Magnus Gottfried Lichtwer
Fabeln
Magnus Gottfried Lichtwer

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Das Glück und der Traum.

            Es lag und schlummerte in eines Hirten Laube
    Das Glück, das müde Glück, den meisten Theil der Nacht.
Wenn es ein Held gewußt, er hätt' es, wie ich glaube,
    Mit hunderttausend Mann bewacht.
Hier flog ein Traum vorbei und störte seinen Schlummer,
    Ihm rief das halberwachte Glück:
Du kömmst mir recht erwünscht bei meinem großen Kummer,
    Doch sage mir, woher kömmst Du so spät zurück?
           

    Ich komme mit dem Morgenwinde,
Versetzt der Schatten, aus der Stadt,
Von einem wohlgestalten Kinde,
Dem meine Gegenwart die Nacht verkürzet hat.
Das Glück hob freundlich an zu lachen,
Und sprach: wenn es Dir so gefällt,
So sage mir, was Du für Sachen
Ihm diese Nacht durch vorgestellt.

    Er sprach: ich kam mit Kutsch' und Pferden,
Die Thüren sprangen, als ich sprach,
Mir trat mit sittsamen Geberden
Ein Heer vergold'te Diener nach.
Ich war Baron, und zwar kein neuer,
Ich hatte Geld, ich wollte frein;
Begütert, Herr Baron, und Freier,
Die Wörter gehn durch Mark und Bein.

    Geschenke folgten jedem Blicke,
Du weißt, was ein Geschenke thut,
Und dieser Sprache, liebes Glücke,
Sind doch die Mädchen gar zu gut.
Zuletzt fiel ich ihr selbst zu Füßen,
Ich bat sie, und erhielt ihr Wort,
Sie gab mir ihre Hand zu küssen,
Da kam der Tag, und trieb mich fort.

            Indessen wird mein Kind gewiß vergnügt erwachen,
    Und sagt sie Niemand was von mir,
So wird sie heimlich doch den ganzen Morgen lachen.
    Mir geht es nicht so gut, wie Dir,
Antwortete das Glück mit traurigen Geberden,
Ich kam vor kurzer Zeit in eines Kaufmanns Haus,
    Den ließ ich reich und edel werden,
    Es ward ein halber Graf daraus.
    Doch gestern wandt' ich ihm den Rücken,
    Da hing er sich an einen Baum;
    Warum muß es Dir besser glücken,
    Bin ich nicht so wie Du ein Traum?

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