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II

Der Nebel lag dicht über der Stadt. Der Rathausplatz ertrank in einem Halbdunkel, in dem die Kuppeln der Glühlichter wie schwelende Lampen erschienen. Durch den Nebel hinab senkten sich die feierlichen Kirchenliedstöne der Rathausuhr. Ihr erleuchtetes Zifferblatt schien dort oben frei in der Luft zu schweben wie ein bleicher Mond. In den engen Straßen der Verkehrsgegend, wo die großen Läden einen künstlichen Tag schufen, herrschte Gedränge auf den Bürgersteigen. Es war zu einer jener Abendstunden, in denen der Strom hineinfließt zu den Theatern, den Konzertsälen und der abendlichen Geselligkeit. Die schweren Omnibuspferde dampften. Die Automobile glitten tutend dahin mit geputzten, fröhlichen Menschen.

Auf dem Kongens Nytorv wurde man wieder von der Finsternis in Empfang genommen. Die Laternen an den Wagen spiegelten sich in dem nassen Straßenpflaster auf der Fahrt nach dem Theater, unter dessen erhellter Loggia ein Gewimmel herrschte wie vor dem Ausflugloch eines Bienenkorbes.

An der Ecke der Bredgade gingen zwei Herren grüßend aneinander vorüber. Der eine blieb stehen, und es wurde ein Händedruck gewechselt. Dann gingen sie in leiser Unterhaltung langsam die Bredgade hinauf. Jedesmal, wenn auf demselben Bürgersteig jemand ihnen entgegenkam, dämpften sie ihre Stimmen noch mehr oder schwiegen ganz, während der Betreffende an ihnen vorüberging.

Der eine der Herren war ein großer, wohlbeleibter Mann mit glattrasiertem Gesicht, um die Fünfzig. Die meisten Leute kannten ihn offenbar. Man wandte sich nach ihm um, und viele grüßten ehrerbietig.

Vor dem erleuchteten Reichstagsgebäude, wo eine Abendsitzung abgehalten wurde, verabschiedeten die beiden Herren sich voneinander, und der größere verschwand durch das Tor. Der Schutzmann am Eingang und die Boten auf den Gängen standen stramm. Es war Tyrstrup, der Ministerpräsident, dem Enslev vor ein paar Jahren während einer Krankheitsperiode das Zepter der Volksleitung übergeben hatte.

Als er in den Folkethingsaal hineinkam, hatte die Verhandlung eben begonnen. Auf der Rednertribüne stand ein älterer Bauer und sprach vor einem Dutzend Menschen. Es war die achtzehnte Sitzung der Finanzgesetzbehandlung, und die Ernte war längst gedroschen. Die Zuhörerbänke oben auf der Galerie waren dahingegen alle dicht besetzt. Die Unruhe innerhalb der Regierungspartei, der journalistische Kleinkrieg, der beständig in den Zeitungen der Partei als Nachwehen der großen Wahlkämpfe geführt wurde, hielt die Erwartung auf sensationelle Debatten bei dem Volke wach. Bisher war man jedoch enttäuscht worden. Enslev hatte sich noch gar nicht im Thing blicken lassen. In den Zeitungen hieß es, er sei leidend. Ein paarmal war die Stadt sogar durch falsche Gerüchte über seinen Tod aufgeschreckt worden.

Während der letzten Tage war der Zustrom auf Grund eines bevorstehenden Ministerwechsels besonders groß gewesen. Der Kultusminister, ein ehemaliger Rechtsanwalt aus der Provinz, hatte sich zurückziehen müssen, offiziell aus Gesundheitsrücksichten, in Wirklichkeit aber von dem Minister zum Abgang gezwungen infolge einer Reihe von ungebührlichen Amtsbesetzungen. Die Frage, wer sein Nachfolger werden würde, erfüllte die Gemüter mit Spannung. Es sollte sich jetzt zeigen, ob sich Tyrstrup darauf beschränken würde, die Verwaltung von den Enslevschen Hinterlassenschaften zu reinigen, oder ob er trotz des zweifelhaften Ergebnisses der Wahl den Mut zu einem offenen Bruch mit seinem alten Führer besaß.

Nach und nach füllte sich das Thing. Während der alte Bauer fortfuhr, über eine jütische Kleinbahn zu reden, wurde die Unterhaltung ringsumher im Saale so lebhaft, daß der Präsident wieder und wieder zu seiner Glocke greifen mußte.

