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614. Ninroth.

Wisser 139. Bolte 3, 269. 1, 536. 548. Über den Betrüger vgl. Wisser S. 7 u. 10. Zauberstock: Nr. 599. Zunge: zu Nr. 608. – Zu dem in der Anm. angeführten dithmarscher Märchen vgl. Wisser 234 ff. Ritt auf den Glasberg s. zu Nr. 627.

Ein Mann hatte einen Sohn, der sprach zu seinem Vater, er wollte in die Welt gehn und sich irgendwo einen Dienst suchen, um sein Glück zu machen. Der Vater gab ihm Erlaubnis und der Junge ging fort. Nun kam er bald in einen großen Wald, und nachdem er lange darin gewandert, so setzte er sich einmal nieder unter einen großen Baum, um sich auszuruhen und sein Frühstück zu verzehren. Wie er nun so da saß, kamen da drei Leute auf ihn zu, die hatten zusammen nur ein Auge, und wer von ihnen das eine Auge trug, der mußte für die beiden andern sehen und sie führen. Da erschrak sich der Junge so vor ihnen, daß er schnell auf den Baum kletterte. Aber die drei kamen heran und setzten sich unter den Baum, wo der Junge gesessen hatte. Da sprach einer zu dem andern: »Was russelt da immer so in dem Baum?« Der zweite sprach: »Ich höre da auch immer was, wir sollten einmal zusehen, was da oben im Baume ist.« Da stieg der, der das Auge hatte, zuerst in den Baum, sah sich um und sprach: »Ich sehe nichts.« Da stieg auch der zweite hinauf und der erste reichte ihm das Auge hin, und er sah sich um und sagte: »Ich sehe auch nichts.« Nun kam auch noch der dritte herauf, wie aber der eine ihm das Auge hinlangen wollte, griff es ihm der Junge aus der Hand weg, da konnten sie nicht mehr sehen. Nun fingen sie an ihn zu bitten, und der eine sprach: »Wenn du uns unser Auge wiedergibst, so will ich dich ein Gebet lehren, wenn du das hersagst, so kann dir niemand eine Bitte abschlagen.« Und der andre sagte: »Ich will dir ein Schiff geben, das segelt zu Wasser und zu Lande, und wenn du es aus der Tasche nimmst und dich hineinsetzt, kannst du dich allerwärts damit hinwünschen.« Und der dritte sprach: »Ich will dir einen Stock geben, wen du damit anrührst, der muß sogleich sterben. Und das sollst du alles sogleich haben, wenn du uns unser Auge wiedergeben willst.« Da sagte der Junge mit Freuden ja, gab ihnen das Auge wieder und die drei Leute gaben ihm die drei Kunststücke; der eine lehrte ihn das Gebet, daß niemand ihm eine Bitte weigern konnte, der andre gab ihm das Schiff, das zu Wasser und zu Lande segelte, und der dritte gab ihm den Stock, der jeden tötete, den er nur damit anrührte.

Nun ging der Junge weiter und kam an des Königs Hof an. Da ging er zu dem Koch in die Küche und bat ihn, er möchte ihn als Küchenjungen annehmen. Der Koch sagte nein, sie hätten schon einen Küchenjungen; da sagte er nur sein Gebet her und sie nahmen ihn gleich in Dienst.

