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Das Geißtor zu Ulm.

Um die Mitte des 14. Jahrhunderts, als die Städte mit den Fürsten all fort in Händeln und Streit lagen, zog einmal ein starkes Kriegsvolk vor die feste Stadt Ulm und belagerte sie. Aber die Ulmer waren tapfer, und die Feinde konnten nichts gegen sie ausrichten. Sie beschlossen daher, die Ulmer auszuhungern. Die Not in der Stadt war groß. Da machte sich eines Tages ein Angehöriger der Ulmer Schneiderzunft, dem die Jahre den Bart schon völlig gebleicht hatten, auf, um am Albecker Tor durch eine Schießscharte nach dem Feinde auszugucken. Die Feinde sahen ihn wohl, konnten aber nicht nach ihm schießen. Am nächsten Morgen jedoch brachen sie die Zelte ab und zogen davon. Darob verwunderte sich nun jedermann in der Stadt. Erst später erfuhr man, daß die Belagerer den alten Schneider mit seinem weißen Barte für eine Geiß gehalten und daraus abgenommen hätten, daß sie die Stadt niemals durch Hunger bezwingen könnten, wenn sich da noch Geißen auf den Mauern herumtrieben. Das Tor aber, durch welches der Schneider hinausgeschaut hatte, wurde von nun an das Geißtor geheißen, und dieser Name ist ihm bis zum heutigen Tage geblieben.

(C. Schnerring, Kirchheim u. T.)

Schlußvignette

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