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Vorwort

Ein zoologisches Plauderbuch ist es, das ich hier den jungen Lesern biete, ein Buch, das Freude an der Natur und Liebe zu ihren Geschöpfen wecken will, das über der Naturwissenschaft auch der Naturgeschichte nicht vergißt. Es will Naturfreunde heranbilden, die offenen Auges durch diese Welt der Wunder gehen, von ihrem goldnen Überflusse trinken, was immer nur die Wimper hält. Es will zum Schauen und Vergleichen anregen und damit zum Nachdenken führen. Es will in die Herzen der Jugend die Urwahrheit prägen, die Goethe im »Faust« in die Worte goß:

» … Und lehrst mich meine Brüder
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.«

Dem Tiere sich seit Urzeittagen noch viel näher fühlend als der Erwachsene, sieht die Jugend im Tiere noch nicht den elenden Sklaven, der allen menschlichen Launen unterworfen ist. Sie hat noch ein vertrautes Verhältnis zum Tiere. Die Schlagbäume, mit denen der Erwachsene das Nirgendland seines nebelhaften »Menschenreichs« absperrt, sind der Jugend noch keine Schranken: sie steigt lachend darüber hinweg oder schlüpft, ein Schnippchen schlagend, darunter hindurch. Es hat etwas Rührendes, zu hören, daß unsre Forscher überall, wo sie mit noch wenig berührten Naturvölkern zusammentrafen, in deren Gesellschaft allerlei Getier als Spielgefährten fanden: Affen, Rehe, Känguruhs, Papageien, Tauben, ja, selbst Füchse, Wölfe, Bären und Krokodile. Ist das nicht, als wären jene frommen mittelalterlichen Legenden Fleisch und Blut geworden? Jene überschwenglichen Hymnen, darin der heilige Franziskus vom Berge seiner Verklärung dem »Bruder Wolf« ein tränenersticktes Lebewohl zuruft. – Und der Wolf reicht dem Heiligen treuherzig die Pfote und gelobt ihm mit ehrerbietigem Neigen des Kopfs Urfehde. Die moderne Naturforschung hat uns gelehrt, daß eine letzte, tiefste Wahrheit sich in solchen Anschauungen birgt. Darum will mein Buch Achtung wecken vor dem Tiere, Verständnis predigen für seine Eigenart und sein Recht.

Es sind Geschichten, die ich hier von mancherlei Tieren erzähle, Geschichten, die sich gleichsam ganz von selbst zur Naturgeschichte des Tieres verdichten, sich zu der Kunde von der besondern Art und den besondern Lebensgewohnheiten des Tiers vereinigen, und so steckt in dem Buche auch ein gut Stück Naturwissenschaft. Ich habe oft aus entlegenen Quellen dies und das geschöpft; deshalb wird es selbst der Fachmann nicht ohne Nutzen aus den Händen legen. Für alles Biologische, das ja glücklicherweise heut den naturkundlichen Unterricht beherrscht und zu einer Freude für Schüler wie Lehrer gestaltet hat, sind mir die geradezu klassischen Werke von Schmeil und Hesse-Doflein nicht zu überbietende Meister gewesen. Für die ästhetische Betrachtung habe ich mir als Vorbild die sehr zu Unrecht vergessenen »Naturstudien« von Hermann Masius gewählt, die das Entzücken unsrer Eltern waren. So ist, hoffe ich, aus Altem und Neuem ein neues Ganzes geworden, das nirgends lehrhaft wirkt, aus dem aber jeder wohl lernen mag.

Dr. Adolf Heilborn.


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