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Mr. Felix Dukane schien in bester Stimmung zu sein. Ohne besondere Überraschung über das unvermutete Zusammentreffen zu verraten, begrüßte er die beiden jungen Leute und setzte sich zu ihnen.
»Ich trage mich mit der Absicht, staatenlos zu werden«, verkündete er.
»Ich rate dir davon ab«, entgegnete seine Tochter. »Ich weiß zwar nicht, was das bedeutet, aber es hat einen so unangenehmen Beiklang. Bestellen Sie, bitte, Vater eine Flasche Wein, Mr. van Stratton. Wahrscheinlich hat ihn jemand geärgert.«
»Die ganze Verwaltung dieses Landes taugt nichts«, schoß der Magnat los. »Am untauglichsten aber ist die Polizei und das, was man hier als Geheimdienst bezeichnet.«
»Ich glaube, der 1911er Cliquot ist gut«, beeilte sich Mark, die respektlosen Äußerungen zu unterbrechen. »Sie essen doch auch, nicht wahr, Mr. Dukane?«
»Ja«, antwortete Dukane und streckte die Hand nach der Karte aus. »Ich flog von Paris herüber und scheine dabei in jedes einzelne Luftloch geraten zu sein. Wir kamen mit einer Stunde Verspätung in Croydon an, und ich wurde dort gleich mit dem Befehl empfangen, mich sofort nach Scotland Yard zu begeben. Von dort schickte man mich nach dem Innenministerium. Ich werde ein Kotelett essen und als Nachtisch Früchte.«
»Sie haben dich wohl sehr geärgert, Vater?« erkundigte sich Estelle.
»So sehr, daß ich mir schon überlegte, ob ich nicht aus dem englischen Staatsverband austreten sollte. Ich glaube, ich werde mir doch ein eigenes Land kaufen und dort die Gesetze machen, die mir passen und zusagen.«
»Ich habe Mr. van Stratton schon eine Andeutung darüber gemacht«, erklärte Estelle. »Das Schlimme dabei wäre nur, daß ich einen König heiraten müßte, nicht wahr?«
Mr. Felix Dukane deutete durch eine Handbewegung an, daß er nicht in der Stimmung sei, billige Witze zu reißen. Er wandte sich an Mark.
»Ich kam hierher, um Sie zu treffen. Wo ist Brennan?«
»So viel ich weiß, in meinem Haus«, erwiderte der junge Attaché. »Er lud mich ein, mit ihm zu speisen.«
»Das sieht ihm ähnlich«, brummte der Finanzier. »Wenn Sie ihn weiter als Gast behandeln, wird er Sie sein ganzes Leben lang nicht wieder verlassen. Kann man diesem jungen Mann Vertrauen schenken, Estelle?« fragte er die Tochter.
»Doch wohl«, entgegnete diese. »Er hat mir heute nachmittag einen großen Dienst erwiesen. Er will mich heiraten.«
Mit einer Handbewegung tat der alte Herr den Gedanken ab:
»Das wollen sie alle«, meinte er. »Alle, die dich nicht kennen.«
Estelle lehnte sich mit einer Grimasse in ihren Stuhl zurück.
»Das hätte ich von meinem Vater nicht erwartet«, erklärte sie. »Mr. van Stratton kennt mich sogar sehr gut, und je mehr er mich kennen lernt, desto fester ist er davon überzeugt, daß ich allein die passende Frau für ihn wäre. Er sagte sogar etwas von einer Spezialerlaubnis, um sofort heiraten zu können.«
»Laß deinen Unsinn einige Minuten beiseite«, bat unwirsch der Alte. »Haben Sie sich mit Brennan unterhalten?« fragte er Mark.
»Die Unterredung war einseitig. Ich hörte ihm nur zu.«
»Sie wissen wohl auch, daß er mich in Norfolk Street mit der Absicht besuchte, mir einige Dinge, die er erfahren hatte, zu verkaufen, nicht wahr? Leider ließ ich mich hinreißen, und die Verhandlungen gelangten zu einem plötzlichen Ende.«
»Ja, soweit bin ich unterrichtet«, gab Mark zu.
