolter Drinnen im Saale der Männer vernimmt, daß keine herausgeh, Sondern geruhig sitze bei ihrer beschiedenen Arbeit. |
240 | Edler Philötios, dir vertrau ich die Pforte des Hofes, Sie mit dem Riegel zu schließen, und fest mit dem Seile zu binden. Also sprach er, und ging in die schöngebauete Wohnung; |
245 | Und Eurymachos wandte nunmehr in den Händen den Bogen, Hin und wieder ihn wärmend im Glanze des Feuers, und dennoch Konnt' er die Senne nicht spannen. Ein tiefaufatmender Seufzer Schwellte sein stolzes Herz, und zürnend sprach er die Worte: Götter, wie kränkt mich der Schmerz, um mich selber und um die andern'. |
250 | Wegen der Hochzeit nicht, wiewohl mich auch diese bekümmert; Denn es sind ja noch andre Achaierinnen die Menge, Hier in Ithaka selbst, und auch in anderen Städten: Sondern weil unsere Kraft vor des göttergleichen Odysseus Stärke so ganz verschwindet, daß seinen Bogen nicht einer |
255 | Spannen kann! Hohnlachend wird selbst der Enkel es hören!
Aber Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: |
260 | Ruhig nieder! Allein die Äxte können wir immer Stehen lassen; denn schwerlich wird jemand, sie zu entwenden, Kommen in den Palast des Laertiaden Odysseus. Auf! es fülle von neuem der Schenk mit Weine die Becher, Daß wir opfern, und dann hinlegen des Königes Bogen, |
265 | Aber morgen befehlt dem Ziegenhirten Melantheus, Uns die trefflichsten Ziegen der ganzen Herde zu bringen. Seht, dann opfern wir erst dem bogenberühmten Apollon, Und versuchen den Bogen, und endigen hurtig den Wettkampf. Also sprach er, und allen gefiel Antinoos' Rede. |
270 | Herolde gossen ihnen das Wasser über die Hände, Jünglinge füllten die Kelche bis oben mit dem Getränke, Und verteilten von neuem, sich rechtshin wendend, die Becher; Als sie des Trankes geopfert, und nach Verlangen getrunken, Sprach zu ihnen mit List der erfindungsreiche Odysseus: |
275 |
Hört mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, |
280 | Morgen wird Gott, wem er will, die Kraft des Sieges verleihen. Aber wohlan! gebt mir den geglätteten Bogen, damit ich Meiner Hände Gewalt vor euch versuche: ob jetzt noch Kraft in den Nerven ist, wie sie ehmals die Glieder belebte; Oder ob sie das Wandern und langes Elend vertilgt hat! |
285 |
Also sprach er, und rings entbrannten von Zorne die Freier, Ha! du elender Fremdling, es fehlt dir ganz an Verstande! |
290 | Ruhig schmausest? daß dir dein Teil von allem gereicht wird? Und daß du die Gespräch' und Reden der Männer behorchest, Die kein anderer Fremdling und lumpichter Bettler behorchet? Wahrlich, der süße Wein betört dich, welcher auch andern Schadet, wenn man ihn gierig verschlingt, nicht mäßig genießet: |
295 | Selbst der berühmte Kentaur Eurytion tobte vor Unsinn, Von dem Weine berauscht, in des edlen Peirithoos' Hause, Denn er kam auf das Fest der Lapithen; aber vom Weine Rasend, begann er im Hause Peirithoos' schändliche Greuel. Zürnend sprangen die Helden empor, und über den Vorsaal |
300 | Schleppten sie ihn hinaus, und schnitten mit grausamem Erze Nas' und Ohren ihm ab; und so in voller Betäubung Wankte der Trunkenbold heim, und trug die Strafe des Unsinns. Hierauf folgte der blutige Krieg der Kentauren und Männer; Aber vor allen traf das Verderben den Säufer des Weines. |
305 | Also verkünd' ich auch dir dein Unglück, wenn du den Bogen Spannest: Du sollst nicht mehr Almosen in unserem Volke Sammeln; wir senden dich gleich im schwarzen Schiffe zum König Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes, Dem du gewiß nicht lebend entrinnst! Drum sitze geruhig, |
310 | Trink, und begehre nicht mit jüngeren Männern den Wettkampf!
