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Vor ungefähr hundert Jahren hat sich in Frankreich in einem guten Kirchspiel eine heitere Geschichte zugetragen, die ich hierhersetzen will, um meine Novellensammlung zu mehren, zumal sie auch wert ist, den andern erzählt zu werden. In besagter guten Stadt lebte ein Mann, der eine schöne, freundliche und anmutige Frau geheiratet hatte, die in einen geistlichen Herrn, ihren eigenen Pfarrer und nächsten Nachbar, verliebt war, der sie nicht weniger als sie ihn liebte: doch es war schwer, Mittel und Wege, wie sie sich in Liebe zusammenfinden könnten, ausfindig zu machen; schließlich aber ward durch die Schlauheit der Dame ein Mittel gefunden, und ich will euch sagen, welches angewandt ward.
Der gute Mann, ein Goldschmied, war so eifrig und treu auf sein Geschäft bedacht, daß er nie lange schlief, um früher an die Arbeit gehen zu können. Jeden Tag stand er ein oder zwei Stunden vor dem Morgengrauen auf und ließ seine Frau die lange Morgenruhe bis zur achten oder neunten Stunde, oder solange es ihr beliebte, genießen. Als diese gute, zärtliche Verliebte ihren Mann jeden Tag so zeitig sich erheben und an seine Arbeit und sein Hämmern gehen sah, kam sie auf den Gedanken, mit ihrem Pfarrer die Zeit zuzubringen, in der sie ihr Mann verließ; ihr Geliebter könnte sie um diese Stunde ohne Wissen ihres Mannes aufsuchen, denn das Haus des Pfarrers stieß dicht an das ihre. Dieser gute Gedanke ward unserm Pfarrer mitgeteilt und mit ihm besprochen, er hielt ihn für vortrefflich und glaubte, man könne ihn leicht und geheim ausführen. So wie der Plan gefunden und besprochen war, ward er auch ausgeführt, und zwar sooft die Liebenden konnten. Und sie setzten diesen Handel ziemlich lange fort. Nach dem Willen des Schicksals aber, das auf ihr Glück und ihren süßen Zeitvertreib neidisch war, ward ihr Handel so, wie ihr hören werdet, unglücklicherweise entdeckt.
Der Goldschmied hatte einen Diener, der in seine Herrin verliebt war und sie voller Eifersucht beobachtete; und da er unsern Herrn Pfarrer mit seiner Dame insgeheim hatte sprechen sehen, kam ihm der starke Verdacht, es möchte an der Sache etwas nicht richtig sein. Doch konnte er sich nicht denken, wie das zuginge, außer der Pfarrer käme in der Stunde, da er mit seinem Herrn bei der Arbeit war. Dieser Gedanke setzte sich in seinem Kopf so fest, daß er sich auf die Lauer legte, um dahinterzukommen, ob das, was er argwöhnte, wahr sei. Er stand auch so gut Wache, daß er wirklich hinter den Handel kam, denn eines Morgens sah er den Pfarrer, bald nachdem der Goldschmied das Zimmer verlassen hatte, kommen, dort eintreten und dann die Tür verschließen.
Als er sich versichert hatte, daß sein Verdacht gerechtfertigt war, entdeckte er sich seinem Herrn und sagte zu ihm: »Lieber Meister, ich diene Euch, mit Eurer Gunst, nicht nur, um Lohn zu erhalten, Euer Brot zu essen und rechtschaffen und treu Eure Arbeit zu tun, sondern auch, um über Eure Ehre zu wachen und Schaden von Euch fernzuhalten. Wenn ich anders täte, wäre ich nicht würdig, Euer Diener zu sein. Ich hatte schon längst Verdacht geschöpft, daß unser Pfarrer Euch Schande antut, und habe es bis heute verborgen, da ich Gewißheit erlangt habe. Und damit Ihr nicht glaubt, ich will Euch Wind vormachen, laßt uns bitte in Euer Zimmer gehen; ich weiß, wir werden ihn jetzt dort finden.«
Als der gute Mann diese Nachricht hörte, verging ihm das Lachen; er war's zufrieden, sein Zimmer in Begleitung seines Dieners aufzusuchen, der sich von ihm hatte versprechen lassen, den Pfarrer nicht zu töten, sonst würde er ihn nicht begleiten, doch sei er von ganzem Herzen damit einverstanden, daß er ordentlich bestraft werde. Sie stiegen zum Zimmer hinauf, das alsbald geöffnet ward, und der Mann trat zuerst ein und fand den Pfarrer, wie er seine Frau in den Armen hielt und sie nach allen Kräften bearbeitete. Der Goldschmied schrie: »Sterben sollst du, sterben, du Schurke! Wer hat dich hier eingelassen?«
Wer darob sehr erschrak, das war der Pfarrer, und er bat um Gnade.
»Kein Wort, schurkischer Pfaffe, oder ich töte Euch sofort.«
»Ach, lieber Nachbar«, rief der Pfarrer, »schenkt mir doch um Gottes willen Barmherzigkeit.«
»Bei der Seele meines Vaters, ich will Euch, ehe Ihr mir entrinnt, so zurichten, daß Ihr niemals mehr den Wunsch haben werdet, auf einem weiblichen Amboß zu hämmern. Auf, laßt Euch fesseln, oder Ihr seid des Todes!«
Der arme Schelm ließ sich durch seine beiden Feinde auf eine Bank binden, den Bauch nach oben, und die Beine auf den beiden Seiten der Bank festgehalten; dann ward er in ein kleines Häuschen hinter dem Hause des Goldschmieds, wo er sein Silber schmolz, gebracht. Als er dort, wo man ihn haben wollte, war, ließ der Goldschmied zwei Nägel mit breiten Köpfen holen, heftete mit ihnen die beiden Hämmer, die in seiner Abwesenheit auf dem Amboß seiner Frau gearbeitet hatten, an die Bank und band ihn dann überall los. Danach nahm er eine Hand voll Stroh, warf Feuer in das Häuschen, verließ unsern Pfarrer, lief auf die Straße und schrie: »Feuer, Feuer!«
Als der Priester sich von den Flammen umgeben und keinen Ausweg sah, als seine Scham zu verlieren oder verbrannt zu werden, erhob er sich, lief davon und ließ seine mißbrauchte Börse zurück. In der ganzen Straße hatte sich alsbald der Feuerschrecken verbreitet, und die Nachbarn liefen herbei, um die Flammen zu löschen. Doch der Pfarrer hieß sie heimgehen und sagte, er komme eben von der Brandstätte; aller Schaden, der entstehen könne, sei schon entstanden und ihre Hilfe unnütz; doch sagte er ihnen nicht, welchen Schaden er erlitten hatte. So ward der arme verliebte Pfarrer für seinen Liebesdienst, wie ihr gehört habt, durch den falschen, verräterischen, eifersüchtigen Diener belohnt.