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Sechstes Kapitel

Das ind'sche Kraut, vor Alters unbekannt,
Der Pflanzenwelt erlesenstes Geschenk,
Zapft ab mit scharfem Dunst den Ueberfluß
Der Säfte, reinigend das dicke Blut
Bon bösen Salzen; jedem Zecher freundlich,
Macht wilder es das geistige Getränk.
Sich herrlich mit dem Porterkrug vertragend.

Phillips

Da, Nachbar trinkt –
Ein Krüglein guten Doppelbiers.

Shakspeare.

Am andern Tage wurden die Ueberreste des alten Thompson in dem Langboot an die Küste, gebracht und in dem Kirchhof des Fischerstädtchens, daß eine Meile von dem Ankerplatze der Schaluppe lag, begraben. Newton nahm einen andern Mann an Bord und verfolgte, nachdem die Bö vorüber war, seine Reise, die er ohne weiteres Abenteuer zu Ende brachte.

Da keine Ladung vorräthig war und unser Held sich sehnte, das Schiff an den (Eigentümer zurückzugeben, der zu. Overton wohnte, so kehrte er mit Ballast zurück und meldete die Kunde von Thompsons Tod, der in einer so kleinen Stadt der Basenwelt für geraume Zeit ein Unterhaltungsthema bot.

Newton berieth sich mit seinem Vater, was mit dem Koffer anzufangen sei, aber Nicholas konnte ihm nur wenig mit Rath dienen. Nach vielen Pro's und Contra's wurde die Sache, wie alle andern schwierigen Fragen, verschoben.

»Wahrhaftig, Newton, ich weiß da nichts zu sagen. Der Koffer ist keinesfalls Dein Eigenthum, aber doch ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß wir den rechtmäßigen Besitzer ausfinden werden. Bring' ihn an's Land; wir wollen ihn zunageln und hören vielleicht gelegentlich etwas darüber. Wir wollen Nachfragen anstellen – beiläufig – wenn Deine Mutter –«

»Ich denke,« unterbrach ihn Newton, »es würde nicht räthlich sein, die Mutter von dem Umstand in Kenntniß zu setzen; die Beschwichtigung ihrer Neugierde über die Angelegenheit muß ich aber Euch überlassen.«

»Mir, Junge? Nein; ich glaube, 's ist besser, wenn Du dies besorgst, denn Du weißt– Du-bist nur gelegentlich zu Hause.«

»Nun, so sei's drum, Vater,« entgegnete Newton lachend. »Doch da kommt Mr. Dragwell und Mr. Hilton, um sich mit uns zu benehmen, was mit den Effekten des armen Thompson zu geschehen hat. Ich wüßte bis in's neunundneunzigste Glied hinaus keinen seiner Verwandten aufzufinden.«

Mr. Dragwell war der Pfarrer des Sprengels, ein fettes Männchen, mit Säbelbeinen, der immer auf der Kante des Stuhles saß, sich hinten anlehnte und auf seinem Bauche die Daumen drehte. Er war ein gutmüthiger, scherzhafter Herr, aber etwas weitschweifig in allen Dingen. Seine größte Eigenthümlichkeit bestand darin, daß er, obgleich er herzlich über jeden Witz lachen konnte, die Spässe Anderer doch nicht gleich in der Zeit, in welcher sie gemacht wurden, capirte. Seine Ideen schienen den langsamen und stummen Gang der Lava (jedoch ohne ihr Feuer) zu nehmen, und die Folge war, daß er zwar über einen guten Einfall lachte, aber nie mit anderen Leuten, sondern erst eine viertel- oder halbe Minute nachher (je nach der Schwierigkeit der Zergliederung), wenn das Gespräch schon wieder auf andere Gegenstände übergegangen war.