An der einen Wand entlang ging ein großer, fahler Mann unruhig auf und weder, wie ein eingesperrtes Tier. Er hielt die Hände hinter sich auf dem Rücken und rieb gewohnheitsmäßig die Fingerspitzen der Rechten gegeneinander. Es war Gjärup.

Dieser Mann gehörte unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht zu den Vordergrundfiguren des Things, aber sein Name kam regelmäßig in Umlauf, wenn der mordende Engel über dem Saal schwebte und die Luft mit Gerückten über Verschwörungen und Überfälle aus dem Hinterhalt erfüllte. Er war eines der ältesten Mitglieder und war Enslevs Jugendfreund gewesen, gehörte jetzt aber zu seinen unversöhnlichsten Feinden innerhalb der Partei.

Auf einem Platz in der innersten der halbkreisförmigen Tischreihen des Saales saß ein anderer von den Veteranen der Partei, Rektor Bohse, eine kleine, untersetzte Gestalt mit einer silbergrauen Mähne, die ihm auf die Schultern herabfiel. Der alte Schulmann stellte sich jeden Tag auf den Glockenschlag ein, und während die Mehrzahl der übrigen Abgeordneten im Saal umherschlenderten, die Hände in den Hosentaschen, und selten vergaßen, daß sie vor aufgezogenem Vorhang auftraten, rührte er sich während der ganzen Sitzung nicht von seinem Platz, sondern saß, die Hand unter der Wange, da und richtete seine feurigen, dunkeln Augen unverwandt auf den Redner.

Gegen einen Pfeiler des Saales gelehnt, stand ein schlanker, rotblonder Mann in einem stramm sitzenden, langschößigen Rock mit stark ausgepolsterten Schultern. Es war der Hochschulvorsteher Alexandersen, einer der neugewählten Abgeordneten, die ausdrücklich in den Thing geschickt waren, um Enslevs Einfluß zu bekämpfen. Der junge Mann stand, die Arme über die Brust gekreuzt, da wie ein Bild charakterfester Männlichkeit und warf ungefähr jede dritte Minute verstohlene Blicke nach der Damenloge hinauf.

Tyrstrup hatte am Ministertisch Platz genommen, wo er saß und in einigen Papieren blätterte.

Ein Reichstagsdiener näherte sich und überreichte ihm eine Visitenkarte. Als er den Namen gelesen hatte, saß er einen Augenblick mit verdrießlicher Miene da und strich sich über die glattrasierten Wangen. Dann erteilte er dem Diener einen Befehl.

Einige Minuten später erhob er sich und ging die Treppe hinauf nach den Ministerzimmern.

Gjärup, der auf seiner Pantherwanderung einen Schimmer von allem erfaßte, was sich ringsumher im Saale zutrug, näherte sich sofort nach Tyrstrups Fortgang dem Ministertisch. Er blieb in einiger Entfernung davon stehen und schielte unter den Brillengläsern auf die Visitenkarte hinab. Als es ihm endlich gelungen war, den Namen zu lesen, kehrte er mit einem mißvergnügten Ausdruck zurück, und die Fingerspitzen seiner Rechten rieben sich in erhöhtem Tempo gegeneinander.

Im Hintergrund des Saales saß ein älterer Abgeordneter und schrieb. Er war der im ganzen Lande bekannte Bauer Jörgen Höjbo, eines der einflußreichsten Mitglieder des Things. Gjärup beugte sich zu ihm hinab und flüsterte ihm ein Wort ins Ohr. Darauf begaben sie sich zu einer Besprechung in eine der Fensternischen.

Währenddessen hatte Tyrstrup einen kleinen, schwarzbärtigen Herrn mit goldenem Kneifer in sein Empfangszimmer geführt. Es war Zaun.

»Ich störe doch nicht?« fragte der kleine Direktor, indem er mit einem schiefen Lächeln die eine Seite seines Löwengebisses entblößte.

»Einen Augenblick habe ich Zeit. Nehmen Sie nur Platz. Aber lassen Sie mich Ihnen gleich sagen, daß, falls Sie gekommen sind, um über die Ministerernennung zu sprechen, vermag ich Ihnen nicht zu antworten. Es ist dies ein Thema, über das ich nicht mit Ihnen verhandeln kann.«

Herr Zaun, der sich auf den Rand eines Stuhles gesetzt hatte, sah ganz verzagt in seinen Hut.

