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616. Die drei gelernten Königssöhne.

Ein König hatte drei Söhne und die sollten auch was lernen. Da gab der Vater dem ältesten Sohn hundert Taler in die Tasche und sprach: »Nun geh hin und versuche dein Glück.« Der Prinz begab sich auf die Reise, da begegnete ihm eine alte Hexe und fragte: »Söhnchen, wo willst du hin?« »Ich will in die Welt und was Ordentliches lernen«, war seine Antwort. Sprach die Hexe: »So kannst du mit mir kommen, ich will dich schon was lehren, willst du mir ein Jahr dienen.« Ging also der Prinz mit ihr, diente ihr ein Jahr lang, mußte arbeiten wie ein Pferd und als das Jahr um war, fragte er: »Ich meinte, sie wollte mich was lehren?« Sprach die alte Hexe: »Ich will dir nun ein Sprüchlein geben, das hilft dir aus jeder Not; wenn du sprichst: »Wir Brüder alle drei«, so wird dich nichts anfechten.« Das ist ein gutes Sprüchlein, dachte der Prinz, bedankte sich bei der Hexe und reiste vergnügt nach Hause.

Als der König nun hörte, was sein Sohn für ein wackeres Sprüchlein gelernt, so gab er auch seinem zweiten Sohn hundert Taler in die Ficke und sprach: »Nun geh und versuche auch dein Glück.« Der Sohn ging und begegnete der alten Hexe. »Söhnchen, wo willst du hin?« fragte sie. Antwortete er: »Ich will in die Welt und was Ordentliches lernen.« Da nahm die alte Hexe ihn wieder mit, er diente ihr ein Jahr, mußte arbeiten wie ein Pferd, und als das Jahr um war, fragte er: »Ich meinte, daß ich was rechts lernen sollte?« Sprach die alte Hexe: »Ich will dir auch ein Sprüchlein geben, das dir aus jeder Not hilft; du kannst nur immer sagen: ›Um ein bißchen Käs‹, so geschieht dir nichts.« Nun reiste der Sohn vergnügt nach Hause und sagte, was er für ein Sprüchlein bekommen. Da schickte der König auch seinen dritten Sohn aus und gab ihm hundert Taler in die Tasche; und als die alte Hexe ihm begegnete und fragte: »Söhnchen, wo willst du hin?« so antwortete er: »Ich wollte in die Welt und was Ordentliches lernen.« Da nahm die alte Hexe ihn auch mit, er mußte arbeiten wie ein Pferd ein Jahr lang, und als das Jahr um war, fragte er: »Ich meinte, ich sollte was rechtes lernen?« Da gab die alte Hexe auch ihm ein Sprüchlein und riet, wenn er in Not wäre, so sollte er nur immer sagen: »Und das ist recht und billig.«

Nun blieb aber der jüngste Bruder zu lange aus, da begaben sich die beiden andern Brüder auf den Weg und wollten ihn suchen. Als sie ihn aber gefunden hatten, da sagten sie, sie wären nun alle drei so klug, sie müßten sich doch jetzt noch ein bißchen mehr in der Welt umsehen; begaben sich also auf die Wanderschaft und kamen bald in einen Wald. Da fanden sie an einem Baume einen Mann hangen, der hatte sich erhenkt und war tot. Die Brüder blieben stehen und sahen ihn noch an, als der König des Landes, der gerade auf der Jagd war, mit seinem Gefolge geritten kam, und wie er den Toten da hangen sah und die Brüder standen darunter, so fragte er: »Wer hat das getan?« Da kamen die drei in große Not und wußten sich nicht zu helfen; aber dem ältesten fiel sein Sprüchlein bei und er antwortete: »Wir Brüder alle drei.« Fragte der König weiter: »Und warum habt ihr das getan?« Da fiel dem zweiten sein Sprüchlein ein und er sprach: »Um ein bißchen Käs.« »Schwere Not«, sagte der König, »so müßt ihr ja alle drei aufgehängt werden.« Da sprach der dritte in der Not: »Und das ist recht und billig.« »Allerdings ist das nicht mehr als recht und billig«, sagte der König und die Brüder alle drei ließ er sogleich an den Baum hängen, um ein bißchen Käs, wie es recht und billig war.

Aus Heide durch Advokat Griebel. – Eine Parodie von Nr. 236. Vgl. Grimms Kindermärchen Nr. 120 mit der Anmerkung. Grimm, Deutsche Sagen Nr. 210. Kuhn, Märk. Sagen Nr. 242.

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