»Mr. Hilton war der Eigenthümer der Schaluppe, ein großer, wohlbeleibter Mann, der viele Jahre ein ähnliches Schiff geführt und durch ein bischen Schleichhandel eine hinreichende Summe gewonnen hatte, um sich ein eigenes Fahrzeug zu kaufen. Da jedoch der Ertrag desselben für seine Bedürfnisse mehr als zureichend war, so hatte er sich schon seit einiger Zeit an's Land zurückgezogen und dem alten Thompson die Führung seiner Schaluppe übertragen. Er war ein gutmüthiger fideler Bursche, der seine Pfeife und seinen Krug, noch mehr aber sein Schifflein liebte, weil es ihm Alles lieferte, was er für seine Gemächlichkeit bedurfte. Die größte Zeit des Tages pflegte er damit zu verbringen, daß er sich vor die Thüre seines Hauses, die gegen den Ankerplatz hinausging, setzte und mit jedem Vorübergehenden ein paar Worte wechselte, welche jedoch stets ein und denselben Gegenstand – nämlich seine Schaluppe – betrafen. Lag sie vor Anker, so konnte er mit dem Pfeifenstummel nach ihr hindeuten und sagen: »da ist sie.« War sie fort, so erzählte er, sie sei an diesem und diesem Tage ausgefahren und er erwarte sie zu der und der Zeit zurück. Es war ein günstiges – oder es war ein schlimmes Wetter für seine Schaluppe. Alle seine Ideen verknüpften sich mit diesem einen Lieblingsgegenstand, und es war keine leichte Aufgabe, ihn davon abzubringen.

Ich hätte bemerken sollen, daß Mr. Dragwell, der Pfarrer, unvermeidlich von Mr. Spinney begleitet wurde. Letzterer war der Küster des Kirchspiels, ein hageres Männchen, mit nur wenigen weißen Haaren, die zu beiden Seiten eines kahlen Scheitels standen. Er ließ sich sowohl in- als außerhalb der Kirche stets von seinem Oberen den Ton angeben und stieß jedesmal ein schwaches dreifaches »hi, hi, hi!« als Responsorium auf das laute »ha, ha, ha!« des Pfarrers aus.

»Friede sei mit diesem Hause!« bemerkte der Geistliche, als er über die Schwelle schritt, denn Mrs. Forsters Charakter war stadtkundig; dann belachte er seinen eigenen Witz mit einem »ha, ha, ha!«

»Hi, hi, hi!«

»Guten Morgen, Mr. Forster; was macht Eure Hauswirthin?«

»Sie ist endlich wohlbehalten vor Anker,« rief Mr. Hilton.

»Wer?« fragte der Pfarrer überrascht.

»Je nun, die Schaluppe – wer sonst?«

»Oh, ich dachte, Ihr meintet, die Frau – ha, ha, ha!«

»Hi, hi, hi!«

»Wollen die Herren nicht Platz nehmen?« sagte Nicholas, aus dem Laden nach dem Wohnzimmer deutend, wo sie Mrs. Forster antrafen, welche eben erst aus dem Hinterhause hereingekommen war.

»Hoffe, Ihr befindet Euch wohl, Herr Pfarrer,« bemerkte die Dame, mit Schärfe, denn sie ließ sich nicht einmal durch die Achtung vor dem geistlichen Gewande zu auch nur gewöhnlicher Höflichkeit bewegen. »Nehmt Platz – aber 's ist Alles mit Staub bedeckt. Die Betsy ist eine so faule Schlumpe!«

»Newton weiß mit ihr umzuspringen, so gut als nur einer,« bemerkte Hilton.

»Newton?« rief die Dame, sich mit zornig fragenden Blicken an ihren Sohn wendend.

»Was hätte denn Newton mit Betsy zu schaffen?« fuhr sie fort, sich gegen Hilton wendend.

»Mit Betsy? Nein; ich meinte die Schaluppe, Ma'am.«

Newton brach in ein Gelächter aus, in welches Hilton und sein Vater einstimmten.

»Eine traurige Geschichte – in der That sehr traurig!« sagte Hilton, nachdem sich die Heiterkeit wieder gelegt hatte. »Ein schrecklicher Tod!«

»Ha, ha, ha!« schallte es voll aus dem Munde des Pfarrers, der jetzt erst den Witz über Betsy capirt hatte.

»Hi, hi, hi!«

»Da sehe ich gar nichts zu lachen,« bemerkte Mrs. Forster schnippisch.

»Ein Kapitalspaß, Ma'am, kann ich Euch versichern!« entgegnete der Pfarrer. »Aber, Mr. Forster, 's ist glaube ich, besser, wenn wir an das Geschäft gehen. Spinney, wo sind die Papiere?«

Der Küster brachte ein Inventar über die Effekten des verstorbenen Mr. Thompson zum Vorschein und legte es auf den Tisch.

»Eine traurige Geschichte das, Ma'am,« fuhr der Pfarrer fort; »in der That sehr traurig, aber wir müssen Alle sterben.«

»Ja, Gott sei Dank!« murmelte Nicholas in einer Geistesabwesenheit vor sich hin.