»Allerdings bin ich in dieser Veranlassung gekommen.« Es entstand eine Pause.

»Wollen Sie mir ganz offen sagen, Zaun – kommen Sie in Enslevs Auftrag? Ich meine: als sein Abgesandter?«

»Nein.«

»Sie haben mich hier also ganz privatim aufgesucht?«

»Nein, das kann ich auch nicht sagen. Wenn ich mir erlaubt habe, Sie zu dieser Zeit aufzusuchen, so geschieht das ... Ja, das heißt ... Ich meine ... Sie dürfen mich nicht mißverstehen. Aber ich fühle mich nichtsdestoweniger überzeugt davon, daß ich im Namen vieler Parteigenossen rede, wenn ich einer ernsten Sorge in Anlaß einer heute abend von der ›Berlingske‹ gebrachten Mitteilung Ausdruck verleihe –«

»An welche Mitteilung denken Sie?«

»Da steht, daß der bekannte jütische Pfarrer Propst Broberg sicherem Verlauten nach zum Kultusminister ernannt werden wird, wenn der König übermorgen von den Jagden auf Fünen zurückkehrt.«

Tyrstrup unterbrach ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung.

»Wie gesagt, es dreht sich hier um eine Regierungshandlung, und ich kann mich nicht darauf einlassen, darüber mit Ihnen zu diskutieren. Natürlich zweifle ich nicht an Ihrer guten Absicht. Außerdem haben Sie der Partei seit vielen Jahren ein seltenes und ganz uneigennütziges Interesse erwiesen. Aber – Herr Direktor Zaun – ich muß mich ein für allemal auf das bestimmteste gegen diese wiederholten Versuche, dem Ministerium Ihre politischen Ratschläge aufzudrängen, verwahren. Sie müssen doch selbst einsehen können, daß das nicht angeht ... ja, daß es ganz unpassend ist.«

Direktor Zaun sah wieder in seinen Hut und sagte: »Wie Sie sich vielleicht noch erinnern werden, erhielt ich einmal einen sehr freundlichen Brief von Ihnen. Sie dankten mir für einen Vorschlag, den ich mir erlaubt hatte ... es geschah anläßlich einer Gesetzvorlage über die erweiterte Fleischkontrolle. Sie waren sogar so liebenswürdig, mir zu sagen, daß meine Mitteilungen über die Einrichtung der argentinischen Schlachtereien in mehreren Punkten einen entscheidenden Einfluß auf die endgültige Abfassung der Vorlage gehabt hätten. Deswegen habe ich geglaubt ... Ich räume ein, es war sehr kühn ... aber ich habe also geglaubt ... hatte also gehofft, ein klein wenig Berechtigung zu haben, mich in dieser Sache, die so vielen von der Partei außerordentlich stark am Herzen liegt, persönlich an Sie wenden zu dürfen.«

Tyrstrup saß müde zurückgelehnt da und führte wieder seine massive Hand über das Gesicht, während er die Augen geschlossen hielt.

»Was haben Sie im Grunde gegen Propst Broberg?« fragte er darauf. »Sie müssen sich seiner ja noch aus der Zeit erinnern, als er im Folkething saß. Er war stets ein treuer Parteigenosse und einer der lebhaftesten Redner des Things.«

»Verzeihen Sie! Ich habe mich nicht erkühnt, ein Urteil über die Person des Propstes zu fällen. Ich wollte nur gern ... wollte mir nur erlauben, darauf aufmerksam zu machen, daß Propst Broberg einer von denen war, die bei der letzten Wahl offen gegen Enslev auftraten. In seinem Wahlkreis hat er Enslevs Kandidaten zugunsten von Hochschulvorsteher Alexandersen bekämpft, der dann ja auch gewählt worden ist.«

