Magnus Gottfried Lichtwer
Fabeln
Magnus Gottfried Lichtwer

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Das schlechte Tuch.

              Wer kauft ein neues Modetuch?
    Ihr Herren, sagt, wer kauft drei Ellen zum Versuch?
    Gefällt mein Tuch wohl Euer Gnaden?
    So rief von Morgen bis zur Nacht
Ein Kaufmann, der das Tuch vom Jahrmarkt mitgebracht,
    Und rief sich heisch in seinem Laden.
Was ruft Ihr? sagte man, das Tuch mögt Ihr vergraben,
    Und der ist auf sein Geld ergrimmt,
    Der es Euch einst vom Halse nimmt;
    Ich möcht' es nicht geschenket haben.
    Der Kaufmann fitzte das Gesicht,
Geht, sprach er bei sich selbst, ich laß Euch diesmal laufen;
    Allein ihr müßt die Tücher kaufen,
    Ihr mögt sie wollen, oder nicht.
    In einer Zeit von vierzehn Tagen
    Bringt es der Kaufmann selbst so weit,
    Daß von des Ortes Obrigkeit
Dem Volk verboten wird, dergleichen Tuch zu tragen;
    Ja, die Verordnung ist so scharf,
Daß man es nicht einmal im Hause haben darf.
    Kaum ward es kund, so kamen Alle
    Und foderten vom Tuch' etwas.
    Dem Kaufmann nützte dieser Spaß.
Er sprach: er dürfte nicht! – das war die rechte Falle.
    Man bot zwei Thaler baares Geld
Für einen kleinen Rest; als er sich furchtsam stellt,
    Kömmt es in einem Athemholen
    Erst zu Dukaten, dann Pistolen.
So ward dies schlechte Tuch ein Heiligthum der Stadt,
Man wies es Reisenden; hört, sprach man, im Vertrauen,
Hier könnt Ihr von dem Tuch ein echtes Stückchen schauen,
    Das unser Rath verboten hat.

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