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In einem kalten Winter lief im Schwabenlande ein armer Landsknecht zerrissen und erfroren auf dem Bettel an einem Galgen vorüber. Er hörte die Raben sich balgen und sah einen Dieb dran hängen, der zwei gute Hosen anhatte. Da dachte der arme Landsknecht: »Die Hosen kommen mir gerade recht!« und streifte dem Dieb die Hosen ab. Nur an den Füßen wollten sie nicht herunter; denn sie waren fest angefroren. Der Landsknecht fluchte im Zorn und hieb dem Dieb beide Füße ab, die er samt den Hosen in seine weiten Ärmel schob. Nun war es etwas spät am Tag, und ein Dorf lag vor ihm. Da trabte er gar frostig hinein, um dort seine Nahrung zu suchen. Als er nun spät herumgebettelt hatte, hat er zuletzt einen Bauern um Herberge. Der sagte ihm's willig zu, gab ihm eine Schüssel voll warmer Milch und trug ihm eine Schütte Stroh in die Stube, worüber der Landsknecht sehr froh war. Nun hatte dem Bauern diesen Abend eine Kuh ein Kalb gebracht, und es war eine grimmig kalte Nacht, weshalb man das Kalb in die Stube brachte, damit es in der Kälte keinen Schaden nehme. Als nun jedermann schlafen ging und es im ganzen Hause stille ward, zog der Landsknecht die Hosen aus den Ärmeln, die er dem Diebe abgenommen hatte. Er machte die Füße ledig, zog des Diebes Hosen an und machte sich vor Tag davon, ganz still, daß es kein Mensch wahrnahm, und ließ die beiden Diebsfüße liegen.
Wie nun früh die Bauernmagd aufstand, mit einem großen Spanlicht in der Hand hinein in die Stube ging und den Landsknecht nicht mehr sah und das Kalb dort in der Ecke laut schreien und blöken hört, meinte sie nicht anders, denn das Kalb hätte den Landsknecht gefressen. Sie war vor Schrecken außer sich, säumte nicht lang in der Stube und sprang zur Tür hinaus und schrie auf dem Hausflur Zeter und Mordio. Der Bauer hörte ihr Mordgeschrei, erschrak und rief aus der Kammer: »Was ist dir?« Sie antwortete: »Weh mir, Bauer! Unser Kalb hat den Landsknecht gefressen, mehr denn halb, nur seine Füße liegen noch da.« Der Bauer zuckte seinen Schweinspieß, schlüpfte in seinen rostigen Harnisch und wollte zum Kalb in die Stube hinein. Da rief die Bäuerin: »O lieber Mann, denk an mich und deine kleinen Kinder!« Der Bauer trat wieder zurück. Die Kinder weinten alle zusammen, und auch der Knecht kam aus der Scheune gelaufen. Jedes meinte, das Kalb hätte den Landsknecht gefressen, und es kam eine solche Furcht und ein solches Grausen in sie, daß sie alle aus dem Hause liefen.
Der Bauer sagte dem Schultheiß die böse Mär, wie es des Landsknechts halber mit seinem Kalbe ergangen wäre. Darob wurde dem Schultheiß so heiß, daß ihm der Angstschweiß ausging und er sogleich die Sturmglocke läuten ließ. Die Bauern liefen alle erschrocken auf den Kirchhof, zitternd und fröstelnd, mit ihrer Wehr und ihrem rostigen Harnisch. Da erzählte ihnen der Schultheiß die Geschichte, wie ein grausames Kalb da wäre, das hätte einen großen Mord getan und einen Landsknecht schon bis an die Füße gefressen. »Auf diesen Wurm,« sagte er, »da müssen wir einen großen Sturm wagen, damit man es von dem Leben tue; denn würde das Kalb so groß wie eine Kuh, so fräße es uns einen nach dem andern.« Die Bauern erschraken und zogen vor das Haus. Der Schultheiß war ihr Hauptmann und sprach zu ihnen: »Stoßt die Türe auf!« Die Bauern standen alle zuhauf und blickten das Haus an; doch keiner wollte vorne dran; denn jeder fürchtete, das Kalb möchte ihn zerreißen. Da gab ein alter Bauer den Rat: »Wir ziehen lieber ab und fristen vor dem Kalb unser Leben. Laßt uns dem guten Mann sein Haus bezahlen, dann legen wir Feuer ans Haus und verbrennen es samt dem Ungeheuer von einem Kalb.« Die Bauern schrieen: »Ja, ja, fürwahr, das ist der beste Rat!« So zündeten die Bauern das Haus an und standen mit bewaffneter Hand lauernd darum, denn sie fürchteten, das Kalb möchte entrinnen und nicht im Feuer verbrennen. Doch das Kalb lag und konnte nicht gehen. Derweil kam aber ein Sturm, das Feuer nahm überhand, so daß das ganze Dorf abbrannte und die Bauern zu großem Schaden kamen. Seither finden die Landsknechte bei ihnen keine Gnade. Sie meinen, die Landsknechte seien unglückbringende Leute und beherbergen sie nicht gern, damit ihnen weiter kein Schaden erwachse von solchen Gästen.
(Nach Hans Sachs.)