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Die Seelen der Freier finden in der Unterwelt den Achilleus mit Agamemnon sich unterredend: jener, der ruhmvoll vor Troja starb, sei glücklich vor diesem, der heimkehrend ermordet ward. Agamemnon, dem Amphimedon das Geschehene nach seiner Vorstellung erzählt, preiset die Glückseligkeit des siegreich heimkehrenden Odysseus. Dieser indes entdeckt sich dem Vater Laertes mit schonender Vorsicht, und wird beim Mahle von Dolios und dessen Söhnen erkannt. Eupeithes, des Antinoos' Vater, erregt einen Aufruhr, der nach kurzem Kampfe durch Athene gestillt wird.
Aber Hermes, der Gott von Kyllene, nahte sich jetzo, Rief den Seelen der Freier, und hielt in der Rechten den schönen Goldenen Herrscherstab, womit er die Augen der Menschen Zuschließt, welcher er will, und wieder vorn Schlummer erwecket: |
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5 | Hiermit scheucht' er sie fort, und schwirrend folgten die Seelen. So wie die Fledermäus' im Winkel der graulichen Höhle Schwirrend flattern, wenn eine des angeklammerten Schwarmes Nieder vom Felsen sinkt, und drauf aneinander sich hangen: Also schwirrten die Seelen, und folgten in drängendem Zuge |
10 | Hermes, dem Retter in Not, durch dumpfe schimmlichte Pfade. Und sie gingen des Oceans Flut, den leukadischen Felsen, Gingen das Sonnentor, und das Land der Träume vorüber, Und erreichten nun bald die graue Asphodeloswiese, Wo die Seelen wohnen, die Luftgebilde der Toten. |
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Und sie fanden die Seele des Peleiden Achilleus, |
20 | Eben kam auch die Seele von Atreus' Sohn Agamemnon Traurend daher, umringt von anderen Seelen, die mit ihm, In Ägisthos Palaste, das Ziel des Todes erreichten. Zu den Kommenden sprach die Seele des Peleionen: Atreus' Sohn, wir dachten, der donnerfrohe Kronion |
25 | Hätte dich unter den Helden auf immer zum Liebling erkoren; Weil du das große Heer der tapfersten Sieger beherrschtest, In dem troischen Lande, wo Not uns Achaier umdrängte. Aber es mußte auch dich sobald des Todes Verhängnis Treffen, welchem kein Mensch, vom Weibe geboren, entfliehet. |
30 | Hättest du doch, umringt von den glänzenden Ehren der Herrschaft, Dort im Lande der Troer, das Ziel des Todes erreichet! Denn ein Denkmal hätte der Griechen Volk dir errichtet, Und so wäre zugleich dein Sohn bei den Enkeln verherrlicht. Aber es war dein Los, des traurigsten Todes zu sterben! |
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Ihm antwortete drauf die Seele des großen Atreiden: |
40 | Groß, weithingestreckt, ausruhend vom Wagengetümmel! Aber wir kämpften den ganzen Tag, und kämpften noch immer Brennend vor Wut, bis Zeus durch Sturm und Wetter uns trennte. Jetzo trugen wir dich aus der Schlacht zu unseren Schiffen, Wuschen den schönen Leib mit lauem Wasser, und legten |
45 | Ihn mit Balsam gesalbt auf prächtige Betten; und ringsum Weinten und jammerten laut die Achaier, und schoren ihr Haupthaar. Auch die Mutter entstieg mit den heiligen Nymphen dem Meere, Als sie die Botschaft vernahm; von lautwehklagenden Stimmen Hallte die Flut: und Entsetzen ergriff das Heer der Achaier. |
50 | Zitternd wären sie schnell zu den hohlen Schiffen geflohen; Aber es hielt sie der Mann von alter und großer Erfahrung, Nestor, dessen Rat wir auch ehmals immer bewundert; Dieser erhub im Heere die Stimme der Weisheit, und sagte: Haltet ein, Argeier, und flieht nicht, Söhne Achaias! |
55 | Dies ist seine Mutter mit ihren unsterblichen Nymphen, Welche dem Meer entsteigt, den toten Sohn zu bejammern! Also sprach er, und hemmte die Flucht der edlen Achaier. |
