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Gelegentlich der vorhergehenden Novelle fällt mir ein, daß vor kurzem in der Pikardie ein Edelmann lebte und wohl auch jetzt noch lebt, der in die Frau eines Ritters, seines Nachbarn, so verliebt war, daß er keinen guten Tag und keine gute Stunde zu leben glaubte, wenn er nicht in ihrer Nähe weilte oder wenigstens von ihr Nachricht hatte, und der nicht minder, was nicht wenig besagen will, von ihr hochgehalten wurde. Doch das Unglück war, sie wußten keinen Weg und kein Mittel zu finden, um unter vier Augen und heimlich sich zu treffen und einander nach Wunsch alles, was sie auf dem Herzen hätten, zu sagen und entdecken, was sie in niemandes Beisein, und wäre er ihr vertrautester Freund gewesen, um keinen Preis hätten entdecken wollen.
Nach vielen schlimmen Nächten und kummervollen Tagen ließ ihnen der Liebesgott, der seinen treuen Dienern, wenn er will, hilft und beisteht, den ersehnten Tag erscheinen, an dem der betrübte Mann, der eifersüchtiger als jeder andere lebende Mensch war, das Haus zu verlassen und dringenden Geschäften nachzugehen gezwungen ward; hätte er das nicht getan, so wäre er um eine große Summe Geldes gekommen, die er nur, wenn er sich persönlich dorthin begab, gewinnen konnte. Das tat er auch, und indem er sie gewann, erwarb er sich auch einen noch geachteteren Namen: hieß er vorher nämlich der Eifersüchtige, so nun der Hahnrei.
Er hatte kaum den Fuß vor die Tür gesetzt, da kam der Edelmann, der auf andere Beute jagte, ins Haus und verrichtete ohne langes Zögern das, weswegen er gekommen war, und erhielt von seiner Dame so vergnügt und freudigen Herzens, wie er sich's gar nicht schöner wünschen konnte, alles, was nur ein Liebhaber zu verlangen wagt und vermag. Sie hatten keine Furcht, daß der Mann sie überraschen könnte, und waren fröhlich und guter Dinge, in der Hoffnung, in der Nacht zu vollenden, was der frohe, für sie nur allzu kurze Tag beschert hatte, und dachten gar nicht daran, daß der Teufel von Mann früher als zum Mittagessen am nächsten Tag heimkommen könnte.
Aber es kam anders, denn der Teufel brachte ihn nach Haus zurück; ich weiß nicht, und mich kümmert's auch nicht, wie er so schnell seine Angelegenheit zu ordnen wußte. Es ist genug, wenn ich sage, daß er am Abend heimkam, worüber die Gesellschaft, nämlich die beiden Liebenden, sehr erschrocken war. Da sie nicht im mindesten auf diese ärgerliche Rückkehr vorbereitet waren, waren sie dermaßen überrascht, daß der arme Edelmann sich keinen andern Rat wußte, als sich im Abtritt des Zimmers zu verbergen. Er hoffte, seine Dame werde irgendein Mittel finden, ihn, ehe der Ritter eintreten würde, aus diesem Ort zu lassen. Doch alles kam anders.
Unser Ritter nämlich, der an diesem Tage fünfzehn bis sechzehn Meilen geritten war, war so müde, daß er nicht die Beine heben konnte. Er wollte in seinem Zimmer zur Nacht essen, ließ sich die Hosen ausziehen und das Mahl auftragen, denn er wollte nicht im Saal speisen. Ihr könnt euch denken, daß der gute Edelmann infolge der vergnügten Stunden, die er an diesem Tage verlebt hatte, recht angegriffen war und unter Hunger, Kälte und Furcht arg litt. Um sein Unglück aber noch größer und voll zu machen, überfiel ihn ein starker, schrecklicher Husten, und jedesmal, wenn er loshustete, hörte man ihn beinah in dem Zimmer, in dem sich der Ritter, die Dame und andere Leute aus dem Hause befanden. Die Dame, die nur Auge und Ohr für unsern Freund hatte, hörte ihn zufällig und erschrak darüber sehr aus Angst, ihr Mann könnte es ebenfalls hören. Bald nach dem Nachtessen fand sie Gelegenheit, allein in den Abtritt zu gehen, und bat ihren Freund, er möge doch um Gottes willen nicht so husten.