»Wir alle sind Irrtümern unterworfen«, entschuldigte sich Dukane. »Ich fühle mich schuldig. Er weiß zu viel, und ich hätte mit ihm einig werden sollen.«
»Er ist auch der Meinung, daß seine Wissenschaft viel wert sei«, erklärte Mark. »Er teilte mir mit, daß die Öffentlichkeit kopfstehen würde, wenn sie von seinem Wissen erführe!«
»Wissen Sie, was er zu tun beabsichtigt?« fragte Dukane.
Mark zögerte, die Frage zu beantworten. Brennan hatte jedoch aus seinen Absichten kein Geheimnis gemacht, ihm nicht einmal das Versprechen abgenommen, zu schweigen.
»Er beabsichtigt, den Finanzminister aufzusuchen«, vertraute er deshalb dem Finanzier an.
Blitze leuchteten in dessen Augen auf.
»Der Esel! Der Idiot!« brach er los. »Was will er damit erreichen? Glaubt er, man würde ihm etwas für seine Mitteilungen bezahlen? Nicht einen Pfennig wird er zu sehen bekommen! Er setzt der Regierung damit einen Floh in den Pelz, den sie kaum wieder herausbekommen wird. Meine ganze Lebensarbeit wird mir der Mensch ruinieren.«
»Ich verstehe natürlich die ganze Sache nicht«, meinte Mark, »aber ich habe den Eindruck, als wäre es für Sie am besten, wenn Sie mit Brennan zu einem gütlichen Einvernehmen gelangen würden. Ich möchte Sie aber darauf aufmerksam machen, daß es nicht leicht sein wird, ihn an den Verhandlungstisch zu bringen. Er hat nun mal ein Vorurteil gegen Sie gefaßt.«
»Ja, das wird wohl das einzige sein, was mir zu tun übrigbleibt«, gab Dukane zu. »Ich irre mich zwar selten, aber hier habe ich doch den verkehrten Weg eingeschlagen. Wo ist denn der Kerl jetzt?«
»Bei mir zu Hause. Er war, als ich fortging, jedenfalls noch dort.«
»Wenn ihr noch tanzen wollt«, sagte Dukane mit einem Blick auf die Platte, die der Kellner eben serviert hatte, »dann beeilt euch. Ich beabsichtige, sobald ich gegessen habe, Sie, Mr. van Stratton, nach Hause zu begleiten.«
»Aber bitte, verhandeln Sie friedlich mit Brennan«, bat Mark.
»Ich werde mich zu beherrschen versuchen«, versprach der Finanzier.
»Ich habe eigentlich Ihren Vater niemals so liebenswürdig gesehen wie heute abend, Estelle«, meinte Mark, als er mit ihr die Tanzfläche betrat.
»Er ist es, weil er Sie braucht«, entgegnete sie.
»Nun, ich werde tun, was in meinen Kräften steht«, beruhigte sie Mark. »Ihr Vater muß sich aber darüber klar sein, daß er mit Heftigkeit nicht viel erreichen wird. Brennan hat seine Papiere an einem sicheren Platz aufbewahrt, und keiner kann sie erlangen ohne ihn.«
»Oder ohne Sie?«
»Ja«, gab er zu. »Er scheint mir zu vertrauen. Vermutlich freut er sich, daß er nicht allein das Risiko auf sich zu nehmen braucht. Er scheint keine Freunde zu besitzen.«
»Er hatte auch nie welche«, bestätigte das Mädchen. »Er arbeitete immer allein. Früher gehörte er zu den Leuten, die von meinem Vater beschäftigt wurden. Dies ist wahrscheinlich die größte Sache, die er jemals zu einem erfolgreichen Ende gebracht hat.«
Er führte sie aus dem Gedränge in eine ruhige Ecke.
»Ich glaube, es wird besser sein, wenn wir nicht gleich an unseren Tisch zurückkehren. Ihr Vater scheint fertig gegessen zu haben und hält nach uns Ausschau.«
»Dann müssen wir zurück«, gebot sie ernst. »Er hat nur selten gute Laune, und wir dürfen sie ihm nicht verderben. Wir werden uns ja öfter treffen.«
»Hoffentlich, denn dieser Gedanke wird eine Oase in der Wüste meines Daseins werden«, philosophierte er.