60 | Gegeneinander sangen mit schöner Stimme die Musen Alle neun, und weinten: da siehe man keinen Argeier Tränenlos; so rührten der Göttinnen helle Gesänge. Siebzehn Tag' und Nächte beweinten wir unaufhörlich Deinen Tod, der Unsterblichen Chor und die sterblichen Menschen. |
65 | Am achtzehnten verbrannten wir dich, und schlachteten ringsum Viele gemästete Schaf' und krummgehörnete Rinder. Aber du lagst umhüllt mit Göttergewanden, und um dich Standen Gefäße mit Öl und süßem Honig; und viele Helden Achaias rannten gerüstet, zu Fuß und zu Wagen, |
70 | Rings um das lodernde Feuer; es stieg ein lautes Getös auf. Als dich Hephästos' Flamme verzehrt; da gossen wir morgens Lauteren Wein in die Asche, und sammelten, edler Achilleus, Deine weißen Gebeine, mit zwiefachem Fette bedeckend. Aber die Mutter brachte die goldne gehenkelte Urne, |
75 | Dionysos' Geschenk, und ein Werk des berühmten Hephästos. Hierin ruht dein weißes Gebein, ruhmvoller Achilleus, Mit dem Gebeine vermischt des Menötiaden Patroklos, Und gesondert die Asche Antilochos', den du vor allen Anderen Freunden ehrtest, nach deinem geliebten Patroklos. |
80 | Und das heilige Heer der sieggewohnten Achaier Häufte darüber ein großes und weitbewundertes Denkmal Auf der Spitze des Landes am breiten Hellespontos, Daß es fern im Meere vorüberschiffende Männer Sähen, die jetzo leben, und spät in kommenden Jahren. |
85 | Aber die Mutter bracht' auf den Kampfplatz köstliche Preise, Von den Göttern erfleht, für die Tapfersten aller Achaier. Schon bei vieler Helden Begräbnis warst du zugegen, Sahst die Jünglinge oft am Ehrenhügel des Königs Zum Wettkampfe sich gürten um manches schimmernde Kleinod; |
90 | Dennoch hättest du dort mit tiefem Erstaunen betrachtet, Welche köstliche Preise die silberfüßige Thetis Dir zu Ehren gesetzt: denn du warst ein Liebling der Götter! Also erlosch auch im Tode nicht dein Gedächtnis, und ewig Glänzet bei allen Menschen dein großer Namen, Achilleus. |
95 | Aber was frommte mir des rühmlichen Krieges Vollendung? Selbst bei der Heimkehr weihte mich Zeus dem schrecklichsten Tode Unter Ägisthos' Hand und der Hand des heillosen Weibes. Also besprachen sich diese jetzo untereinander, |
100 | Und ihm folgte zur Tiefe die Schar der erschlagenen Freier. Voll Verwunderung gingen die Könige ihnen entgegen. Und der hohe Schatten von Atreus' Sohn Agamemnon Kannte des Melaniden, des tapfern Amphimedons Seele, Welcher sein Gastfreund war in Ithakas felsichtem Eiland. |
105 | Zu dem Kommenden sprach die Seele des großen Atreiden:
Was, Amphimedon, führt euch ins unterirdische Dunkel? |
110 | Da er den wilden Orkan und die steigenden Wogen empörte? Oder ermordeten euch auf dem Lande feindliche Männer, Als ihr die schönen Herden der Rinder und Schafe hinwegtriebt, Oder indem sie die Stadt und ihre Weiber verfochten? Lieber, sage mir dies; ich war ja im Leben dein Gastfreund. |
115 | Weißt du nicht mehr, wie ihr mich in eurem Hause bewirtet, Als ich Odysseus ermahnte, dem göttlichen Menelaos Mit gen Troja zu folgen in schöngebordeten Schiffen? Erst nach einem Monat entschifften wir eurem Gestade, Und beredeten kaum den Städteverwüster Odysseus. |
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Also sprach er; ihm gab Amphinomos' Seele zur Antwort: |
125 | Nimmer versagte sie uns, und vollendete nimmer die Hochzeit, Heimlich uns allen den Tod und das schwarze Verhängnis bereitend. Unter anderen Listen ersann sie endlich auch diese. Trüglich zettelte sie in ihrer Kammer ein feines Übergroßes Geweb', und sprach zu unsrer Versammlung: |