»Das war die Antwort auf Enslevs Herausforderung an die Kirche in seiner Wahlrede im Striger Walde. Daß ich selbst die Rede unbillig und in hohem Maße unangebracht fand, habe ich wiederholt öffentlich ausgesprochen. Ich bin auch ganz überzeugt davon, daß Propst Brobergs Ernennung durchgehend mit Befriedigung von der Bevölkerung begrüßt werden wird. Er ist ja nicht nur ein zuverlässiger Demokrat. Er gehört auch als Prediger zu unseren freisinnigsten. Daß Enslev die Ernennung mißbilligen und sie vielleicht als persönliche Kränkung auffassen wird, darauf bin ich vorbereitet. Aber wir haben es allmählich aufgeben müssen, uns gegen das Mißtrauen des Alten zu verteidigen. Was wir auch tun, in allem erblickt er ja Verrat. Und wir können es doch nicht verantworten, aus diesem Grunde nichts auszurichten. Es ist eine zwingende Notwendigkeit, wenn uns das Ganze nicht über dem Kopf zusammenstürzen soll, daß wir alle guten und gesunden Kräfte im Volke sammeln und ihnen Arbeitsruhe schaffen. Wir haben Unfrieden genug gehabt. Wie wir in ökonomischer Beziehung gestellt sind, das brauchen Sie und ich nicht zu erörtern. Einer unserer leitenden Bankiers sprach noch vor einem Augenblick alles andere als hoffnungsvoll zu mir von den Aussichten für unsere neue Staatsanleihe, und es läßt sich ja leider nicht leugnen, daß unser Kredit, wie überhaupt unser Ansehen im Ausland im Sinken begriffen ist.«

Direktor Zaun sah nach der Seite und zog den Mund mit seinem verlegenen Raubtierlächeln bis zum Ohr hinauf.

»Ich erlaubte mir einmal, Ihnen einen Entwurf zu einem Finanzplan zu senden.«

»Freilich! Ja, ich entsinne mich dessen.«

»Und einen Vorschlag zu einer Zollreform.«

»Ja – auch das! Aber es würde von größerer Bedeutung sein, Herr Direktor, wenn Sie und ich im Verein das dänische Volk lehren könnten, sich nach der Decke zu strecken. Überhaupt haben wir wohl das Zutrauen zu dem Nutzen äußerer Veranstaltungen übertrieben. Wir müssen sehen, uns darüber einig zu werden, daß unserm ganzen Elend von innen heraus abgeholfen werden muß, und zu einer solchen Erneuerung der Kraft der Nation bedürfen wir auch des Beistandes der Kirche ... bedürfen wir vielleicht ganz sonderlich des Beistands der Kirche. Völlig abgesehen davon, wie wir uns persönlich zu der religiösen Frage stellen, werden wir gezwungen sein, die Bedeutung der Religion für den überwiegenden Teil der Bevölkerung einräumen. Und die Sache ist ja doch so ernsthaft, daß jeder gute dänische Bürger – also auch Sie, Herr Direktor Zaun – einige private Ansichten und persönliche Sympathien oder Antipathien für das Wohl des Ganzen zu opfern imstande sein muß.«

Herr Zaun wollte etwas sagen, gab es aber mit einem heroischen Entschluß auf. Und gleichzeitig erhob er sich mit einem Ruck, als werde er von einer Feder im Stuhlsitz in die Höhe geschleudert.

»Ich will keinen weiteren Versuch machen, meinen Standpunkt zu verteidigen. Das würde Sie nur aufhalten. Ich bitte Sie, zu entschuldigen, daß ich Sie gestört habe.«

»Keine Ursache!« erwiderte der Minister.

Herr Zaun blieb noch einen Augenblick stehen, als warte er auf etwas. Dann verneigte er sich steif und stürzte auf die Tür zu.

Tyrstrup kehrte in den Folkethingsaal zurück, wo der alte Bauer noch auf dem Katheder stand und zu den Stenographen und Rektor Bohse redete. In der Fensternische hielt Gjärup noch immer Jörgen Höjbo fest, und außer ihm noch einen andern von den bekannten Abgeordneten, Lehrer Tanning, der in der Zwischenzeit hinzugerufen war, um an der vertraulichen Beratung teilzunehmen.

Gjärup hatte seinen Freunden mitgeteilt, was er über den Grund wußte, der Tyrstrup veranlaßt hatte, den Saal zu verlassen, und seine Mitteilung wirkte beunruhigend, weil es ihnen bekannt war, daß Direktor Zaun diesen Augenblick Botengänger für Enslev war, und weil niemand von ihnen Zutrauen zu der Standhaftigkeit des Ministerpräsidenten hatte. Namentlich Gjärup war krank vor Angst, daß Tyrstrup im letzten Augenblick Enslev dennoch Zugeständnisse in der Ministerfrage machen könne.

