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Vor drei Jahren oder ungefähr so passierte einem Gerichtsbeamten des Parlaments von Paris ein nettes Abenteuer, und damit man es nicht vergißt, will ich es in Gestalt dieser Novelle beitragen; ich will nicht sagen, daß alle Gerichtsbeamten gute und wahrheitsliebende Leute sind, doch dieser hier hatte nicht nur ein Quentchen, sondern ein reichliches Maß von Treulosigkeit, was, wie jeder weiß, merkwürdig und ungewöhnlich ist.
Um nun auf diese Geschichte zu kommen, sage ich, dieser Gerichtsbeamte oder, besser gesagt, Herr vom Parlament verliebte sich zu Paris in die schöne, schmucke und nach Landesart redegewandte Frau eines Schuhmachers. Der Meister Gerichtsbeamte erreichte durch Geld und andere Mittel bei der schönen Schuhmacherin eine heimliche Aussprache, und war er vorher schon arg in sie verliebt, so war er es seitdem in noch viel höherem Maß, was sie recht wohl bemerkte und worauf sie sich noch viel mehr zurückhielt. Indes er in diesem bewegten Zustande war und nicht mit Botschaften, Bitten, Versprechen, Geschenken und Gesuchen sparte, nahm sie sich vor, sich nicht mehr sehen zu lassen, um seine Krankheit noch größer und schlimmer zu machen. Seht, da schickt unser Gerichtsbeamter seine Gesandten zu seiner Dame, der Schuhmacherin; doch umsonst, sie würde nicht um den Tod in seine Bitte willigen.
Endlich versprach er ihr, um es kurz zu machen, in Gegenwart von drei oder vier seiner guten Freunde, wenn sie wie sonst zu ihm kommen wollte, so würde er sie, sobald ihr Mann mit dem Tode abginge, zur Frau nehmen.
Als sie dies Versprechen erhalten hatte, ließ sie sich erweichen und kam wie sonst morgens und zu allen andern Stunden, wo sie entwischen konnte, zu dem Gerichtsbeamten, der in so heißer Liebe zu ihr entbrannt war. Sie hielt sich, da ihr Mann schon alt und schwach war und sie das obenerwähnte Versprechen hatte, schon für seine Frau. Kurze Zeit darauf ward der heißersehnte Tod dieses Schuhmachers bekannt und veröffentlicht, und die gute Schuhmacherin sprang von Herzen froh in das Haus des Gerichtsbeamten, der sie freudig empfing und ihr abermals versprach, sie zur Frau zu nehmen. Nun sind die guten Leute, der Gerichtsbeamte und seine Dame, die brave Schuhmacherin, beisammen. Doch wie es oft zu gehen pflegt, daß eine mit Gefahr erkaufte Sache viel höher geschätzt wird als eine andere, die einem mühelos zufällt, so geschah's auch hier. Unser Gerichtsbeamter nämlich langweilte sich bei der Schuhmacherin, ward ihrer müde, und seine Liebe zu ihr erkaltete.
Sie drang alle Tage in ihn, die ihr versprochene Heirat zu vollziehen, doch er sagte ihr: »Liebe Freundin, ich kann mich wahrhaftig nicht mehr verheiraten, denn ich bin ein Mann der Kirche und habe, wie Ihr wißt, die und die Benefizien. Das Versprechen, das ich Euch ehedem gegeben, ist null und nichtig, und ich gab es Euch damals nur, weil ich Euch so liebte und dadurch Euch leichter an mich zu ketten hoffte.« Da sie glaubte, er gehöre zur Kirche, und sah, sie habe ebensogut, als wäre sie seine wirkliche Frau, im Hause zu sagen, sprach sie nicht mehr von dieser Heirat und ging ihren gewohnten Weg. Unser Gerichtsbeamter wußte es aber durch viele schöne Worte und eine Menge Vorstellungen dahin zu bringen, daß sie einwilligte, einen Nachbarn, einen Barbier, zu heiraten, dem er dreihundert vollgewichtige Golddukaten gab, und Gott weiß, daß sie wohlausgestattet sein Haus verließ.
Nun müßt ihr wissen, daß unserm Gerichtsbeamten dieser Abzug und diese Heirat nicht leichtgefallen waren und er beides auch nicht durchgesetzt hätte, wenn er seiner Dame nicht erklärt hätte, künftighin Gott dienen und sich ganz und gar der Kirche weihen zu wollen. Als er sich ihrer entledigt hatte und sie mit dem Barbier verbunden war, tat er das gerade Gegenteil. Ein Jahr später ließ er heimlich um die Tochter eines angesehenen, reichen Bürgers aus Paris für sich werben, und die Sache ward geregelt und abgemacht und der Hochzeitstag gewählt und festgesetzt. Er bestimmte auch über seine Benefizien, über die er als ein Laiengeistlicher verfügen konnte.
Als die Kunde davon durch Paris lief und zur Kenntnis der Schuhmacherin, der jetzigen Barbiersfrau, kam, war sie, ihr könnt mir's glauben, sehr erstaunt: »Ach«, rief sie, »der Verräter, so hat er mich also getäuscht; unter dem Vorwand, Gott zu dienen, hat er mich verlassen und einem andern gegeben. Bei der Mutter Gottes von Clery, ich werde mich dabei nicht beruhigen.«
Sie tat es auch nicht, denn sie ließ unsern Gerichtsbeamten vor den Bischof laden, und hier führte ihr Anwalt gut und geschickt ihre Sache; er erklärte, der Gerichtsbeamte habe der Schuhmacherin in Gegenwart von mehreren Leuten versprochen, sie zur Frau zu nehmen, wenn ihr Gatte stürbe. Als ihr Gatte gestorben sei, habe er sie ungefähr ein Jahr lang bei sich behalten und dann einem Barbier gegeben.
Um es kurz zu machen: die Zeugen wurden gehört, die Sache ward wohl erwogen, der Bischof sprach das Urteil und erklärte die Ehe der Schuhmacherin mit dem Barbier für null und nichtig, und gab und sprach sie dem Gerichtsbeamten zu, der sie als seine Frau annahm; sie war ja auch die seine und mit Recht, hatte er doch mit ihr nach dem obenerwähnten Versprechen fleischliche Gemeinschaft gepflogen. So hatte unser Gerichtsbeamter sein Vorhaben mit Verlusten zu büßen. Er verlor die schöne Bürgerstochter und hatte auch die dreihundert Goldgulden verloren, die er dem Barbier gegeben hatte, da dieser seine Frau länger als ein Jahr bei sich behalten hatte. Und wenn er sehr unzufrieden darüber war, daß er seine Schuhmacherin bekam, so war der Barbier froh, sie los zu sein. Und so, wie ihr es gehört habt, ist es jüngst einem Gerichtsbeamten des Parlaments von Paris ergangen.