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Der Schakal wohnte allein. Da geschah es, daß zwei Löwen in das Haus des Schakals gingen, ihm aufzulauern, wenn er abends von der Jagd zurückkehre. Der Schakal blieb sehr lange fort. Als er sich endlich seinem Hause näherte, überfiel ihn eine Ahnung, und er dachte: da ist etwas nicht ganz richtig in meinem Hause. Als er noch ziemlich fern war, rief er deshalb: »Mein Haus, mein Haus!« Niemand antwortete. Da rief er wieder: »Was ist denn mit meinem Hause geschehen? Es antwortet doch sonst. Da ist gewiß etwas nicht richtig mit meinem Hause!« Und er rief wiederum: »Mein Haus, mein Haus!« Da antwortete einer der Löwen, und der Schakal rief: »Seit wann antwortet mein Haus denn?« und entfloh. – In allen afrikanischen Fabeln ist der Schakal das kluge, listenreiche Tier, ja, er spielt geradezu die Rolle unsres Reineke Fuchs. Das mag noch eine zweite Hottentottenfabel zeigen. Der Löwe, erzählt sie, war einst krank. Alle Tiere kamen, ihn zu besuchen. Nur der Schakal besuchte ihn nicht, weil die Spuren derer, die zu ihm gingen, nicht wieder zurückkehrten. Die Hyäne verklagte ihn deshalb beim Löwen und sagte: »Ich komme und besuche dich, aber der Schakal läßt sich nicht herbei, zu kommen und nach dir zu sehen.« Da schickte der Löwe die Hyäne aus, sie möchte den Schakal bringen. Als sie ihn gebracht, fragte der Löwe: »Warum hast du mich nicht besucht?« Der Schakal sprach: »Nicht doch, Herr! Als ich hörte, daß mein Oheim (d. h. der Löwe) so krank sei, ging ich zum Zauberdoktor und fragte ihn, welche Medizin meinem Oheim gegen seine Schmerzen helfen würde. Der Doktor sagte: Geh und sage deinem Oheim, er solle die Hyäne fangen, ihr das Fell abziehen und sich hineinwickeln, so lange es noch warm ist; dann wird er wieder gesund werden. Die Hyäne kümmert sich aber durchaus nicht um meines Oheims Leiden.« Der Löwe folgte dem Rate, ergriff die Hyäne, zog der laut schreienden das Fell über die Ohren und wickelte sich hinein. – Die alten Ägypter verehrten den Schakal weit und breit als Fetisch und hatten ihn auch gezähmt; er ist auf ihren Denkmälern oft dargestellt. Auch die dreihundert Füchse, die Simson fing und mit Feuerbränden in die Ernte der Philister jagte, waren vermutlich Schakale.
Der Schakal ( Canis âûrëus) – das Wort ist persisch: schagâl oder schigâl und bedeutet etwa Goldwolf – ist ein hundeartiges Raubtier, das in einigen Zügen an den Wolf, in andern an den Fuchs gemahnt. Kräftig gebaut und hochbeinig, erreicht der Körper eine Länge von etwa 75 Zentimeter und eine Höhe von etwa 50 Zentimeter. Der kluge Fuchskopf hat eine doch etwas stumpfere Schnauze, kurze, weit auseinander und ziemlich hoch stehende Ohren und hellbraune, rundsternige, listig blickende Augen. Wie bei allen hundeartigen Raubtieren sind die Backenzähne besonders stark entwickelt, stärker als die der Katzen, und die »Mahlzähne« mit den breiten Kronen in Ober- und Unterkiefer verraten uns, daß das Tier nicht ausschließlich auf Fleischnahrung angewiesen ist. In der Tat verzehrt der Schakal denn auch gelegentlich Pflanzenstoffe und hat beispielshalber gleich unserm Fuchs eine besondere Vorliebe für Weintrauben. In Palästina ziehen deshalb, wie Kobelk angibt, die Kolonisten in manchen Gegenden nur amerikanische Sorten mit starkem Muskatellergeschmack, die der Schakal verschmäht. Nach Schweinfurth gräbt der Schakal in Mittelafrika auch Erdnüsse aus und knackt sie mit vielem Behagen. In Indien sucht er gelegentlich Mais- und Zuckerrohrfelder heim und plündert selbst die Kaffeeplantagen. Die Füße tragen vorn fünf, hinten vier Zehen mit starken, nicht zurückziehbaren Krallen. Ein echtes Steppentier, ist der Schakal ein ausdauernder Läufer. Weit verbreitet, in ganz Afrika, Süd- und Westasien, Kleinasien und selbst auf der Balkanhalbinsel vorkommend – vereinzelte Tiere haben selbst die Save überschritten und sind in