Als Tyrstrup jetzt auf seinem Wege zu dem Ministertisch an ihnen vorüberkam, hielten sie ihn zurück und erbaten sich eine Unterredung.

»Wir stehen hier und reden von der Notiz, die der ›Fünfte Juni‹ heute über Propst Broberg gebracht hat,« sagte Jörgen Höjbo. »Es wird freilich kein Name genannt. Das wagen sie denn doch nicht. Aber es ist hinreichend dafür gesorgt, daß wir in bezug auf den Mann nicht irren können. Und es ist ja leicht zu verstehen, welche Absicht man verfolgt, indem man Broberg gerade in diesem Augenblick mit Schmutz bewirft.«

»Was für eine Notiz ist das?«

»Haben Sie sie nicht gesehen?«

Gjärup zog eine sorgfältig zusammengelegte Nummer des »Fünften Juni« aus der Brusttasche. Tyrstrup nahm sie zögernd. Er hätte das Blatt am liebsten nicht gelesen. Er kannte diese kleinen bösartigen Mitteilungen, die mit dem Zeichen irgendeines der gewöhnlichen Mitarbeiter unterschrieben, aber unverkennbar von dem Redakteur inspiriert und von Enslev selbst bestellt waren. Dieser scheute leider kein Mittel, auch keine Verleumdung, wo es sich darum handelte, einem Gegner zu Leibe zu gehen.

»Ein in diesen Tagen in Anlaß des Ministerwechsels wiederum viel besprochener Geistlicher,« begann der kurze Aufsatz in Kleindruck, der in lustigem Ton berichtete, wie dieser Gottesmann kürzlich besonders tätig gewesen war, einen der Pfarrer in seiner Propstei, den jetzt in Jütland und auch auf Fünen sehr geschätzten Erweckungsprediger Mads Vestrup, um Talar und Priesterkragen zu bringen, obwohl der Propst selbst häufig ihn besuchenden Frauen jüngerer Jahrgänge sein väterliches Wohlwollen auf eine nicht mißzuverstehende Weise zu erkennen gebe.

Als Tyrstrup das Blatt zurückreichte, war sein Gesicht sehr ernsthaft.

»Es ist wahrlich an der Zeit, daß dergleichen schändlichen Schreibereien Halt geboten wird,« sagte Jörgen Höjbo, ein alter Bauer mit ein paar flammenden Augen.

Lehrer Tanning sagte: »Gjärup meint, wir sollten vorläufig ganz privatim Vertreter der verschiedenen Parteiabstufungen zu einer Versammlung einberufen, um überhaupt die politische Situation und das Verhältnis des ›Fünften Juni‹ dazu zu erörtern.«

Jörgen Höjbo erklärte, daß er dem Gedanken beigestimmt habe, und Gjärup hielt es für dringend notwendig, daß diese Versammlung so schnell wie möglich zustande kam. »Der Fünfte Juni« sei ja doch in den Augen vieler das Hauptorgan der Partei, weil Enslevs Name darauf stand. Aber welch Urteil sollte die Nachwelt über eine Partei fällen, die zuließ, daß ihr Ehrenpräsident selbst Geld von einer Zeitung einheimste, die die besten Männer der Partei aus die gemeinste Weise verfolgte?

Hiergegen wandte Tyrstrup ein, daß Samuelsen Redakteur des Blattes und für seinen Inhalt verantwortlich sei, nicht Enslev.

»Aber Enslev ist der Herausgeber des ›Fünften Juni‹« entgegneten die andern. Und Lehrer Tanning fuhr fort: »Trotz aller unserer Vorstellungen ist der Ton des Blattes derselbe geblieben. Jetzt muß diesem Ärgernis ein Ende gemacht werden. Ich sage es gerade heraus: es ist unanständig, daß der Mann noch als Vorsitzender der Partei dasteht, und mein privater Vorschlag geht darauf hinaus, daß er bei der Jahresversammlung im November ohne weiteres durch Stimmenmehrheit abgesetzt wird.«

Obwohl der Wunsch, der hier in heftiger Erregung geäußert wurde, ziemlich genau mit dem übereinstimmte, was die andern im stillen dachten, so folgte den Worten doch ein verlegenes Schweigen, und Gjärup sah vorsichtig um sich, um sich zu überzeugen, daß kein anderer etwas gehört hatte.


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