Nun war da ein alter Riese, der hatte zwei große Söhne. Da kam eines Tages der älteste Riesensohn zum Könige und sprach, er solle ihm seine Tochter zur Frau geben, sonst werde er ihm sein ganzes Königreich spolieren. Der König versammelte alle seine Minister und fragte sie, was nun zu tun sei und ob nicht einer da wäre, der es mit dem Riesen aufnehmen wollte. Da war da einer, der hieß Rinroth, der sagte, er wollte wohl mit dem Riesen kämpfen, wenn der König ihm seine Tochter zur Frau gebe. Das sagte ihm der König zu und Rinroth machte sich zum Kampfe fertig. Als aber der Küchenjunge davon hörte, bat er seinen Koch, ob er nicht einmal dahin sollte, er wollte sich gerne alles mit ansehen. Da sagte der Koch: »Du sollst da wohl hin, du hast uns aber Bescheid zu bringen, wie es abläuft.« Da sagte der Küchenjunge ja, nahm sein Schiff aus der Tasche und segelte über Wasser und Land grade zu, bis er zu dem Riesen kam. Da fragte ihn der Riese: »Bist du es, der die Königstochter erlösen will?« »Ja«, sagte der Junge. Da lief der Riese auf ihn zu und wollte ihn totschlagen, aber der Junge sprang beiseite und schlug mit seinem Stock nach dem Riesen, da fiel der sogleich nieder und war tot. Nun ging er hin, nahm sein Messer aus der Tasche und schnitt dem Riesen die Zunge aus und setzte sich dann wieder in sein Schiff und fuhr nach Hause und sagte, daß er nichts gesehen hätte. Als nun aber Rinroth bei dem Riesen ankam und ihn tot da liegen fand, schlug er ihm den Kopf ab und nahm den mit in seiner Kutsche nach dem König und sagte, er hätte den Riesen totgeschlagen, und der König solle ihm nun seine Tochter geben. Da kam aber gleich der andre Riesensohn an und sagte zum König, sie hätten ihm seinen Bruder totgeschlagen, nun sollte er ihm seine Tochter geben und das halbe Königreich dazu, sonst würde er es ganz spolieren. Da dachte Rinroth, er hätte den einen Kopf ja schon, er würde den andern auch wohl kriegen, sagte darum zum König, er sollte nur ganz ruhig sein, er wollte auch schon mit diesem Riesen fertig werden, wenn er ihm nur seine Tochter und das halbe Königreich versprechen täte. Das sagte der König ihm mit Freuden zu. Da bat der Küchenjunge seinen Koch, ob er nur wieder einmal dahin sollte, um sich alles mit anzusehen. Der Koch sagte: »Nein, du hast ja vom ersten Mal keinen Bescheid gebracht.« Da sprach der Küchenjunge sein Gebet und gleich gab ihm der Koch Erlaubnis. Draußen vorm Schloß langte er dann sein Schiff aus der Tasche, setzte sich hinein und fuhr über Wasser und Land zu dem Riesen hinüber. Da sagte der Riese zu ihm: »Bist du es, der die Königstochter und das halbe Königreich erlösen will?« »Ja«, antwortete der Küchenjunge. »Nun, so sollst du hier auf der Stelle sterben«, rief der Riese und schlug zu mit seiner Stange; aber der Junge sprang beiseite und berührte ihn mit seinem Stock, da fiel er nieder und war tot. Der Junge nahm nun sein Messer aus der Tasche und schnitt ihm die Zunge aus dem Halse, und als er zu Hause kam, sagte er wieder zu dem Koch, er hätte nichts davon gesehen noch gehört, das sei schon alles vorbei gewesen. Da wollte Rinroth auch hin und mit dem Riesen kämpfen, aber er fand ihn wieder tot da liegen; da hieb er ihm den Kopf ab und nahm den in seiner Kutsche mit nach Hause und sagte, er hätte es getan und der König solle ihm nun seine Tochter geben und das halbe Königreich dazu. Da aber kam der alte Riese und sprach, seine beiden Söhne wären tot, der Konig müsse ihm seine Tochter geben und das ganze Königreich dazu, sonst werde er es ihm ganz spolieren. Rinroth dachte und sagte zum König: »Ich bin schon mit zwei Riesen fertig geworden; Herr König, laßt mich nur hin, wenn ihr mir nachher eure Tochter und euer Königreich geben wollt.« Das versprach ihm der König auch in seiner Not. Da bat der Küchenjunge seinen Koch wieder; aber der sagte: »Nein, du sollst nicht hin, du hast uns von beiden Malen keinen Bescheid gebracht.« Da sagte der Junge sein Gebet und der Koch sprach: »Ja, denn kannst du diesmal noch gehen, aber bringst du keinen Bescheid, kommst du nicht wieder weg.« Als der Junge nun draußen kam, setzte er sich wieder in sein Schiff und fuhr zu Lande und zu Wasser nach dem Riesen gerade zu. Da sprach der Riese zu ihm: »Bist du das, der meine beiden Söhne totgeschlagen hat und die Prinzessin und das ganze Königreich erlösen will?« »Ja«, sagte der Junge. »Denn sollst du nun auch keinen mehr totmachen«, sprach der Riese. Da antwortete der Junge: »Das wollen wir sehen, wir wollen uns erst noch darum streiten.« Der Riese wollte nun zuschlagen, aber der Junge sprang beiseite und schlug den Riesen mit seinem Stock tot, und darauf nahm er sein Messer heraus und schnitt ihm die Zunge aus dem Hals, zu Hause aber sagte er wieder, er hätte nichts gesehen und nichts gehört. Als Rinroth aber dahin kam, schlug er wieder dem Riesen den Kopf ab und brachte ihn vor den König und sprach, nun hätte er alle drei Riesen totgeschlagen, darum sollte der König ihm auch gleich seine Tochter geben und das ganze Königreich dazu. Da ward der alte König ganz traurig und nachdenklich und sprach: »Laß uns doch erst einmal die Köpfe ein wenig genauer besehen«, und als der König und seine Minister die Köpfe nun besahen, da fanden sie, daß in allen die Zungen fehlten. Sprach der König: »Das ist doch sonderbar, daß die Zunge fehlt, ein jeder Mensch hat doch wohl eine Zunge, wo sind denn diese geblieben?« Rinroth antwortete: »Die Riesen hatten keine Zungen.« Da sagten die Minister zu dem König, sie hätten gehört, daß da ein Junge bei seinem Koch wäre, der sei jedesmal hin gewesen, um zuzusehn; er sollte den Jungen doch einmal rufen lassen. Da schickte der König in die Küche hinunter und der Koch sprach zu dem Jungen: »Wir müssen dich doch erst ein bißchen anders anziehn, du sollst vor den König kommen.« Nun zog der Koch ihn erst ein bißchen anders an; aber die drei Riesenzungen steckte der Junge in die Tasche und ging dann vor den König. Da fragte ihn der König: »Hast du nichts davon gesehen, daß die drei Riesen totgemacht wurden?« »Ja«, antwortete er, »das sah ich mit meinen eignen Augen.« »Hat Rinroth ihnen denn die Köpfe abgeschlagen?« »Ja, das hat er getan, aber totgeschlagen hat er die Riesen nicht.« »Wer hat das denn getan?« »Das habe ich und kein anderer getan«, sagte der Junge. Da wollte Rinroth auf ihn los und wollte ihm das Leben nehmen, aber der Junge warf die Zungen auf den Tisch und sprach: »Das ist der Beweis; seht zu, ob die Zungen nicht passen«, und die Zungen paßten alle. Da sagten alle Minister, daß er die Riesen müßte erschlagen haben, und der König sprach, daß er sein Tochtermann werden und sein ganzes Königreich haben sollte, den Rinroth aber sollten sie an den Galgen hängen. Und so geschah es auch und darauf gab's eine fröhliche Hochzeit, und der Küchenjunge heiratete die Königstochter und ward König, und

