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Buchhorner Geschichten.

I.

Einst kam der Kaiser Friedrich III. vom Welschland heraus über die Alpen an den Bodensee. Die Städte am See rüsteten sich gewaltig, den Herrn ehrenvoll zu empfangen. Der Kaiser kam auch nach Buchhorn (jetzt Friedrichshafen). Da hatte der Rat der Stadt lange hin und wieder beraten, wie sie Seine Majestät würdig aufnehmen wollten. Zum guten Ende wurden sie einig, der Bürgermeister der Stadt solle eine Ansprache an den Herrscher halten und dabei die Worte recht zierlich setzen. Dazu war der Mann von Herzen gern bereit. Wie nun der Kaiser sich nahte, ging ihm Rat und Gemeinde in festlichem Zuge entgegen; der Bürgermeister überreichte die Schlüssel der Stadt und hielt folgende Ansprache: »Allergnädigster Kaiser! Meine Herren von Buchhorn heißen Ihre Majestät willkommen sein und schenken derselbigen hiemit zehn Gulden Gold zu einer Verehrung in diesem Hüdelin (Tüchlein) verknüpft. Wenn Ihr's nit glauben wollt, mögt Ihr's auftun und zählen lassen!« Mit diesen Worten hat er dem Kaiser das Hüdelin überreicht und in die Hand gegeben. Der hat es ganz gnädig von ihm angenommen und »der guten Leute wohl lachen mögen«.

II.

Als Kaiser Maximilian I. in Konstanz weilte, wollte er auch seiner getreuen Stadt Buchhorn einen Besuch abstatten. Er ließ es den Buchhornern anzeigen, und sie waren darüber hochgeehrt und gedachten den Kaiser mit etwas Besonderem zu erfreuen. »Gold, Silbergeschirr, Wildbret, Fische und ähnliche Dinge bekommt er überall die Menge,« sagten sie, »wir wollen ihm etwas geben, was er noch nirgends bekommen hat.« Aber was? Darüber waren sie nicht im klaren, und sie zerbrachen sich darob die Köpfe lange Zeit. Endlich sagte der oberste Zunftmeister: »Liebe Herren! In meinem Garten steht ein Ömlibaum (Sauerkirschenbaum) voll mit Ömli. Wenn wir den Baum dem Kaiser schenken, wird er seine helle Freude daran haben.« Den Ratsherren gefiel der Vorschlag gar sehr. Sie ließen den Kirschbaum mit Grund und Wurzeln ausgraben und aufrecht in ein Schiff stellen. So fuhren sie dem Kaiser auf dem See entgegen. Und als sie ihn bewillkommt hatten, schenkten sie ihm den Baum mitsamt den Kirschen daran, und der Kaiser bekannte selbst mit lachendem Munde, daß er wahrlich ein solch seltsames Geschenk noch nirgends erhalten habe.

III.

Ein andermal war Kaiser Maximilian wiederum zu Besuch in Buchhorn. Vor seiner Abreise ließ er den Bürgermeister und die Ältesten der Stadt zu sich bescheiden, um ihnen mündlich etwas zu befehlen. Die Herren sammelten sich auf dem Rathaus, und da es sehr heiß war, beschlossen sie, vorher eine gute Knollenmilch zu essen und damit den Durst zu löschen. Während sie im besten Geschäft waren, kam Botschaft von dem Kaiser, sie möchten sofort kommen. Darüber erschraken die Herren nicht wenig und eilten, so schnell sie konnten, ins kaiserliche Quartier. Der Kaiser war sehr verdrießlich, daß sie ihn hatten warten lassen. Doch als er sie sah, verging ihm der Zorn, und er mußte hell auflachen. In der Eile hatten nämlich die Herren sich nicht Zeit genommen, die Bärte zu säubern. Ganz besonders die Bürgermeister, die vorn stunden, hatten den Bart voll mit Knollenmilch. Der älteste Bürgermeister nahm das Wort, um das lange Ausbleiben zu entschuldigen, aber der Kaiser sagte mit Lachen: »Ja, ja, es bedarf der Entschuldigung nicht, sehe ich doch, daß ihr im Brett gespielt habt, denn es hängen euch ja die Steine noch in den Bärten.« Die guten Leute erschraken noch mehr und wurden ganz wirr. Als sie aber in ihre Bärte griffen, fanden sie, daß der Kaiser recht gehabt hatte, denn die Milch blieb ihnen in den Händen hängen. Dieweil aber der Kaiser besorgte, daß die Umstehenden darüber ein Gelächter und ihren Spott möchten treiben, begann er schnell über das zu sprechen, warum er sie hergefordert hatte, und entließ sie hernach mit allen Gnaden.

IV.

Ale der Bürgermeister von Buchhorn einst auf den Reichstag nach Augsburg ritt, begleitete ihn ein Ratsherr und ein Ratsdiener, die beide gut befreundet und ganz gemein mit ihm waren. Sie fanden unterwegs Gesellschaft: mehrere Edelleute und Herren, die ebenfalls auf den Reichstag zogen und mit den Buchhornern wohl umzugehen wußten. Mit ihnen kehrten sie des öfteren ein. Es wurde wacker getrunken und gezecht, und da geschah es, daß die Buchhorner nicht nur ihre Kappen und Handschuhe, sondern auch die Sporen verloren. Dem Bürgermeister allein verblieb noch ein Sporn am Stiefel. Wie sie nun so dahinritten, wurde des Ratsdieners alter Gaul störrisch und wollte nicht mehr weiter. Der Bürgermeister aber hatte ein junges mutiges Pferd, und da er ein schlechter Reiter war, richtete er mit ihm gar oft große Verwirrung unter der Reiterschar an. Der Ratsdiener ritt also zum Bürgermeister hin und sagte: »Mein Herr Bürgermeister, dieweil Ihr mit einem Sporn den Gaul so wohl tummeln könnet und Euch gar so ritterlich haltet, so stechet auch einmal in meine alte Mähre; denn ich weiß sie sonst nicht weiter mehr fortzubringen.« Alles lachte zusammen über diese Rede. Und obwohl es dem Bürgermeister nicht gefiel, wurde er doch darüber gar oft geneckt. Die Buchhorner »hören's noch heutiges Tags nit gern, und wer diese Histori bei ihnen sollt zum Schlaftrunk erzählen, wird bald fremde Händ' im Haar überkommen.«

(Nach der Zimmerschen Chronik.)

Schlußvignette

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