»Gott sei Dank, Mr. Forster?« rief die Dame. »Ei, wünschest Du etwa zu sterben?«

»Ich dachte nicht gerade an mich selbst,« versetzte Nicholas – »ich –«

»Verlaßt Euch darauf, sie hält noch lange genug aus,« unterbrach ihn Mr. Hilton.

»Meint Ihr?« entgegnete Nicholas traurig.

»Oh, natürlich; ich habe sie erst kürzlich ausgekleidet und durch und durch visitirt; sie ist so gesund als nur je.«

Nicholas fuhr auf und sah Hilton mit großen Augen in's Gesicht, während Newton, der den verschiedenen Ideengang bemerkte, vergnügt vor sich hinkicherte.

»Von was sprecht Ihr denn?« bemerkte endlich Nicholas.

»Natürlich von der Schaluppe,« versetzte Hilton.

»Ich habe geglaubt, ihr kämet, um euch über Thompsons Hinterlassenschaft zu berathen,« ergriff Mrs. Forster gereizt das Wort. »Ich dächte, der Gegenstand wäre ernst genug, und ihr hättet nicht nöthig –«

»Ha, ha, ha!« platzte der Pfarrer heraus, der jetzt erst die Zweideutigkeit begriffen hatte, welche zu Newtons Heiterkeit Anlaß gab.

»Hi, hi, hi!«

Dieser letztere Erguß von Seite des Mr. Dragwell schien in den Augen der Dame des Hauses so ganz darauf berechnet zu sein, sie zu beleidigen, daß sie mit dem Rufe aus dem Zimmer stürzte: »Die Schenke würde für Euch ein weit passenderer Sammelplatz sein.«

Der Pfarrer drehte mit seinem Daumen, während die Augen aller Uebrigen der abfahrenden Mrs. Forster nach sahen. Für eine Weile trat tiefes Schweigen ein.

»Findet Ihr nicht, daß sie ein angenehmes kleines Ding ist?« sagte Hilton, sich an Newton wendend.

Nicholas Forster war in düstere Gedanken über sein Weib versenkt und schüttelte, ohne die Augen zu erheben, mit dem Kopfe, während Newton beifällig nickte.

»Bietet alle Bequemlichkeit,« fuhr Hilton fort.

Ein abermaliges Schütteln von Seite des alten und beifälliges Nicken von Seite des jungen Forster.

»Wenn ich der Meinung wäre, daß Ihr mit ihr zurechtkommen könntet, Forster,« ließ sich Hilton weiter vernehmen – »sagt mir, was haltet Ihr selbst davon?«

»O, ganz unmöglich!« versetzte Nicholas.

»Ganz unmöglich, Mr. Forster? Ei, daß Dich – ich habe eine bessere Meinung von Newton – ich glaube, er kann's.«

»Nun ja,« entgegnete Nicholas; »freilich besser, als ich – aber doch ist sie –«

»Sie ist eine Schönheit, Mr. Forster.«

»Meine Frau eine Schönheit?« rief Nicholas, Hilton erstaunt ansehend.

Newton und Hilton brachen in ein Gelächter aus.

»Nein, nein,« bemerkte der letztere; »wir wollen jetzt an unser Geschäft gehen. Wie wär's, wenn wir zu unseren Pfeifen griffen, Mr. Forster? Mr. Dragwell, was sagt Ihr dazu?«

»Ha, ha, ha!« lachte der Pfarrer nachträglich über das frühere Mißverständniß.

»Hi, hi, hi!«

»Nun ja,« fuhr der Pfarrer fort; »ich denke, es ist ein ganz trefflicher Vorschlag. Diese traurige Angelegenheit bedarf reiflicher Ueberlegung, und ich habe meinen Kopf nie so gut beisammen, als wenn ich die Pfeife im Munde habe. Mrs. Dragwell sagt, sie kenne alle meine besten Predigten aus dem Gerüche – capirt ihr das? – Ha, ha, ha!«

»Hi, hi, hi!«

Die Pfeifen nebst ein paar Krügen Porter waren bald aus dem benachbarten Bierhause beschickt. Während jedoch die Gentlemen ihre Rauchwerkzeuge stopfen und das Tabakspaquet einander zuschieben, will ich noch, ungeachtet der gegenseitigen Ansicht von Seiten des anderen Geschlechtes, eine kleine Abschweifung zum Lobe und Preise dieses höchst mächtigen und lieblichen Kräutleins machen.

