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Zwei abgelebte Lügenschwestern,
Sibyllen in der Kunst zu lästern,
Die Elster und die Kräh', ein auserles'nes Paar,
Verplauderten das ganze Jahr,
Und lachten über andre Leute,
Bis sie ihr Handwerk selbst entzweite,
Und die erhitzte Kräh', jähzornig von Natur,
Der Elster ew'ge Feindschaft schwur.
Die Elster blieb beherzt, ob ihr gleich Viele riethen,
Bei guten Zeiten auszuziehn,
Und anderswo sich einzumiethen.
Wie? sagten sie, du willst nicht fliehn,
Die Krähe drohet dir die Augen auszuhacken.
Das ist die Folge nicht, deßwegen einzupacken,
Versetzt die Elster d'rauf, habt ihr nur Acht auf sie,
Je grimmiger sie scheint zu wüthen,
Je leichter kann ich mich auch hüten.
Der Mond war wieder neu, als eines Morgens früh
Man uns'rer Elster wieder sagte,
Der Krähe Zorn sey meist vorbei.
Warum? weil sie nicht mehr sich wie zuvor beklagte,
Und von der Elster stille sey.
Nein? ließ sich Diese wieder hören,
Jetzt muß sich meine Sorge mehren,
Dies schreckt mich ärger, als ihr Zorn.
Es ward nunmehr der Elster bange.
Sie flog behutsam aus, und blieb nicht allzu lange.
Indessen reifte schon das Korn,
Da fanden sich die Freunde wieder;
Getrost, wirf Furcht und Schwermuth nieder,
Die Krähe schenket dir die alte Zärtlichkeit,
Und zum Beweis: sie hat nur vor vergang'nen Wochen
Mit vielem Ruhm von dir gesprochen.
Nun, sprach die Elster, hab' ich Zeit,
Sie lobt mich, ach, wie schlau! die offenbaren Feinde
Sind arg, noch ärger die, die still und heimlich gehn;
Doch wißt, die Lobenden sind ärger, als die zween.
Ich geh' von hier, lebt wohl, ihr Freunde. |