Slawonien, eines ist im Jahre 1879 sogar im Donauried an der Draumündung erlegt worden –, läßt der Schakal eine ganze Anzahl von Formen unterscheiden. Der eigentliche Schakal ist im allgemeinen fahlgelb gefärbt, auf dem Rücken fast schwärzlich und über den Schultern unregelmäßig dunkel gestreift. Dunkel ist auch der buschige, tief herabreichende Schwanz. An den Seiten und am Kopfe geht das Gelb unvermittelt in ein Rotgold über, der Unterbauch ist weißlichgelb. In Inner- und Südafrika ist die verbreitetste Schakalart der sogenannte Schabrackenschakal( Câ?nis mesom?las), der etwas kurzbeiniger und länger ist, in der Kopfform noch mehr dem Fuchse ähnelt, größere, dreieckige, dichter beieinander stehende Ohren hat und auch anders gefärbt erscheint. Die Grundfarbe des schön gezeichneten Tieres ist ein leuchtendes Goldgelb, der Bauch und die Innenfläche der Beine verblassen gelblichweiß. Der Kopf hat einen grauen Ton, die Ohren erscheinen rötlich gefärbt; der rostfarbene, bis zur Erde reichende, buschige Schwanz ist in den letzten zwei Dritteln schwarz. Den ganzen Rücken aber deckt eine grauschwarze, leicht weißlich gequerte Schabracke, die an den Seiten scharf abgesetzt ist. Eben dieser Schönheit des weichen Felles wegen fertigen die südafrikanischen Eingeborenen daraus ihren Fellmantel, den »Karoß«. Von dem Schwanze aber machen die Hottentotten den seltsamsten Gebrauch: auf einen Stab gebunden tragen sie ihn mit sich als »Schweißtuch«, als »Taschentuch« zum Trocknen des Schweißes umher!
Bei Tage meist ruhend, zieht der Schakal nachts auf Raub aus. Sobald die Nacht anbricht, vernimmt man sein kläffendes Bellen und wunderliches Heulen, mit dem er aus weitem Umkreise die Jagdgenossen herbeilockt. Dieses Geheul, dem Jammern eines klagenden Hundes ähnelnd, von der höchsten Fistel bis zum tiefen Alt in ständigem Wechsel fallend und steigend, wird überaus lästig und hat dem Schakal bei den Arabern den charakteristischen Beinamen »Ibn avi«, »Sohn des Geheuls« eingetragen. Er läßt es die ganze Nacht durch hören und unterbricht sogar sein Fressen ihm zuliebe. Der Somal in Nordostafrika prophezeit übrigens aus dem Geheul gutes oder schlechtes Wetter. Meist hält sich ein ganzes Rudel Schakale zusammen, doch jagt auch der einzelne. Gleich der Hyäne Aasfresser, folgen sie bisweilen dem jagenden Löwen, um sich in die Reste des königlichen Mahles zu teilen, was gelegentlich ein paar zu freche Tiere mit dem Leben büßen müssen. Auch zu den Hyänen gesellen sie sich häufig und teilen sich mit ihnen in den gesundheitspolizeilichen Wüstendienst. Im übrigen sind sie überaus dreist, wagen sich in die Dörfer der Eingeborenen, holen sich dort Geflügel und was sie sonst gerade finden. An der Meeresküste nähren sie sich von toten Fischen und Weichtieren, die sie geschickt aus ihrem Gehäuse hervorzuziehen wissen. Sie sind meist so wenig scheu, daß sie sich überall den Karawanen nähern und sich nicht einmal durch die Wachtfeuer schrecken lassen. »Mehr als einmal«, erzählt Fonck, »habe ich Schakale auf freien Plätzen spielend oder in der Morgensonne schlafend angetroffen. Wittert das Tier Unrat, so verschwindet es in ›pomadigem‹ Trabe, sich häufig umsehend, hinter der nächsten Deckung.« Ihr Witterungsvermögen ist außerordentlich scharf. »Hatte ich an geigneter Örtlichkeit«, berichtet Schillings, »einen Köder ausgelegt, so dauerte es oft nicht lange, bis einer oder mehrere Schakale wie schnell dahinhuschende Phantome in äußerster Scheu aus dem Dunkel der Nacht (aber auch bei Tage) auftauchten, um gespensterhaft und windesschnell wieder zu verschwinden, oder auch, vertraut geworden, mit den Hyänen zusammen ihre Mahlzeit zu halten.«
Die südafrikanischen Eingeborenen, die das Fleisch des Schakals ebenso wie sein Fell schätzen, jagen ihn mit Vorliebe, und zwar holen sie ihn, wie Passarge berichtet, im Laufe ein und erschlagen ihn mit der Kirri, der Wurzelstrunkkeule.