»Ach«, sagte er, »liebe Freundin, ich kann's nicht mehr aushalten. Gott weiß, wie ich gestraft bin. Helft mir doch um Gottes willen von hier fort!«
»Idi will es schon tun«, entgegnete sie. Und damit ging sie weg, und der gute Ritter begann von neuem seine Hustentonleiter anzustimmen, und zwar so laut, daß man ihn in dem Zimmer sehr wohl hätte hören können, wenn nicht die Dame eine laute Unterhaltung in Gang gebracht hätte.
Als der gute Ritter sich so heftig vom Husten befallen sah, wußte er kein anderes Mittel, um nicht gehört zu werden, als seinen Kopf durch die Abtrittsbrille zu stecken, wo ihm, Gott weiß, von dem Konfekt unten die süßesten Gerüche in die Nase drangen. Aber das war ihm noch viel lieber, als wenn man ihn gehört hätte.
Um es kurz zu machen: er hielt lange Zeit den Kopf in den Abtritt, spuckte, räusperte sich und hustete und schien in seinem ganzen Leben nichts andres mehr machen zu wollen. Doch sein Husten besserte sich nach diesem guten Mittel, und der Ritter wollte nun wieder nach oben; aber es glückte ihm nicht, sich aufzurichten, er hatte sich zu tief und kräftig nach unten gebeugt. Ihr könnt euch denken, ob er darüber erfreut war. Kurz, er wußte trotz aller seiner Mühe nicht wieder hochzukommen. Er hatte sich schon den ganzen Hals zerschunden und die Ohren abgeschabt. Endlich nahm er mit Gottes Hilfe all seine Kraft zusammen, riß die Abtrittsbrille ab und hatte sie nun um seinen Hals. Er vermochte sie aber nicht zu entfernen, und obwohl es ihm sehr peinlich war, fühlte er sich jetzt weit wohler als vorher.
Seine Dame fand ihn in dieser Lage, war darüber sehr erstaunt, konnte ihm aber auch nicht helfen und sagte ihm, sie habe alles mögliche versucht, könne ihn jedoch nicht hinausbringen.
»So ist's also? Holla, holla, bei Gottes Tod, ich bin genug bewaffnet, um es mit einem Menschen aufnehmen zu können. Hätte ich nur einen Degen in meiner Faust.« Und alsbald erhielt er ein treffliches Schwert.
Als die Dame ihn in diesem Zustande sah, mußte sie, obwohl sie große Furcht hatte, lachen, und der Ritter auch.
»Also vorwärts, Gott befohlen«, sagte er nun, »jetzt will ich sehen, wie ich durchkomme. Doch zunächst macht mir das Gesicht schwarz.«
Sie tat es und befahl ihn Gott. Und der gute Gesell, die Abtrittsbrille um den Hals, das nackte Schwert in der Faust, das Gesicht schwärzer als Kohle, sprang ins Zimmer und begegnete zu seinem Glück zuerst dem traurigen Mann, den bei diesem Anblick große Furcht packte, weil er dachte, es wäre ein Teufel, und der lang auf die Erde fiel, daß er beinah das Genick gebrochen hätte und lange Zeit totenblaß dalag. Als seine Frau ihn in diesem Zustande sah, trat sie vor und schien aufs äußerste erschreckt, nahm ihn in ihre Arme und fragte ihn, wie ihm sei.
Nach einer Weile, als er wieder zu sich gekommen war, sagte er leise und tiefbekümmert: »Habt Ihr denn nicht den Teufel gesehen, dem ich begegnet bin?«
»Gewiß habe ich ihn gesehen«, entgegnete sie, »und habe ob des großen Schrecks beinah den Tod davon gehabt.«
»Wie konnte er hier nur herein«, sagte er, »und wer hat ihn uns geschickt? Ich bin so erschrocken, daß ich mich in diesem und im nächsten Jahr nicht davon werde erholen können.«
»So wird's mir auch gehen«, sagte die fromme Dame. »Bei Gott, glaubt nur, das hat etwas zu bedeuten! Gott möge uns vor allem Unglück hüten und bewahren. Mir schwant ob dieser Erscheinung nichts Gutes.«
Darauf sagten alle Leute aus dem Hause ihre Meinung über diesen Teufel und glaubten wahrhaftig, daß die Sache wirklich so sei. Die gute Dame aber wußte wohl Nutzen daraus zu ziehen und war sehr erfreut, als sie sah, daß alle diese Meinung teilten. Und seitdem kam sie mit dem obenerwähnten Teufel zu dem Geschäft, an das beide gern gingen, zusammen und täuschte ihren Mann und alle andern, nur ein vertrautes Kammermädchen wußte um die Geschichte.