Ich liebe Dich, ob Du in der Gestalt einer Cigarre erscheinst, oder ob Du, eingeschlossen in den Meerschaumkopf, in süßem Wohlgeruche dahin stirbst; ich liebe Dich mehr, als man ein Weib lieben kann. Du bist mein Gefährte in der Einsamkeit; ich kann mit Dir sprechen und raisonniren, ohne laute und geräuschvolle Argumentationen vorbringen zu müssen. Du bist mir ein Freund in der Noth, ein Rathgeber in der Stille, die mich umgibt, und tröstest den Verdrießlichen mit Deinem beruhigenden Einflusse.

Ich weiß nicht, wie Du zu Deinen Kräften gekommen bist; wenn aber die Beruhigung der Gefühle und die Macht, die Gedanken fessellos aufquellen zu lassen, gleich dem weißen Rauch aus der Hütte des Landmanns an einem sonnigen heiteren Morgen – wenn die Mittheilung jener ernsten Wehmuth, welche uns geneigt macht, unseren Feinden zu vergeben – jener ruhigen Philosophie, welche uns mit dem Undank und der Schlechtigkeit versöhnt – jene himmlische Betrachtung, die uns bei einem Blick auf die ganze Natur sagt, daß Alles gut ist – wenn dies Verdienste sind, so wohnen sie Dir inne, Du höchst gewaltiges Kraut!

Wie ruhig wäre die Welt, wenn männiglich rauchen würde! Ich vermuthe fast, der Grund, warum das schönere Geschlecht Pfui über Dich schreit, liegt bloß darin, daß Du die Ursache des Schweigens bist. Die Alten kannten Dich nicht, sonst hätten sie die Lippen des Harpokrates mit einer Cigarre geschlossen und seinen Vorderfinger nicht an den Mund, sondern an die Schläfe gesetzt.

Eine halbe Stunde entschwand, ohne daß Einer der Gesellschaft sich eine Bemerkung erlaubte, und das Zimmer erfüllte sich allmälig mit Rauchwolken, die sich in anmuthigen Linien rollten und kräuselten, während sie, den unwandelbaren Gesetzen der Natur gehorchend, in die Höhe stiegen.

Hiltons Pfeife war zuerst ausgeraucht; er schüttelte die Asche auf den Tisch.

»Wahrhaftig, eine sehr traurige Geschichte!« bemerkte er, während er den Kopf wieder füllte.

Die Uebrigen nickten großartig; die Pfeife wurde angezündet und Alles war wieder so stumm, wie zuvor.

Wieder ist eine Pfeife leer.

»Wenn man das Inventar betrachtet,« sagte der Pfarrer, »so sollte man meinen, die Artikel seien von keinem besonderen Werthe. Eine Pelzmütze, ein runder Hut, ein Paar Plüschhosen, ein – –; ich möchte für Alles zusammen keine zwei Pfund ausgeben,« fuhr er fort, den Tabak in die Pfeife stopfend, welche er wieder anzündete und dann nichts mehr sagte.

Nicholas war der Dritte, dem sein Glimmrohr ausging.

»Es scheint mir,« bemerkte er – aber was ihm schien, ging verloren, da ihm eine neue Idee durch den Sinn schoß, und er begann seine zweite Pfeife zu rauchen, ohne eine weitere Aeußerung laut werden zu lassen.

Zehn Minuten später bot Mr. Spinney den Porterkrug zuerst dem Pfarrer und dann den Uebrigen hin.

Alle thaten kräftige Züge, und dann pafften sie wieder wie zuvor.

Wie lange dieser geheime Rath in der gleichen Weise fortgemacht haben würde, ist nicht gut zu sagen, denn das »Stillschweigen,« welches den »Vorsitz« führte, würde bald durch den unversöhnlichsten seiner Feinde, nämlich von einer »Weiberzunge« von seinem Ehrenplatze verdrängt.