Estelle hatte die Lage richtig erkannt. Ihr Vater beobachtete die Rückkehr der beiden mit sichtlicher Zufriedenheit.
»Es tut mir leid, daß ich euch den Abend verderben muß,« sagte er. »Aber ich muß Brennan sprechen, ehe es zu spät ist.«
»Ich führe Sie zu ihm«, versprach Mark.
Wenige Minuten später stiegen sie vor Marks Wohnung aus.
»Ist Mr. Brennan noch auf?« erkundigte sich Mark bei seinem Diener Andrew.
»Er sitzt im Lesezimmer, Sir«, antwortete der Mann und öffnete die Tür zur Bibliothek.
Sie traten ein. Brennan saß auf Marks Lehnstuhl und hatte die Füße vor sich auf den Tisch gelegt. Er rauchte eine Zigarre, an deren Geruch Mark feststellen konnte, daß sie aus seiner Spezialkiste stammte. Eine halb geleerte Flasche Whisky deutete darauf hin, daß Brennan sich eines gesunden Durstes erfreute. Als er das Geräusch der sich öffnenden Tür hörte, drehte er sich den Eintretenden zu und sprang, als er Dukane erblickte, erschrocken auf. Mark versuchte, ihn zu beruhigen:
»Haben Sie keine Angst, Brennan«, rief er ihm zu. »Mr. Dukane hat mir fest versprochen, Ihnen nicht zunahe zu treten. Er wünscht sich freundschaftlich mit Ihnen zu unterhalten.«
»Ich will aber keine Unterredung mit ihm haben«, erklärte Brennan und blickte seinen Gegner zornig an. »Mein Kopf trägt immer noch Spuren unserer letzten Unterredung.«
»Ich habe mich leider hinreißen lassen«, entschuldigte sich der Finanzier. »Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen zu nahe getreten bin. Lassen Sie uns die Sache begraben. Sie scheinen sich hier doch ganz wohl zu fühlen. Kommen Sie, lassen Sie uns unsere geschäftlichen Auseinandersetzungen ins Reine bringen.«
»Es ist noch nicht lange her«, entgegnete der andere, »daß ich mich Ihnen mit der Absicht näherte, zu einem Einvernehmen zu gelangen. Sie empfingen mich wie einen Räuber. Jetzt kommen Sie zu mir. Warum sollte ich Ihnen anders entgegentreten als Sie mir? Ich bin kein Goliath, noch habe ich einen Helfer, mich vor Ihnen zu schützen. Aber, ich versichere Ihnen, es würde mir ein großes Vergnügen sein, Ihnen genau so mitzuspielen, wie Sie es mir gegenüber getan haben.«
»Lassen Sie uns Geschäftliches besprechen, Brennan«, versuchte Dukane ihn zu beruhigen. »Vergessen Sie Ihren Besuch in der Norfolk Street. Mir erscheint die Sache heute anders als damals.«
»Dasselbe ist bei mir der Fall«, erklärte unnachgiebig der andere.
»Sie machten mich erst so zornig, weil Sie einen so ungeheuren Preis für Ihr Geheimnis verlangten«, fuhr Dukane fort. »Zeigen Sie her; heute bin ich bereit, Ihnen den Preis, den Sie verlangten, auszuzahlen.«
»Haben Sie viel Geld auf der Bank?« fragte Brennan.
»Das geht Sie nichts an«, brach Dukane los. »Sie verlangten für Ihr Geheimnis zweihundertundfünfzigtausend Pfund Sterling. Die will ich Ihnen zahlen.«
Brennan warf Estelle, die er seit ihrem Eintritt mit Bewunderung betrachtet hatte, einen Blick zu.
