Magnus Gottfried Lichtwer
Fabeln
Magnus Gottfried Lichtwer

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Das Pferd.

            Ein aufgezäumtes Roß stand länger als zwei Stunden
Vor einer Hausthür angebunden,
Die Fliegen stachen es, ihm fiel bei dieser Pein
Die Härte seines Schicksals ein.

            Hat wohl ein andres Thier mehr Plagen?
Bald muß es seinen Herrn und sein Gepäcke tragen,
            Bald den belad'nen Wagen ziehn,
Und mehr als möglich thun, der Peitsche zu entfliehn.
Nie thut es einen Schritt, als mit des Reiters Willen,
            Oft läßt sein Meister ihm nicht Zeit,
Mit einem Trank den Durst zu stillen.
Der Jugend Kraft verfliegt in steter Dienstbarkeit.
Was ist sein Lohn dafür? Die kurze Ruh' im Stalle,
            Ein wenig Hafer, Heu und Stroh,
            Des Lebens wird es nimmer froh.
            Hier regte sich des Pferdes Galle;
            Es riß im Grimm den Zaum entzwei,
Setzt über Fels und Fluß, und sprang mit schnellen Füßen
Dem dicken Walde zu. Nun war es endlich frei,
Doch eine Stunde d'rauf ward es vom Wolf zerrissen.

* * *

        Des Dieners Stand ist hart, doch besser jederzeit,
Als Freiheit ohne Sicherheit.

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