InhaltInhalt
- Walter Benjamin
- 1912
- 1924
- 1926
- Alfred Kuhn, Das alte Spanien. Landschaft, Geschichte, Kunst.
- Hugo von Hofmannsthal, Der Turm.
- Hans Bethge, Ägyptische Reise. Ein Tagebuch.
- »Bella«
- Ein Drama von Poe entdeckt
- Deutsche Volkheit.
- Ventura Garcia Calderon: La vengeance du Condor.
- Übersetzungen
- Margaret Kennedy, Die treue Nymphe.
- Carl Albrecht Bernoulli, Johann Jacob Bachofen und das Natursymbol.
- Franz Hessel
- Der Kaufmann im Dichter
- Ssofja Fedortschenko, Der Russe redet. Aufzeichnungen nach dem Stenogramm.
- Oskar Walzel, Das Wortkunstwerk. Mittel seiner Erforschung.
- W[ladimir] I[ljitsch] Lenin, Briefe an Maxim Gorki 1908 – 1913.
- 1927
- Paul Hankamer, Die Sprache, ihr Begriff und ihre Deutung im 16. und 17. Jahrhundert.
- Fjodor Gladkow, Zement.
- Iwan Schmeljow, Der Kellner.
- Europäische Lyrik der Gegenwart. 1900-1925.
- Gaston Baty, Le masque et l'encensoir.
- Paul Léautaud, Le théâtre de Maurice Boissard.
- Ramon Gomez de la Serna, Le cirque.
- Philippe Soupault, Le cœur d'or.
- Henry Poulaille, L'enfantement de la paix.
- Henry Poulaille, Ames neuves.
- Pierre Girard, Connaissez mieux le cœur des femmes.
- Martin Maurice, Nuit et jour.
- Anthologie de la nouvelle prose française.
- Drei Franzosen
- Franz Hessel, Heimliches Berlin.
- Aus Gottfried Kellers glücklicher Zeit. Der Dichter im Briefwechsel mit Marie und Adolf Exner.
- 1928
- Landschaft und Reisen
- Graf Paul Yorck von Wartenburg, Italienisches Tagebuch.
- Georg Lichey, Italien und wir. Eine Italienreise.
- Der Deutsche in der Landschaft.
- Drei kleine Kritiken von Reisebüchern
- Eva Fiesel, Die Sprachphilosophie der deutschen Romantik.
- Hugo von Hofmannsthals »Turm«
- Eine neue gnostische Liebesdichtung
- Michael Sostschenko, So lacht Rußland! Humoresken.
- Aus unbekannten Schriften. Festgabe für Martin Buber zum 50. Geburtstag.
- Drei Bücher: Viktor Schklowski – Alfred Polgar – Julien Benda
- Kulturgeschichte des Spielzeugs
- Giacomo Leopardi, Gedanken.
- Ein grundsätzlicher Briefwechsel über die Kritik übersetzter Werke
- George Moore, Albert und Hubert. Erzählung.
- A[lexanderJ M[oritz] Frey, Außenseiter. Zwölf seltsame Geschichten.
- Zwei Kommentare
- Spielzeug und Spielen
- Jakob Job, Neapel. Reisebilder und Skizzen.
- Anja und Georg Mendelssohn, Der Mensch in der Handschrift.
- Kapitel 58
- Alexys A. Sidorow, Moskau.
- I[saac] Benrubi, Philosophische Strömungen der Gegenwart in Frankreich.
- Feuergeiz-Saga
- Johann Wolfgang von Goethe, Farbenlehre.
- Neues von Blumen
- »Adrienne Mesurat«
- 1929
- Russische Romane
- Zwei Bücher über Lyrik
- Alexander Mette, Über Beziehungen zwischen Spracheigentümlichkeiten Schizophrener und dichterischer Produktion.
- Arthur Holitscher, Es geschah in Moskau.
- Robert Faesi, Die Ernte schweizerischer Lyrik.
- Nicolas von Arseniew, Die russische Literatur der Neuzeit und Gegenwart in ihren geistigen Zusammenhängen in Einzeldarstellungen.
- Bücher, die lebendig geblieben sind
- Kapitel 73
- Bücher, die übersetzt werden sollten
- Marcel Brian, Bartholomée de Las Casas. »Père des Indiens«.
- Léon Deubel, Œuvres. Préface de Georges Duhamel.
- Gebrauchslyrik? Aber nicht so!
- Willa Cather, Frau im Zwielicht.
- Curt Elwenspoek, Rinaldo Rinaldini, der romantische Räuberfürst.
- Der arkadische Schmock
- Echt Ingolstädter Originalnovellen
- Hans Heckel, Geschichte der deutschen Literatur in Schlesien.
- Die Wiederkehr des Flaneurs
- Alfred Polgar, Hinterland.
- Joseph Gregor, Die Schwestern von Prag und andere Novellen.
- Magnus Hirschfeld, Berndt Götz, Das erotische Weltbild.
- Familienbriefe Jeremias Gotthelfs.
- Hebel gegen einen neuen Bewunderer verteidigt
- Eine kommunistische Pädagogik
- [Was schenke ich einem Snob?]
- G .F. Hartlaub, Der Genius im Kinde.
- 1930
- François Porché, Der Leidensweg des Dichters Baudelaire.
- Ein Außenseiter macht sich bemerkbar. Zu S. Kracauer, »Die Angestellten«
- Ein Buch für die, die Romane satt haben
- Krisis des Romans. Zu Döblins »Berlin Alexanderplatz«
- Gabriele Eckehard, das deutsche Buch im Zeitalter des Barock.
