Friedrich Huch
Enzio
Friedrich Huch

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Es war ein stiller, schöner Juniabend. Auf einer Anhöhe, unter einem breitästigen Baume dicht neben einem weißen Hause saß Caecilie und sah 512 in das sommerliche Land hinaus. Ihre Hand hielt eine andere gefaßt, beide Frauen schwiegen. Ihnen zu Füßen spielte ein kleines Mädchen mit den Blumen, die in dem Grase wuchsen. Caecilie sah gealtert aus.

Er hatte mich so lieb! sagte Bienle, in Erinnerung verloren.

Und nie hat er gewußt, daß du ein Kind von ihm unter dem Herzen trugst. Wie glücklich bist du jetzt! Aber was mußt du gelitten haben, als du es fühltest, zum ersten Male, daß du Mutter werden würdest!

Bienle sah erstaunt und still auf sie: Ich hatte nur den einen Wunsch, und wie ich fühlte, daß er in Erfüllung ging, da war ich glücklich, so glücklich wie ein Mensch nur sein kann. Da sagte ich ihm Lebewohl. Es ging mir schlimm, und in der Fremde war das Leben hart mit mir, aber jeder Tag brachte mich meinem Glücke näher, bis ich es endlich in meinen Armen hielt: Enzios Kind und mein Kind.

Caecilie schlang den Arm um sie: Dich hat er am liebsten auf der Welt gehabt, zu dir kehrten seine Gedanken zurück in den allerletzten Tagen seines Lebens, und jetzt bist du mein Kind geworden – o Bienle, könnten wir drei nicht zusammenbleiben?

513 Bienle erblaßte. Caecilie sah sie an und überwand das Weh, das über ihre Seele hinstrich. Voll Liebe blickte sie ihr in die Augen: Du willst allein bleiben mit deinem Kind, das fühle ich, und ich sehe es dir an: es muß so sein.

Bienle antwortete nicht. Sie legte den Kopf an Caecilies Brust, und beide sahen in das Land hinaus, in dem die Sonne unterging.

 

Ende


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