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Vorbemerkung des Herausgebers.


Laubes letzter Roman, der erst nach seinem Tode erschien, ist ein Tendenzroman und behandelt die Judenfrage. Wie sich das ganze »junge Deutschland« mit einer durch die Zeitverhältnisse bedingten Vorliebe des Judentums annahm, so hat auch Laube zu denen gehört, die sich nicht schrecken ließen durch den Wolfgang Menzelschen Unkenruf »das junge Palästina«, womit die ganze jungdeutsche Schriftstellergeneration in Mißgunst gebracht werden sollte, sondern sich mit Bewußtsein von den Vorurteilen der Masse trennten und es nie versäumten, mit Wort und Schrift für ihre Meinung einzustehen. Auf diese Stellungnahme Laubes haben natürlich die Eindrücke gewirkt, die er in seiner Jugend von der jüdischen Bevölkerung seiner schlesischen Heimat erhalten hat. In Sprottau wußte man noch nichts vom Judenhaß; es wohnten auch nur ganz vereinzelte jüdische Familien dort, wie dies schon aus der novellistischen Milieuschilderung seiner Vaterstadt, der historischen Erzählung »Der Schatten Wilhelm«, hervorgeht. Als Laube dann als Gymnasiast in Glogau sich durch Stundengeben und Freitische mühsam durcharbeitete, kam er regelmäßig in die Häuser von Christen und Juden, und die freundliche Aufnahme, die er bei beiden in gleicher Weise fand, verhinderte, daß sich ein Vorurteil in ihm gegen den Israeliten an sich festsetzte. Aus diesen seinen Jugendbekanntschaften werden auch die charakteristischsten Gestalten dieses Romans, wie z. B. der alte Moses, emporgewachsen sein. Während seines späteren Lebens hatte dann Laube, da sich in der literarischen, künstlerischen und politischen Entwicklung des neunzehnten Jahrhunderts das jüdische Element immer stärker vordrängte, genügend Gelegenheit, die Natur des Israeliten in allen ihren Spielarten kennen zu lernen, und wenn er bei aller Bewunderung für die Intelligenz und zähe Kraft dieser Rasse die Wirkung dieses Sauerteiges auch nicht allenthalben billigen konnte, worüber er sich aus eigenster Erfahrung mit der Familie Beer bzw. mit dem Komponisten Meyerbeer in der Einleitung zu seinem Drama »Struensee« mit seiner erfrischenden Offenheit ausgesprochen hat, so war er doch weit entfernt, die Fehler einer Gattung zum Ausgangspunkt für ihre gesamte Beurteilung zu nehmen. Als den besten Typus des deutschen Juden verehrte er Berthold Auerbach, dessen Entwicklung für ihn die Möglichkeit einer völligen Nationalisierung des Juden bewies. Die enge Freundschaft mit Heine, die zahlreichen sympathischen Juden, die ihm in der Literatur und besonders am Theater begegneten, von dem »Starosten« der »Reisenovellen«, einem Leipziger Kaufmann Axenfeld, bis zu geistigen Repräsentanten wie Eduard Gans, Gabriel Riesser, Moritz Hartmann und andern, und nicht zuletzt die tiefe aufrüttelnde Wirkung, die auch der junge Laube gerade aus der Lektüre der Briefe einer Jüdin, Rahel Varnhagens, davongetragen hatte, alles dies fiel bei ihm schwer in die Schale zugunsten der jüdischen Rasse, und dem ist es zuzuschreiben, daß er überall da, wo er als Dichter diesem Problem oder solchen Charakteren nachgeht, zu einem freundlichen Resultat und zu liebenswürdigen Gestalten kommt. Im zweiten Teil des »Jungen Europa« bildet die bittere Anklage gegen das Schicksal, dem Joel und sein Vater Manasse zum Opfer fallen, den letzten wehmütigen Akkord des Buches. In dem dreibändigen Roman »Die Böhminger« (1880), der aus dieser Sammlung ausgeschlossen werden mußte, hat Laube die anziehende Erscheinung einer Jüdin Deborah gestaltet, die an dem Vorurteil gegen ihre Abstammung tragisch zugrunde geht. Die in den siebziger Jahren aufschießende antisemitische Bewegung brachte das Judenproblem dem greisen Dichter besonders nahe, und daß er sich der Tendenz dieser Bewegung nicht anzuschließen vermochte, bewies er durch den Roman »Ruben«, in dem er als das wirksamste Mittel zur Überwindung des Rassen- und Konfessionsunterrichtes die 1875 gesetzlich geregelte Zivilehe gefunden zu haben glaubte.

»Ruben« ist Laubes letzte Arbeit; er vollendete den Roman im Frühjahr 1884 und las ihn Anfang Juni in einem engeren Freundeskreise vor. Die erste Veröffentlichung in der »Neuen Freien Presse« hat er noch angeordnet, aber nicht mehr erlebt. Als Buch erschien der Roman im folgenden Jahr im Verlag von H. Hässel in Leipzig.

Houben.


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