- Theorien des deutschen Faschismus
- Zur Wiederkehr von Hofmannsthals Todestag
- Wider ein Meisterwerk
- Ein Jakobiner von heute
- Symeon, der neue Theologe, Licht vom Licht.
- Chichleuchlauchra. Zu einer Fibel
- Kolonialpädagogik
- 1931
- Linke Melancholie. Zu Erich Kästners neuem Gedichtbuch
- Literaturgeschichte und Literaturwissenschaft
- Das Problem des Klassischen und die Antike.
- Wie erklären sich grosse Bücherfolge? »Chrut und Uchrut« – ein schweizerisches Kräuterbuch
- Wissenschaft nach der Mode
- Baudelaire unterm Stahlhelm
- Ein Schwarmgeist auf dem Katheder: Franz von Baader
- Oskar Maria Graf als Erzähler
- Kapitel 114
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Zwei Bücher über Lyrik
Franz Heyden, Deutsche Lyrik.
Nachschaffende Betrachtungen lyrischer Gedichte. Hamburg, Berlin, Leipzig: Hanseatische Verlagsanstalt (1929). 236 S.
Die Situation: »So singt es und klingt es, die Sinne in bestrickendem Wohllaut umschmeichelnd, schier endlos.« Heyden: Deutsche Lyrik, S. 99.
Es gibt Situationen, da kann einer gar nichts klügeres tun, als sich dumm stellen. Es sind nicht die Ungefährlichsten, die diese Taktik verlangen. Und wir rechnen die Situation, in die diese »Nachschaffenden Betrachtungen lyrischer Gedichte« den Leser versetzen, nicht zu den harmlosen.
Der Verfasser nimmt keinen Anstand, zum Genuß lyrischer
Dichtungen einzuladen. Andere an dem »im Genuß« Empfundenen teilnehmen zu lassen, das ist eingestandenermaßen die Absicht. Bleiben wir beim Genuß. Auf dem Tisch steht eine Schokoladentorte. Bestimmt wird die gute Hausfrau zum Genusse derselben einladen. Aber wird sie in der »nachschaffenden Betrachtung« der Torte Mittel zu dessen Steigerung oder gar dessen Wesen sehen? Bestimmt nicht. Sie wird sogar diese nachschaffende Betrachtung eher zu vermeiden suchen. Und es ist gar nicht erfindlich, warum wir ihren guten Tischsitten nicht an geisterhafteren Tafeln Respekt verschaffen.
Bleiben wir begriffsstutzig. Stutzen wir bei dem Begriffe: Genuß. Der ist doch nur die erste Etappe, das Vorspiel der Einverleibung. Mit der Einverleibung, die dem Genuß folgt, setzt das Hauptstück des Vorgangs erst ein. Was hielten wir von einer Physiologie der Ernährung, die es nur mit den Freuden des Geschmacksinns zu tun hat? Nichts. Genau so viel von dem Buch, das hier vorliegt. Denn gerade für das lyrische Gedicht wie für sonst nichts im Schrifttum gilt: nur wo es einem ganz zu Fleisch und Blut geworden ist, beginnt es sein Werk. Der Schauplatz aber alles Förderlichen, Nahrhaften, Nutzbaren, das der Lyrik einwohnt, heißt Gedächtnis und ist in diesem Buche nirgends betreten. »Werde auswendig«, das ist das Geheiß, mit dem jede lyrische Dichtung ins Leben tritt. Schauplatz seiner Erfüllung ist das Gedächtnis.
»Nicht die Stärke, sondern die Dauer des großen Gefühls macht den großen Menschen« schreibt Nietzsche. Nun – das Gedicht ist die besondere Speise, die Stärke des Gefühls in organische Dauer umzusetzen bestimmt ist, die Gefühle überwältigt und einverleibt. Das ist sein einzig echter, einzig erheblicher »pädagogischer« Sinn. Und in nichts dem reformpädagogischen Vorwitz verwandt, der hier ein witterndes Naschen vorwagt.
Wie ein Gedicht nach jahrelangem Wissen Gewohnheit wird, das bestimmt sein Ethos. Nämlich griechisch: Ethos = Gewohnheit. Dann hat ein herbes Werk der Zersetzung es in solchem Grade verwandelt und so sehr jenseits von alledem was einst an ihm »genußreich« war gestellt, daß nun von ihm zu reden möglich wird. »Auswendig« heben wir das Gedicht aus den Angeln. Wie geringer ist es geworden und nur weniges an ihm fühlbar.
Es ist die Klosterzelle, das Gedächtnis, in dem die Sätze, Verse, Worte wie Trappisten stumm in die Särge ihrer Buchstäblichkeit sich zur Ruhe legen. Von diesem rechten, sprengenden, ja in Stücke sprengendem Sterben des Werkes hätte der Verfasser wohl etwas erkennen können, wenn er in der neuen, nachgeorgischen Lyrik sich umgetan, Brecht und Ringelnatz auf seinem Schreibtisch gefunden und so die Todeskrisis einer ganzen Gattung von Lyrik sich für ihn erschlossen hätte. Des Liedes nämlich. Denn das Lied, das noch in seinem hohlsten Nachklang (Falke, Brandes) dem Verfasser das A und O der Lyrik bedeutet, ist doch selbst in seinen erhabensten Lauten diesem rechtzeitig-zeitweiligen Verstummen gerade jetzt ausgeliefert. Seine Betrachtung kann nur so trostlose Begriffe wie den der »uneigentlichen Sprache«, des »seelischen Fluidums«, des »lyrischen Hauches« zutage fördern. Für den »Deutschunterricht« sind sie kein »Fortschritt«, für den Schüler eine Qual, für den Denkenden Unfug.
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