Sœben Johr un einen Dag
Fiern se dat Bruutgelag;
Da kreeg ik een paar glasern Scho,
Da danz ik op na Huus hento;
Da stött ik an en Steen:
Kling! säen mien Scho un gingen van een.

Aus Plön durch Dr. Klander. – Nach einem dithmarschen Märchen versprach ein König dem seine Tochter, der ein Schiff, das zu Lande und zu Wasser segele, ihm bringe. Dummhans zieht nach seinen drei Brüdern aus, deren Reise natürlich vergeblich war; ihm begegnet auch ein alter Mann mit einem langen Bart und einem weißen Stock in der Hand (un dat weer de lewe Gott, wird, wie oben S. 449, hinzugesetzt) und gibt ihm für einen Aschpfannkuchen das Schiff. Darauf folgt das Märchen von den sechs (oder drei) Dienern. – In einem andern dithmarschen Märchen erscheint ein einäugiger Riese, der den Bauern um sein Korn bestiehlt; Dummhans, der dritte Sohn, wacht in einer Nacht und versteckt sich im Tonnenmaß. Als der Riese kommt, das Korn sich einzumessen, springt Dummhans ihm auf die Schulter und reißt ihm das Auge aus. Da verspricht der Riese ihm für das Auge seinen Beistand. Dummhans gibt es ihm wieder, dafür aber rüstet der Riese dreimal, jedesmal mit einem schönern Pferde und einer schönern Rüstung ihn aus, und Hans reitet jedesmal den Glasberg hinauf, gibt sich endlich zu erkennen und heiratet die Prinzessin.

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