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411. Schwertmann.

Vgl. die Stellen zu Nr. 410. Zum Begräbnis: Nr. 238. Zur Verwandlung der Aale in Pöche: Nr. 342.

Vor hundert oder zweihundert Iahren wohnte auf einem Hofe, den man noch zeigt, in Rethwisch in der Krempermarsch einer, Namens Schwertmann. Er ist noch in aller Gedächtnis wegen seines tollen Lebens, und wo es übel hergeht, da, heißt es, »regeert Swertmann«. Er hat bei seinen Lebzeiten ein junges Mädchen, das von ihm schwanger war und die er nicht heiraten wollte, in einen Backofen geworfen und verbrannt; aber niemand konnte ihm das beweisen und er starb darüber hin, ehe ihn die Strafe getroffen hätte. Kaum aber hatte man den Sarg mit der Leiche auf den Neuenbrooker Kirchhof in die Grube gesenkt, als man den Schwertmann oben darauf stehen und dann heraufkommen sah, um mit großem Eifer die Grube selbst zuzuwerfen. Darauf ließ er sich, hinten auf dem Leichenwagen stehend, wieder nach Hause fahren. Andre, deren Großeltern es von Augenzeugen erfahren haben, erzählen aber, er habe sich vorn aus die Deichsel des Wagens gestellt und sie immer auf und nieder geschwenkt (op un daal dümpelt). Die Gäste sahen ihn nachher vor seinem Hause hin- und hergehen, als wenn er gar nicht im Grabe gelegen; näherte man sich ihm, so verschwand die Erscheinung mit einem Knistern und Knattern wie ein Holzfeuer. Als sie beim Leichenschmause saßen, war Schwertmann bald unter ihnen, bald war er aus dem Heuboden und sah mit einer widerlichen Fratze durch die Luke. Er trieb ziemlich lange sein Unwesen im Dorfe. So kam einmal eine Bruthenne gackernd und ganz wild aus einem Stall herausgeflogen; die Bauernfrau ging hinein, um nachzusehen: da saß Schwertmann im Eierkorbe und glotzte sie an. Man rief endlich den Pastoren, den Küster und den Schullehrer zu Hilfe; aber der Pastor und der Küster wußten sich nicht gegen des Geistes Vorwürfe zu verteidigen. Der eine hatte einmal Äpfel gestohlen, der andere Stachelbeeren, und beide hatten den Diebstahl nicht vergütet. Als er dem Schullehrer aber vorwarf, daß er einmal eine Kornähre in seiner Schuhschnalle vom Felde mit nach Hause genommen habe, antwortete dieser: »Ja, ich habe sie aber gleich wieder hingelegt, sobald ich's merkte.« Da mußte der Geist sich gefangen geben. Der Schullehrer trug ihn nun auf dem Rücken nach dem wilden Moor. Unterwegs aber zischelte der Geist ihm ins Ohr: »Banne mich nicht in einen engen tiefen Sumpf!« Da hätte der Schulmeister vor Schreck fast seine Last fallen lasten, doch kam er glücklich aufs Moor. Andre freilich sagen, daß Schwertmann auf einer sumpfigen Wiese zwischen Neuenbrook und Rechwisch geblieben sei. Viele Leute haben ihn nachher da lange wie einen großen hellbrennenden Schoof umhergehen sehen, und viele sind dadurch in Angst und Schrecken gesetzt. Doch war der Geist gar nicht bösartig. Wenn die Knaben frühmorgens in der Dämmerung die Pferde von den Wiesen in der Nähe des Moors holten, so riefen sie oft: »Du, Swertmann, kumm un bœr mi mal op!« Dann wurden sie beim Fuß gefaßt und leicht und rasch aufs Pferd gehoben, gewöhnlich aber auf die andre Seite hinüber weggeworfen, und jedesmal segelte das Pferd dann im Galopp davon. Ein paar Waghälse haben einmal den Schwertmann selbst aufs Pferd gehoben, obgleich er anfangs sich sträubte und sie warnte. Kaum aber war's geschehen, so pfiff eine Kugel zwischen ihnen und dem Pferde vorbei und schlug tief in den nächsten Baum, wo sie lange zu sehen gewesen ist. Das arme Pferd fand man am andern Morgen mit tiefen Brandwunden auf dem Rücken zu Tode gehetzt auf dem Moore liegen. – Einst fischten mehrere Knaben in der Nähe; sie fingen nichts, und es ward dunkel. Da rief ein übermütiger: »Swertmann, kumm un lüch mi ins!« Sogleich war eine helle Flamme bei ihnen, die andern Knaben flohen, aber der mutige blieb und sah nun eine Menge großer schöner Aale und Schleie im Graben. Er tat einen guten Fang und bedankte sich bei Schwertmann. Als er aber nach Hause kam, fand er in seinem Netz nichts als Poggen, Puuspögg und Meerputjen. – Wenn die Leute ihr Schuhzeug auf dem Moore stehen ließen, so zog Schwertmann es an, um seinen brennenden wunden Füßen Linderung zu geben. Aber gleich war es durchgebrannt und ganz zerfetzt fand man es am andern Morgen wieder. Es mußte ihm aber doch sehr angenehm sein; denn oft hörten die Burschen, denen er aufs Pferd half, wie er ihnen ins Ohr raunte: »Bring mi een Paar Schoh!« Niemand unterließ dann die Bitte zu erfüllen? es war aber ganz einerlei, wie alt und steif oder wie groß und wie klein die Schuhe waren; sie waren Schwertmann immer recht. – Einst war ein junges Ehepaar, das eben verheiratet war, fleißig beim Torfstechen. Wie sie einmal aufsahen, stand Schwertmann mit wehmütiger Gebärde vor ihnen. »Was willst du?« fragte der junge Mann, »geh weg oder ich steche dir mit dem Spaten die Füße ab.« »Ach«, jammerte Schwertmann, »sie brennen mir so; habt ihr nicht ein paar Schuhe für mich?« »Die sollst du haben«, antwortete der Bauer; »aber geh fort, morgen will ich sie dir bei dem großen Stein hinsetzen.« Die Schuhe wurden hingesetzt und waren gleich verschwunden. – Einmal ging ein Bauer in einer dunkeln Nacht übers Moor. Bald ging jemand dicht hinter ihm her und trat ihm immer auf die Fersen, daß sie ihm schmerzten. Wie er sich umsah, stand Schwertmann vor ihm, in der einen Hand ein langes Messer, in der andern ein Licht, und beide sahen einander an. – Ein frommer Bäckergesell soll den Schwertmann endlich vom Moore fortgeschafft haben. Er ging mit seiner Stutenkiepe dahin, rief Schwertmann und bot ihm Brot an. Der Geist wollte sich nun selbst aussuchen und bückte sich über den Rand – da schlug der Bäckergesell den Deckel zu und versenkte die Kiepe mit dem Gespenst ins Moor. Seitdem ist's ruhig.

Herr Ketelsen auf Breitenburg. Herr Konrektor Lucht in Glückstadt etc. Thiele, Danm. Folkes. II, 157. Höchst bedeutsam ist, daß, wie ich nachträglich berichtigt ward, an dem Orte des wilden Moors, wo Schwertmann spukte, eine große Wassergrube sich befand, die die Dönnerkuhl (Donnerloch, vgl. Hammerkuhle Nr. 421) hieß.

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