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Im 16. Jahrhundert herrschte im guten Schwaben noch gar strenge Kirchenzucht. Es wurden sogenannte Sündenbüchlein geführt, welche es dem Geistlichen der kleineren Dorfgemeinde möglich machten, jeden, der die Kirche einmal versäumte, sofort anzumerken und vor dem Kirchenkonvent zur Strafe zu bringen. Erst wurde der Säumige um Geld gebüßt, im Wiederholungsfalle hatte er im »Häuslein« zu brummen. So kam es, daß die Kirchen am Sonntag landauf landab zum Drücken voll waren. Aber die Pfarrer mußten bald die Wahrnehmung machen, daß viele der Kirchenbesucher während Predigt sanft schlummernd den Kopf hängen ließen oder gar laut schnarchten. Da mußte Wandel geschaffen werden. Also wurde da und dort in den Ortschaften einer vom Gemeinderat aufgestellt, der, mit einem dicken Stecken bewaffnet, jeden Kirchenschläfer unbarmherzig mit dem spitzen Ende seines hölzernen Spießes zu stupfen hatte, daß ihm der Schlaf verging. Der Mann, der dieses Ehrenamt in der Kirche verwaltete, hieß in der Gemeinde der »Kirchendusler«, und zum erstenmal wurde ein solcher in Ingelfingen OA. Künzelsau angestellt. Wie die Kroniken aus alter Zeit berichten, hatten diese »Kirchendusler« ein gar schweres Amt. Denn dem Stachel und Stecken zum Trotz – schliefen, zumal an den Sonntagnachmittagen im Sommer, die geplagten Bauern in ganzen Reihen bankweise den Schlaf des Gerechten. – Gegen dieses Schlafen und Schnarchen in der Kirche hielt denn einst der Pfarrer von Mauren bei Ehningen OA. Böblingen eine gepfefferte Strafpredigt, indem er seinen Bauern von der Kanzel herab zurief: Wenn mich einst der liebe Gott am großen Gerichtstage fragen wird:
»Pfarrer von Mauren,
Wo sind deine Bauren?«
was werde ich da anders antworten können, als:
»Dort üben im Eck,
Da schnarchen die Böck! Amen!«
(Mündlich v. Fr. H.)