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Nicht weit von dem überall bekannten Dorfe Ganslosen liegt auf der Alb das Dorf Holzkirch. Dieweil nun die Gansloser wegen ihrer Taten im ganzen heiligen römischen Reiche berühmt geworden waren, so wollten ihre Vettern, die Holzkirchener, auch nicht dahintenbleiben. Und das ist ihnen auch gelungen. Als sie nämlich vor Zeiten ihre Kirche, die sie am unrechten Ort gebaut hatten, an einen anderen, passenderen Platz stellen wollten, da machte sich die ganze Gemeinde, was laufen konnte, daran, die Kirche zu verschieben. Und solange sie an der Arbeit waren, mußte immer einer von Zeit zu Zeit hinter die Kirche gehen und nachsehen, ob diese noch keinen Rucker getan habe. Da schlug nun einer vor, man solle doch ein Stück Holz hinter die Mauer legen, sonst wisse man ja gar nicht, ob die Kirche von der Stelle komme oder nicht. Gesagt, getan! Dann ging es wieder an die Arbeit, und alle schoben an der Kirchenmauer aus Leibeskräften. Inzwischen aber hatte ein Schalk das Holz an der hinteren Mauer weggenommen. Und als nun der Schulze nachsah und die Scheite nimmer fand, da lief er eiligst zu den andern zurück und schrie: »Land's gau, land's gau! 's ischt schon lang gnueg, wir sind schon überm Holz drussa. 's ischt Holz unter der Kirch, Holz unter der Kirch!« Da nannten die Leute, die diese wahrhaftige Geschichte hörten, das Dorf nicht mehr anders als Holzkirch, und dieser Name ist ihm auch geblieben.
(C. Schnerring-Kirchheim u. T.)