»Als ich vor Jahren ein Angestellter Ihres Vaters war«, richtete er nun seine Worte an sie, »war er ein vernünftiger, ruhiger Mann. Nicht so hitzig wie er jetzt ist. Er hat sich in mir geirrt. Das, was ich ihm vor einigen Tagen für eine Viertelmillion verkaufen wollte, ist heute viel mehr wert.«
»Der Wert einer Sache«, gab Dukane zu bedenken, »hängt von der Marktlage ab. Wenn Sie mir Ihr Geheimnis nicht verkaufen würden, könnten Sie sich nur an das Finanzministerium wenden oder es der ›gelben‹ Presse anbieten. Wer hätte einen Vorteil davon? Der englische und französische Geheimdienst könnten Ihnen, beide zusammen, einige hundert Pfund anbieten; die Zeitungen vielleicht einige tausend. Sie hätten ein Vermögen weggeworfen und, näherten Sie sich jemals wieder der französischen Hauptstadt, Ihr Leben.«
»Sie scheinen zu vergessen, daß auch einige Londoner, Pariser und New Yorker Bankiers in diese Sache verwickelt sind.«
»Das lassen Sie ruhig meine Sorge sein«, entgegnete ihm der Finanzier. »Sie wissen ebensogut wie ich selbst, was ich auf dem Geldmarkt zu bedeuten habe.«
»Ja, ich weiß es und zögere dennoch, mich Ihnen zu fügen. Wo es um große Summen geht, gibt es meist mehrere Bewerber um dieselbe Sache.«
»Vergessen Sie, was geschehen ist, Brennan. Sie waren einer meiner besten Leute und haben mich hintergangen.«
»Ja, ich war der beste Mann, den Sie hatten«, quittierte Brennan die Schmeichelei. »Sie begingen, als Sie sich von mir trennten, einen Fehler; einen weiteren, daß Sie mich mißhandelten, als ich Ihnen ein Geheimnis anbot, das ich seit Jahren zusammengetragen hatte. Den dritten und größten Fehler aber haben Sie begangen, als Sie heute abend hierherkamen, um mich armen Menschen zu einem Werkzeug Ihres Willens, Ihres Geldes zu machen. Ich behalte meine Geheimnisse für mich, Mr. Felix Dukane. Stecken Sie ruhig Ihr Scheckbuch ein. Ich verhandle nicht mehr mit Ihnen. Ich verstehe nicht, warum Sie Mr. van Stratton, mein liebenswürdiger Gastgeber, hierhergebracht hat! Er weiß doch, wie ich über Sie denke! Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß ich mit Ihnen und mit Ihrer Tochter nichts mehr zu tun haben will!«
»Ich glaubte, Sie würden es sich überlegen«, erklärte Mark dem andern seine Handlungsweise. »Mr. Dukane hat meiner Ansicht nach recht, wenn er Ihnen zu bedenken gibt, daß der Markt für Geheimnisse, wie Sie sie zu verkaufen haben, nur eine beschränkte Aufnahmefähigkeit haben kann.«
Brennans Augen blitzten, als er sich nun mit vor Ärger geröteten Wangen seinem Gastgeber zuwandte.
»Markt? Aufnahmefähigkeit? Jedes Wort, was ihr aussprecht, stinkt nach Geld; Geld und immer wieder Geld!! Ich, der arme Mann, habe mich euch geistig überlegen gezeigt, mein Leben täglich aufs Spiel gesetzt, um euch das zu beweisen. Ich habe gewonnen, war klüger als der berühmte Felix Dukane! Mein Gewinn läßt sich nicht nach Pfunden, Schillingen und Pence berechnen. Er ist mir mehr wert! Wissen Sie, wieviel? Gut, ihr sollt es hören: Mein Gewinn gibt mir die Möglichkeit, mich zu rächen, die Befriedigung, diesen Mann dort verderben zu sehen, seine Pläne zunichte zu machen. Blicken Sie mich nicht so an, als zweifelten Sie an meiner Vernunft. Ich bin genau so vernünftig, wie ihr alle. Wir haben alle unsere Steckenpferde. Auch wir, die wir wie die Maulwürfe unterirdisch arbeiten. Ich werde mein Geheimnis preisgeben, ja, aber nicht für Geld. Sie aber, Felix Dukane, brutal wie Sie sind und ein Mörder in Absicht, wenn nicht in der Tat, Sie sollen durch mich Ihr Lebenswerk zerstört sehen. Sie werden ruiniert sein, weil ich es so will.«
Dukane hatte schweigend zugehört. Jetzt fragte er Mark:
»Befindet sich der Mann noch in ärztlicher Behandlung?«
»Ich glaube, ja.«
»Darf er denn trinken?«
»Soviel ich weiß, trinkt er nur mäßig«, erklärte Mark.
