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647. Der Wunderbrunnen.

Heim. 12, 266. Handelmann, Weihnachten in Schl.-H. S. 94 f. 108. Bolte 1, 212.

Letj Ehlki an grat Ehlki.
Städ bi Suas tu spannan.
Do faal grat Ehlki san Rook un Suas,
An letj Ehlki sprong iineffter.
Do wiär a Suas onnar so widj
En hed föl smok Steggalkar.
Letj Ehlki ging fardar.
Hat kam tu an eban Bagohn.

Klein Ehlke und groß Ehlke
Saßen am Brunnen zu spinnen.
Da fiel groß Ehlke ihr Rocken in den Brunnen.
Und klein Ehlke sprang nach.
Da war der Brunnen unten so weit
Und hatte viele luftige Steige.
Klein Ehlke ging weiter.
Es kam zu einem offenen Backofen.

A Bagohn sad: »Ragi mi ans ap,
Ik du di so föl warm Bruad,
Üsh man idj mest.«
Letj Ehlki nam bal nant an thonkat Gewöhnlich: Letj Ehlki sad: »Ik wal di wat skidtj!« (Ich will dir'n Dreck!) Amringer Ausdruck der Bescheidenheit..
Hat nam nant me turagh.

Do kam hat tu an Apalbuum,
Di hingst fol smok Frügt an sad:
»Sköddi mi man an idj,
So föl üsh man mest;
Nem uk me, so föl üsh wäl.«
Letj Ehlki thoukat an nam man an letjan Apal.

Nü kam hat tu an Kü.
A Kü sad: »Molkt mi ans,
Do skäl so föl waram Molk ha,
Üsh man drank mest.«
Hat thonkat an nam man letjat
För a äragst Thast,
Am a fardar hat kam,
A hiätar det wurd.

Un a Firansh siig hat nog föl Sjüllags,
Diär altamal ham loki wul
Fardar tu gungan.
Man hat thogt: »Ik san jo rik an nogh
An brük man letjat.«
Hat kam turagh mea Rook tu fin Sastar.
Hat flekt üb ham, dat hat ütj a Wonnersuas
Egh muar me nimman hed.
Grat Ehlki sprong sallaw un Suas.

Hat kam tu a Bagohn,
Hat kam tu a Buum,
Hat kam tu a Kü.
A Bagohn sad: »Ragi mi ans ap,
Ik du di so föl warm Bruad,
Üsh man idj mest.«
A Apalbuum sad: »Sköddi mi man an idj,
So föl üsh man mest.«
A Kü sad: »Molki mi ans,
Do skäl so föl waram Molk ha,
Üsh man drank mest.«

Hat faan nog muar Smoks, diär ham lokat
An frinjank bäd;
Hat wul man al ha.
Grat Ehlki nam sannar Miät
An sannar am Thonkin tu thenkan
Fan al det Guds so föl,

Der Backofen sagte: »Leer mich mal aus,
Ich tu dir so viel warm Brot,
Als nur essen magst.«
Klein Ehlke nahm bald nichts und dankte.
Es nahm nichts mit zurück.

Da kam es zu einem Apfelbaum,
Der hing voll schöner Frucht und sprach:
»Schüttle mich nur und iß,
So viel als nur magst;
Nimm auch mit so viel als du willst.
Klein Ehlke dankte und nahm nur einen kleinen Apfel.

Nun kam es zu einer Kuh.
Die Kuh sprach: »Melke mich einmal,
Du sollst so viel warme Milch haben,
Als du nur trinken magst.«
Es dankte und nahm nur wenig
Für den schlimmsten Durst,
Denn je weiter es kam.
Je heißer es ward.

In der Ferne sah es noch viel Schönes,
Das allzumal sie locken wollte
Weiter zu gehen.
Aber es dachte: »Ich bin ja reich genug
Un brauch nur wenig.«
Es kam zurück mit dem Rocken zu seiner Schwester.
Die fluchte auf sie, daß sie aus dem Wunderbrunnen
Nicht mehr mitgenommen hätte.
Groß Ehlke sprang selbst in den Sot.

Es kam zu dem Backofen,
Es kam zu dem Baum,
Es kam zu der Kuh.
Der Backofen sprach: Leer mich mal aus,
Ich tu dir so viel warm Brot,
Als du nur essen magst.«
Der Apfelbaum sprach: »Schüttle mich nur und iß,
So viel als nur magst.«
Die Kuh sprach: »Melke mich einmal.
Du sollst so viel warme Milch haben.
Als du nur trinken magst.«

Es fand noch mehr Schönes, das sie lockte
Und freundlich bat;
Es wollte aber alles haben.
Groß Ehlke nahm ohne an Maß
Und olme an Danken zu denken
Von all dem Guten so viel,
Üsh hat man dregh küd:
Hat füng an hiäl Barn.

Man hark! Nü hiärd hat an Romlin,
An al det Guds sonk weg.
Moddar an Slobbar
Wurd a Grünj annar sin Fet.
Hat wul flügt, man sonk weg
So jip del,
An kam nimmer weddar üb a Welt.

Als sie nur tragen konnte:
Sie nahm eine ganze Last.

Aber horch! Nun hört sie ein Krachen,
Und alles Gute sank weg.
Moder und Morast
Ward der Boden unter ihren Füßen.
Es wollte fliehen, aber sank weg
So tief hinunter,
Und kam nimmer wieder auf die Welt.

Von Amrum durch Herrn C. Johannsen. Dr. Clement von Amrum teilte das Märchen in ziemlich abweichender Gestalt mit; es hat nicht durchweg die rhythmische Form: Klein Ehlke kommt zum Apfelbaum, zur Kuh und zum Backofen, und nimmt so viel als sie mag. Dann kommt sie an ein hölzern Häuschen, wo ein altes Weib wohnt, das sie lausen muß; sie könne überall umhergehen, nur nicht in die siebente Kammer. Ehlke laust sie. Die Alte schläft ein. Da streut sie ihr Grütze auf den Kopf und läßt die Küchlein sie aufpicken, geht in die Kammer, nimmt einen kleinen Sack voll Geld und flieht; der Apfelbaum etc. verraten sie nicht. Groß Ehlke, neidisch, springt nun hinein, hört nicht auf die Bitte des Apfelbaums etc., laust die Alte und raubt das Geld. Der Baum etc. verraten sie. Die Alte packt sie und zerreißt sie mit glühenden Zangen. – Damit stimmt auch ein Märchen aus Fehmarn: Eine Frau hat zwei Töchter, die eine ist ihre Stieftochter. Diese stößt sie in den Brunnen. Dann ähnlich wie oben: Rosenbusch, Apfelbaum, Backofen. Das alte Weib ist eine Menschenfresserin; sie entkommt glücklich mit ihrem Gelde und wird nicht verraten. Darauf steigt die rechte Tochter in den Sodbrunnen, wird ertappt und die Hexe trinkt ihr das Blut aus. Nun steigt die Mutter in den Garten hinab, antwortet auch nicht auf den Gruß der Bäume etc., findet im Hause der Hexe viel Gold, aber auch ihre Tochter tot. Da will sie fliehen, aber die Hexe ergreift und verzehrt sie auch. So kann die Stieftochter nun vergnügt mit ihrem Gelde leben. – Diese beiden letzten Erzählungen kommen dem hessischen Märchen von Frau Holle, Grimms K-M. Nr. 24, näher; noch mehr einzelne Züge in den sieben Varianten (s. die Anm. dazu). Eigentümlich scheint bei uns der grausame Schluß, der ganz zum Charakter der Wasserwesen paßt. Vgl. oben Nr. 406.

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