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Der junge König rief: »Ihr Meister im Gesange,
Laßt ab von Leid und Tod, mit lautem Jubelklange
Erhebt der Freude Lob. Die Schmerzen, die Euch drücken,
Verwebt dem Liede nicht; die Kunst, sie muß beglücken!«
Dem Herrscher zu Gebot ist schnell die Schaar der Schranzen,
Von Jubelliedern tönt's, darnach man könnte tanzen.
Nur Einem sinkt die Hand, dem graugelockten Greise,
Und schleichen will er fort aus dem bethörten Kreise.
Wohin? Der König fragt: »Mißfällt Dir mein Verlangen?
Bist Du des Grabes Freund mit Deinen bleichen Wangen
Und hast der blüh'nden Welt kein Lustwort mehr zu geben,
So endiget verstummt und liederlos Dein Leben.«
Da hemmt der Sängergreis voll Wehmuth seine Schritte:
»Du jugendlicher Held in Deines Glanzes Mitte,
Taugt Dir auch heute nicht ein Körnlein nur von Sorgen,
Sie drücken doch vielleicht als Bergeslast Dich morgen.
Dann wirst Du dürstend glüh'n nach einem milden Worte,
Das Dir erschließen soll die heiße Thränenpforte.
Das lustberauschte Lied, es wird Dich schmerzlich höhnen,
Vergebens suchst Du Trost in Korybantentönen.«
Er geht; auf's Neue dröhnt von frohem Jubelschalle,
Bacchantisch aufgeregt, die goldgeschmückte Halle.
Nach Hofes Modeart gewohnt sich einzurichten,
Verändert auch das Volk sein Singen und sein Dichten.
Der ersten Weisheit Schatz, in Liedern aufgespeichert,
Macht Platz dem leichten Sinn, der sich an Macht bereichert.
Man preist nicht Lenzespracht, nicht Liebeslust alleine,
Man huldigt taumelhaft dem Rausche und dem Weine.
Ein tolles Schelmenlied aus eines Höflings Munde,
Von allen Lippen macht im Lande es die Runde;
Vom Ritter bis zum Knecht, einheimisch jeder Kehle,
Klingt's aus der Hütte so wie aus der Flucht der Säle:
»Gepriesen sei das Glück – es lacht auf allen Wegen,
Im Frauenaug', im Wein – es kommt von selbst entgegen;
Es hält mit jeder Hand die Lust in vollen Krügen –
Ein Narr, der es nicht faßt und trinkt in raschen Zügen.«
Dem König ist das Lied besonders zu Gefallen,
Er hat auch guten Grund, zu freuen sich vor Allen.
Reich ist und groß sein Land wie keins der Nachbarreiche,
Ihm Stütze gibt ein Freund wie schwankem Reis die Eiche.
Doch herrlich wie im Schmuck der Perle sanfter Schimmer
Den übrigen Zierat beschämt, so gibt es nimmer
Von seinen Gütern eins, das er so hoch verehrte
Als sein vielliebes Weib, das einst so heiß begehrte.
Drum preist er auch das Glück, ihm lacht's auf allen Wegen,
Er hat es nicht erkämpft, ihm kam's von selbst entgegen.
Wie kann er an den Schmerz, an Leid und Kummer denken,
Er, dem die Götter gern im Traume Alles schenken.
Doch, schlingt zur Kette sich ein Heer von schönen Tagen,
Der Sturm zerreißt sie leicht und graue Wolken jagen.
Nicht Irdischem beschert ist unverrückte Dauer,
Und auf des Glückes Glanz folgt rasch die Nacht der Trauer.
Urplötzlich braust's heran von dichten Feindesschaaren,
Geeint zum Angriff sind, die einzeln machtlos waren.
So scharf des Königs Schwert, gewinnt's doch keine Schlachten,
Vom leichten Sinn verderbt ist seiner Feldherrn Trachten.
Daß Unglück Freundschaft tilgt, ihm schafft es bitt're Reue;
Auf den er fest gebaut, der Freund bricht ihm die Treue.
Vom eigenen Gemahl zum Schlusse noch verrathen
Taugt ihm die Flucht allein trotz aller Heldenthaten.
Im Bettlerkleide muß er sich in Wäldern bergen,
Weil auf der Ferse ihm zuletzt der Feinde Schergen.
Schon wankt und bricht das Knie, da ist ein Haus zur Stelle,
Zu Tode müd und matt sinkt hin er an der Schwelle.
Noch eh' sein Pochen ihm erschließt die sich're Pforte,
Rührt an sein Ohr ein Lied; ihn höhnen schwer die Worte:
»Gepriesen sei das Glück, es lacht auf allen Wegen,
Ein Narr, der es nicht faßt, kommt es ihm selbst entgegen.
Es hält mit jeder Hand die Lust in vollen Krügen –«
Da schreit der König auf: »Nein, nein, Du kannst nicht lügen!
Im Dienst der Wahrheit grau geworden ist Dein Scheitel,
O preise nicht das Glück, das ungetreu und eitel.
Die Weisheit wollte einst ich junger Thor verpönen,
Statt Dich, der Du sie sprachst, mit Dichterlohn zu krönen.
Das Schicksal kam und riß vom Auge mir die Binde:
Was ist das Glück? Nicht mehr als Hauch und Rauch im Winde.«