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Es saß ein Uhu lange Zeit
Im Schatten einer hohlen Eiche,
Der höchsten in dem deutschen Reiche,
In einer öden Traurigkeit.
Hoch über ihm ließ sorgenfrei
Sich eine muntre Lerche hören,
Und meldete der Sänger Chören,
Daß jetzt der Frühling nahe sey.
Ihr Lied dringt aus den heitern Lüften
In's grüne Thal, belebt die Triften.
Der Uhu horcht, und ächzt dabei,
Daß er nicht auch so fröhlich sey.
Die Ungeduld ermuntert ihn,
Sich aus dem Neste zu bemühen;
Die feige Lerche wollt' entfliehen,
Sie wollt' es noch, als er erschien.
Doch war der armen Lerche bange
So dauerte die Angst nicht lange,
Als sie zu ihrem Trost vernahm,
Daß er in Friede zu ihr kam.
Es schien dem Uhu zweifelsfrei
Das Lerchenfleisch noch nichts zu taugen,
Er schwur bei seinen großen Augen,
Daß er für jetzt nicht hungrig sey.
Die Neugier, sprach er, dich zu fragen,
Hat mich an diesen Ort getragen.
Bekenne, was die Ursach' ist,
Daß du beständig fröhlich bist?
Monarch der Eulen, sagte sie,
Wer stets gesunde Tage zählet,
Und fliegen kann, wohin er wählet,
Wie kann der trauren? Fragst du, wie?
Fiel ihr der Uhu in die Rede,
Du scheinst ja sonst mir ziemlich blöde,
Gedenkst du niemals an den Tod,
Noch was dir Herbst und Winter droht?
Ich denke, sprach sie, wohl daran,
Allein der Tod ist unvermeidlich,
Die Herbst- und Winternoth oft leidlich,
Und jetzt geht ja der Frühling an.
Ich leb' indessen nach der Lehre,
Die ich von jenem Schäfer höre,
Der dort im Grünen vor uns liegt,
Ein Weiser sey nie mißvergnügt.
Geh' nur, du kleine Närrin du,
Fiel der Bescheid aus, das sind Lehren,
Die für die Lerchen nur gehören;
Die Lerche flog dem Schäfer zu,
Und sang ganz heimlich auf der Reise:
Wer fröhlich seyn will, der sey weise. |