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112. Die Zigeuner.

Jb. f. Ldk. 3, 445. 4, 63. Groth Ges. Werke 1, 136. – Grimm, Rechtsaltert. S. 486 f. über die Sitte, die Alten und Schwachen zu töten; vgl. Heimreich ed. Falck 2, 86.

Bei Hollmoorskamp, einer Erbpachtstelle in Ascheberg, ist eine Wassergrube, die man die Taterkuhle nennt. Da haben vor Zeiten die Tater ihre altersschwachen Leute, die sie nicht mehr mit fortschleppen konnten, lebendig hineingetaucht und ertränkt, wobei sie riefen:

Duuk ünner, duuk ünner,
De Well is di gram,
Du kanns nich länger lêwen.
Du muß der jo van.

Es gab auch weiße Tater, vor denen sich die braunen fürchteten. Sie fragten daher auf ihren Zügen oft, ob man auch weiße Tater gesehen habe. Ihre Kinder beschmierten sie gleich nach ihrer Geburt mit Schmutz, denn, sagten sie, »sönst früsker dat.« Katzen nannten sie Balkenhasen, und sahen sie eine laufen, so hatten sie sie gleich unterm Mantel. Katzenfleisch war ihre liebste Speise. Von ihren Diebereien erzählt man noch viel. Während einmal ein Taterweib ein krankes Kind räucherte, stahl ein anderes eine große Summe Geldes. In Homfeld, im Amte Rendsburg, traf einmal eine Taterbande eine Hausfrau allem zu Hause. Ein altes Weib gab vor, sie könne alles Unheil, Viehsterben, Krankheiten usw. abwenden. Der Hausfrau wollte oft die Aufzucht ihrer Kälber nicht glücken. Da ließ sie sich von der Alten bereden, in den Backofen zu kriechen und darin dreimal Umzug zu halten. Während nun die Frau das tat, plünderte die Bande fast das ganze Haus leer und zog davon, indem das alte Taterweib immer vor dem Backofen saß und der Frau zurief: »Kriech fein langsam, liebe Mutter!«

Sie sprachen ein ganz wunderliches Deutsch; z. B.

Goden Dag, Fru Badvötgat! d. h. Nachbarin.
Leen se mi êhr Iederwat, d. h. Harke.
»Gah se dörch mien Reet, d. h. Tür,
Waar sik vör mien Spleet, d. h. Hund,
Da steit mien Jederwat.«

Durch Dr. Klander aus Plön, ferner aus Rendsburg, und durch Arndt aus Schleswig. Schütze, Idiotikon I, 257 führt den ersten Reim nebst der Sage aus der Gegend von Kolmar an. Vgl. Grimms Deutsche Sagen II, S. 389 Nr. 448b, – Auf dieselbe Sage deutet auch Taterborm, der Name einer Hufe des Dorfes Garbeke im Gute Wensin, Kirchspiel Warder, vgl. noch Taterpoel, Taterpahl, Taterkrug, Taterberg, Taterbusch. – Über das Ertränken der alten Zigeuner Wolfs deutsche Sagen Nr. 345. Grimm, Rechtsaltertümer S. 486 f. hat die Zeugnisse gesammelt über die Sitte, die Alten und Schwachen zu töten, bei Deutschen, bei den wagrischen Wenden etc.; vgl. Heimreich 2, 86.

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