Magnus Gottfried Lichtwer
Fabeln
Magnus Gottfried Lichtwer

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Der junge Kater.

            Der Ausbund eines schönen Katers,
Den Muth und Alter mündig sprach,
Bekam die Würde seines Vaters,
Und stellte Mäus' und Ratten nach.
Er folgte der gemeinen Weise;
Des Räubers Sohn wird gern ein Dieb,
Das Wölfchen fühlt des Wolfes Trieb,
Ein junger Kater wünscht sich Mäuse.

    Es that der junge Herr so keck,
Als wie ein andrer Scanderbeg,
Sein Hirn war voller Mäus' und Ratten,
Die seine Klauen noch nicht hatten.
Wer ihn gesehen haben mag,
Der hätte wirklich sollen schwören,
Dies sey der Mäuse jüngster Tag,
Die sich auf Deutschlands Boden nähren.

    Die dunkle Nacht bezog das Land,
Der Thau wusch die bestaubten Fluren,
Als unser Held noch keine Spuren
Des längstgesuchten Wildprets fand.
Das Warten löschte sacht und sachte
Des Katers erstes Feuer aus,
Er sah und hörte keine Maus.
Ein Ding, das ihn verdrießlich machte.

    Er saß und putzte sich das Kinn,
Da schlich ein Wiesel zu ihm hin.
Was suchst du? sprach der Kater leise;
Ich suche, war die Antwort, Mäuse.
O weh! soll ich mein Bißchen Brod,
Fing Murner heimlich an zu heulen,
Mit einem schlimmen Wiesel theilen,
So leid' ich endlich selber Noth.

    Auf bess're Kundschaft sich zu legen,
Kroch er bis auf das Scheuerndach,
Da flog ihm Jungfer Eul' entgegen,
Schatz! fragt' er, bist du auch noch wach?
Ja! sprach das schlei'richte Gesichte,
Ich warte hier auf ein Gerichte,
Auf einen guten Abendschmaus.
Auf was denn, Kind? . . . Auf eine Maus.

    Die Antwort ärgerte den Kater,
Er steigt herab, sieht auf den Mist,
Da ist ein Igel, der was frißt.
Viel Glück zur Mahlzeit, alter Vater!
Was schmeckt dir denn allhier so gut?
Ein Mäuschen, sprach er, ist mein Essen.
Ei, daß du müßtest Kohlen fressen,
Gedachte Jener voller Wuth.

    Hier, seufzt' er, ist nichts mehr zu naschen,
Fort, auf das Feld! vielleicht kann ich
Noch eine dicke Feldmaus haschen;
Mit dieser Hoffnung stärkt' er sich.
Er kam auf's Feld, und traf im Gehen
Den Fuchs voll Zorn und Rachgier an.
Aus Neugier blieb der Kater stehen,
Und sprach: Wer hat dir was gethan?

    O! ließ der Fuchs sich fluchend hören,
Ich wußt' ein volles Mäuseloch,
Und dachte diesen Abend noch
Es mit Vergnügen auszustören.
Doch, als ich in dem Walde bin,
So geht der Schelm, der Sperber, hin,
Und leert, so geht's mir, das Geniste –
Daß er davon zerbersten müßte!

    Sobald der Kater mit Verdruß
Des Fuchses letzte Worte hörte,
So wandt' er traurig Kopf und Fuß,
Damit er stracks nach Hause kehrte.
Ach! sprach er, wenn so Viele sind,
Die nach dem Mäusefleische streben,
Was hoff' ich noch, ich armes Kind,
Von diesem Handwerk auch zu leben?

    Indem er also bei sich dachte,
So fing er eine Maus im Gehn,
Die ihn auf die Gedanken brachte,
Den Mäusen dennoch nachzustehn.
Er that im Kurzen Heldenthaten,
Die Praxis macht' ihn dick und fett,
Es ging ihm, unter uns gered't,
Als wie den jungen Advocaten.


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