»Nun, Mr. Forster! Nun, ihr Herrn! habt ihr im Sinne, mich zu vergiften? Ist des Gestankes und des Unflaths noch immer nicht genug? Ich möchte doch wissen, tote lange dies noch währen soll!« rief Mrs. Forster in das Zimmer tretend. »Ich will Dir was sagen, Forster, 's wär besser, Du henktest einen Schild hinaus und hieltest eine Schenke; zum Wirthschaftszeichen könntest Du einen Narrenkopf nehmen wie der Deinige ist. Es nimmt mich nur Wunder, daß Ihr Euch nicht vor Euch selbst schämt, Herr Pfarrer – Ihr, der Ihr doch Euern Beichtkindern mit einem guten Beispiele vorangehen solltet.«

Herrn Dragwell gefiel eine derartige Vorstellung durchaus nicht; er nahm daher seine Pfeife aus dem Munde und erwiederte:

»Wenn Euer Mann um einen Schild verlegen ist, so würde ich ihm empfehlen, dazu die böse Sieben zu wählen – Euer Porträt würde ganz den geeigneten Dienst erfüllen – ha, ha, ha!«

»Hi, hi, hi!«

»Hi, hi, hi! Ihr jammerwürdiges Skelet,« rief Mrs. Forster, wüthend sich an den Küster wendend, da sie sich doch nicht getraute, ihren Grimm gegen den Pfarrer sprudeln zu lassen. »Nehmt dies für Euer hi, hi, hi!«

Und damit schwenkte sie den leeren Zinnkrug, den sie von dem Tische weggenommen hatte, im Kreise und gegen den kahlen Schädel des Herrn Spinney, der von seinem Stuhle herunterpurzelte und auf den mit Sand bestreuten Boden hinrollte.

Im Nu war die ganze übrige Gesellschaft auf den Beinen. Newton riß seiner Mutter die Waffe aus der Hand und schleuderte den Krug in eine Ecke des Zimmers. Nicholas war vor Entsetzen ganz sprachlos, denn er vermuthete nicht mit Unrecht, daß die Reihe jetzt an ihn kommen werde.

»Schämst Du Dich nicht vor Dir selbst, Forster, daß Du mich in dieser Weise behandeln läßt und einen Haufen von Trunkenbolden in's Haus bringst, damit sie mich beschimpfen? Ich frage Dich, ob Du sie augenblicklich aus dem Hause schaffen willst, oder nicht! – Soll's einmal Ruhe werden – he?«

»Ja, meine Liebe,« versetzte Nicholas verwirrt; »ich hoffe es, meine Theure, sobald Du – –«

Mrs. Forster stürzte mit der Wuth einer tollen Katze auf ihren Gatten los; Hilton aber, der die Gefahr seines Wirthes bemerkte, stellte ihr ein Bein, so daß sie mit dem Gesichte flach auf den Boden fiel. Die Gewalt des Sturzes war so groß, daß sie betäubt liegen blieb. Newton hob sie auf und brachte sie unter dem Beistande seines Vaters, der sich ebenso widerstrebend näherte, als sich ein Pferd zu dem todten Körper eines Tigers spornen läßt, die Treppe hinauf, wo Mrs. Forster zu Bette gebracht wurde.

Der arme Mr. Spinney wurde jetzt gleichfalls von dem Boden aufgelesen. Er war noch immer von dem Schlage betäubt, obschon er allmälig wieder zur Besinnung kam.

Betsy kam herein, um ihren Beistand anzubieten.

»Oh du mein Himmel, Herr Pfarrer,« rief sie, »glaubt Ihr, daß er sterben wird?«

»Nein, nein, Betsy; bringt nur hurtig ein wenig Wasser und sprengt es ihm in's Gesicht.«

»Es wäre besser, man brächte ihn nach Hause, wie er ist,« entgegnete Betsy, »und sagte, er sei auf dem Platze geblieben. Wenn's dann Missis hört, so wird sie sich halb tobt ängstigen, und man hat doch wenigstens eine Weile vor ihr Ruhe.«

»Ein vortrefflicher Einfall, Betsy,« erwiederte Hilton, »wir wollen sie für ihr rohes Benehmen züchtigen.«

Auch dem Pfarrer leuchtete der Vorschlag ausnehmend gut ein. Mr. Spinney wurde in einen Armstuhl gesetzt, mit dem Tischtuche zugedeckt und von zwei Männern nach dem Pfarrhause gebracht.

Letzteres war geschehen, noch ehe Nicholas oder Newton das Gemach verlassen hatten, wo Mrs. Forster in einem beklagenswürdigen Zustande lag. Ihre scharfe Nase war zerbrochen und auf die eine Seite gedreht; über der Augenbraue befand sich ein Loch bis auf den Knochen, und an der Stirne quoll eine gewaltige Beule auf. In weniger als einer halben Stunde lief durch's ganze Städtchen das Gerücht, Spinney sei von Mrs. Forster ermordet worden und sein Gehirn habe alle Ladenfenster bespritzt!


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