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
315 | Spannt, so wie er den Händen und seiner Stärke vertrauet, Daß er mich dann heimführe, und zur Gemahlin bekomme? Schwerlich heget er selbst im Herzen solche Gedanken! Und auch keinen von euch bekümmere diese Vermutung Unter den Freuden des Mahls! Unmöglich ist es, unmöglich! |
320 |
Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: |
325 | Weichliche Männer werben um jenes gewaltigen Mannes Gattin; denn keiner vermag den glatten Bogen zu spannen: Aber ein andrer kam, ein armer irrender Fremdling, Spannte den Bogen leicht, und schnellte den Pfeil durch die Äxte! Also sprächen sie dann, und es wär' uns ewige Schande! |
330 |
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
335 | Und er stammt, wie er sagt, aus einem edlen Geschlechte. Aber wohlan! gebt ihm den schöngeglätteten Bogen! Denn ich verkündige jetzt, und das wird wahrlich erfüllet: Spannt der Fremdling den Bogen, und schenkt Apollon ihm Ehre; Will ich mit schönen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden, |
340 | Einen Speer ihm verehren, den Schrecken der Menschen und Hunde, Ein zweischneidiges Schwert, und Sohlen unter die Füße, Und ihn senden, wohin es seinem Herzen gelüstet. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
345 | Macht, als ich: wem ich will, ihn zu geben oder zu weigern; Keiner von allen, die hier in der felsichten Ithaka herrschen, Oder die nahe wohnen der rosseweidenden Elis! Keiner von allen soll mit Gewalt mich hindern; und wollt' ich Diesen Bogen dem Fremdling auch ganz zum Eigentum schenken! |
350 | Aber gehe nun heim, besorge deine Geschäfte, Spindel und Webestuhl, und treib an beschiedener Arbeit Die Mägde zum Fleiß! Der Bogen gebühret den Männern, Und vor allen mir; denn mein ist die Herrschaft im Hause! Staunend kehrte die Mutter zurück in ihre Gemächer, |
355 | Und erwog im Herzen die kluge Rede des Sohnes. Als sie nun oben kam mit den Jungfraun, weinte sie wieder Ihren trauten Gemahl Odysseus, bis ihr Athene Sanft mit süßem Schlummer die Augenlider bedeckte. Jetzo nahm er den Bogen und ging, der treffliche Sauhirt; |
360 | Aber die Freier fuhren ihn alle mit lautem Geschrei an. Unter dem Schwarme begann ein übermütiger Jüngling: Halt! wohin mit dem Bogen, du niederträchtiger Sauhirt? |
365 | Wenn Apollon uns hilft und die andern unsterblichen Götter!
Also rufte der Schwarm; und der Tragende legte den Bogen Du! bring weiter den Bogen! Du sollst mir, nicht allen, gehorchen |
370 | Oder ich jage dich gleich mit geworfenen Steinen zu Felde, Ob ich gleich jünger bin; an Kräften bin ich doch stärker! Überträf ich so sehr, wie dich, an Stärke des Armes, Alle Freier, so viel in diesen Wohnungen schalten; O bald taumelte mancher, von mir sehr übel bewirtet, |
375 | Heim aus unserm Palast! Denn alle treiben nur Unfug!
Also sprach er; und alle begannen herzlich zu lachen |
380 | Rief die Pflegerin dann aus ihrer Kammer, und sagte:
Höre, Telemachos will, verständige Eurykleia, |
385 | Sondern geruhig sitze bei ihrer beschiedenen Arbeit.
Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. Aber Philötios sprang stillschweigend aus dem Palaste, |
390 | Unter der Halle lag ein Seil aus dem Baste des Byblos Vom gleichrudrichten Schiffe, mit diesem band er die Flügel; Ging, und setzte sich wieder auf seinen verlassenen Sessel, Nach Odysseus blickend. Doch dieser bewegte den Bogen Hin und her in der Hand, auf allen Seiten versuchend, |
395 | Ob auch die Würmer das Horn seit zwanzig Jahren zerfressen. Und es wandte sich einer zu seinem Nachbar, und sagte: Traun! das ist ein schlauer und listiger Kenner des Bogens! |
400 | Ihn in den Händen herum, der landdurchstreichende Gaudieb!
Und von neuem begann ein übermütiger Jüngling: Also sprachen die Freier. Allein der weise Odysseus, |
405 | Als er den großen Bogen geprüft und ringsum betrachtet: So wie ein Mann, erfahren im Lautenspiel und Gesange, Leicht mit dem neuen Wirbel die klingende Saite spannet, Knüpfend an beiden Enden den schöngesponnenen Schafdarm: So nachlässig spannte den großen Bogen Odysseus. |
410 | Und mit der rechten Hand versucht' er die Senne des Bogen; Lieblich tönte die Senne, und hell wie die Stimme der Schwalbe. Schrecken ergriff die Freier, und aller Antlitz erblaßte. Und Zeus donnerte laut, und sandte sein Zeichen vom Himmel: Freudig vernahm das Wunder der herrliche Dulder Odysseus, |
415 | Welches ihm sandte der Sohn des unerforschlichen Kronos. Und er nahm den gefiederten Pfeil, der bloß auf dem Tische Vor ihm lag, indes im hohlen Köcher die andern Ruheten, welche nun bald die Achaier sollten versuchen. Diesen faßt' er zugleich mit dem Griffe des Bogens; dann zog er, |
420 | Sitzend auf seinem Stuhle, die Senn' und die Kerbe des Pfeils an, Zielte dann, schnellte den Pfeil, und verfehlete keine der Äxte; Von dem vordersten Öhre bis durch das letzte von allen Stürmte das ehrne Geschoß. Er sprach zu Telemachos jetzo: Nun, Telemachos, siehst du, ob dir der Fremdling im Hause |
425 | Schande bringt! Ich traf das Ziel, und spannte den Bogen Ohne langes Bemühn! Noch hab' ich Stärke der Jugend, Und bin nicht so verächtlich, wie jene Freier mich schimpfen! Aber es ist nun Zeit, den Abendschmaus zu besorgen, Noch bei Tage! Nachher erfreue die scherzenden Männer |
430 | Saitenspiel und Gesang, die liebliche Zierde des Mahles!
Sprach's, und winkte mit Augen. Da warf Telemachos eilend |