130 | Jünglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Odysseus! Dringt auf meine Vermählung nicht eher, bis ich den Mantel Fertig gewirkt, (damit nicht umsonst das Garn mir verderbe!) Welcher dem Helden Laertes zum Leichengewande bestimmt ist, Wenn ihn die finstre Stunde mit Todesschlummer umschattet: |
135 | Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle, Läg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherrschte. Also sprach sie mit List, und bewegte die Herzen der Edlen. Und nun webete sie des Tages am großen Gewebe, Aber des Nachts, dann trennte sie's auf, beim Scheine der Fackeln. |
140 | Also täuschte sie uns drei Jahr' und betrog die Achaier. Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam, Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; Da verkündet' uns eine der Weiber das schlaue Geheimnis, Und wir fanden sie selbst bei der Trennung des schönen Gewebes. |
145 | Also mußte sie's nun, auch wider Willen, vollenden. Als sie den großen Mantel gewirkt und sauber gewaschen, Und er hell, wie die Sonn' und der Mond, entgegen uns glänzte; Siehe da führte mit einmal ein böser Dämon Odysseus Draußen zum Meierhof, den der Schweine Hüter bewohnte. |
150 | Dorthin kam auch der Sohn des göttergleichen Odysseus, Der von der sandigen Pylos im schwarzen Schiffe zurückfuhr. Diese bereiteten sich zum schrecklichen Morde der Freier, Gingen dann in die prächtige Stadt: der edle Odysseus War der letzte, sein Sohn Telemachos kam zuerst an. |
155 | Aber der Sauhirt führte den schlechtgekleideten König, Der, wie ein alter Mann und mühebeladener Bettler, Wankend am Stabe schlich, mit häßlichen Lumpen bekleidet. Keiner konnte von uns den plötzlich erscheinenden Fremdling Für Odysseus erkennen, auch selbst von den Ältesten keiner; |
160 | Sondern alle verspotteten wir und warfen den Fremdling. Und Odysseus ertrug zuerst in seinem Palaste Unsre kränkenden Reden und Würfe mit duldender Seele. Aber als ihn der Geist des Donnergottes erweckte, Nahm er mit seinem Sohn aus dem Saale die zierliche Rüstung, |
165 | Trug sie hinauf in den Söller, und schloß die Pforte mit Riegeln; Ging dann hin, und befahl arglistig seiner Gemahlin, Uns den Bogen zu bringen und blinkende Eisen, zum Wettkampf Uns unglücklichen Freiern, und zum Beginne des Mordens. Aber es konnte von uns nicht einer des mächtigen Bogens |
170 | Senne spannen; zu sehr gebrach es allen an Stärke. Doch wie der Sauhirt jetzo den großen Bogen Odysseus Brachte; da zürnten wir alle, und schalten mit drohenden Worten, Daß er den Bogen ihm nicht darreichte, was er auch sagte; Aber Telemachos rief, und befahl ihm, weiter zu gehen. |
175 | Und nun nahm er den Bogen, der herrliche Dulder Odysseus, Spannt' ihn ohne Bemühn, und schnellte den Pfeil durch die Äxte, Sprang auf die Schwelle, die Pfeile dem Köcher entschüttend, und blickte Drohend umher, und schoß; und Antinoos stürzte zu Boden. Und nun flog auf die andere des scharf hinzielenden Königs |
180 | Schreckliches Todesgeschoß; und Haufen sanken bei Haufen. Und man erkannte leicht, daß ihnen ein Himmlischer beistand. Denn bald stürzten sie wütend sich unter den Haufen, und würgten Links und rechts durch den Saal: mit dem Krachen zerschlagener Schädel Tönte das Jammergeschrei, und Blut floß über den Boden. |
185 | Also kamen wir um, Agamemnon, und unsere Leiber Liegen noch unbestattet im Hause des edlen Odysseus. Denn noch wissen es nicht die Freund' in unseren Häusern, Daß sie das schwarze Blut aus den Wunden waschen, und klagend Unsere Bahr' umringen: die letzte Ehre der Toten! |