Dukane erhob sich:
»Gut«, sagte er. »Hören Sie mein letztes Angebot, Brennan: Ich werde Ihnen den verlangten Preis von einer Viertelmillion Pfund bezahlen, vorausgesetzt, Sie halten sich von der Bank von England fern.«
»Ich lehne Ihr Angebot ab!« Fest klang die Antwort.
»Dann«, warnte ihn der andere, »werden Sie wenigstens meine Kriegserklärung annehmen, Brennan, die ich Ihnen hier übermittle. Bisher hat niemand über mich triumphiert, Brennan. Wählen Sie!«
»Ich ziehe den Krieg vor!«
»Es hätte wohl keinen Zweck«, mischte sich Mark ins Gespräch, »Sie zu überreden, wie, Brennan?«
»Sie sind mein Gastgeber«, erwiderte dieser höflich. »Ihnen kann ich nur höflich gegenübertreten. Sprechen Sie!«
»Ich bin vielleicht zu wenig über diese Sache unterrichtet«, meinte Mark, »aber meine Meinung geht dahin, Brennan, daß Sie mit Ihrem Widerstand keinem etwas Gutes antun werden. Ich glaube im Gegenteil, daß großes Leid daraus entstehen wird. Haben Verschwörungen zwischen den verschiedenen europäischen Staaten bestanden, dann dürfte eine Veröffentlichung der Tatsachen keinem etwas Gutes bringen, sondern die Verhältnisse noch mehr verwirren. Was werden Sie davon haben? Mr. Dukane hatte recht, als er Sie darauf hinwies, daß einige tausend Pfund alles sein würden, was Sie dabei verdienen könnten. Sie werden sich in der Lage des Kindes befinden, das aus Trotz sich die Finger erfrieren ließ, um den Vater nicht um Handschuhe bitten zu müssen. Sie sägen den Ast ab, auf dem Sie sitzen wollten. Eine Viertelmillion Sterling, Brennan, ist auch heute noch viel Geld. Seien Sie vernünftig und verhandeln Sie mit Mr. Dukane.«
»Sind Sie zu Ende?« erkundigte sich höflich der andere, als Mark schwieg.
»Das ist alles, was ich zu sagen hatte.«
»Vielleicht will auch Mademoiselle noch etwas bemerken«, wandte sich Brennan höflich fragend an Estelle.
»Es hätte wenig Zweck, will mir scheinen«, entgegnete sie. »Manchmal benehmen sich die klügsten Leute wie Kinder, aber, daß jemand aus Trotz ein Vermögen ausgeschlagen hätte, das ist mir denn doch noch nicht vorgekommen. Nein, ich wüßte nicht, was ich dem Gesagten noch hinzuzufügen hätte.«
»Würden Sie mir, Mr. van Stratton«, fragte Dukane den Hausherrn, »gestatten, Ihr Telephon zu benützen?«
»Mit Vergnügen«, erwiderte er und führte Estelles Vater an den Apparat.
»Ich spreche selten persönlich durchs Telephon«, erklärte er. »Würden Sie mich, bitte, mit 150 XYZ verbinden lassen. Es ist eine Privatnummer.«
Brennan lächelte:
»Betrifft das Gespräch mich?« fragte er spöttisch.
»Es wäre gut, Sie hörten zu«, begnügte sich Dukane zu erwidern.
»Sie sind verbunden, Mr. Dukane«, meldete Mark.
»Ist dort der Polizeipräsident? Ja! Danke. Ich bedaure, Sie stören zu müssen. Hier ist Mr. Dukane. Ich hatte mit Ihnen heute eine Unterredung. Ja, mit Ihnen und dem Minister!«
Brennan hatte seine Zigarre ausgehen lassen und starrte wie hypnotisiert auf Dukane.
»Jawohl, das bin ich. Ich habe Ihnen in dieser Sache keine neuen Mitteilungen zu machen. Sie erwähnten im Verlauf unseres Gesprächs, daß Sie es bedauerten, wenn wir bei Erlangung unserer Berichte extreme Maßnahmen ergriffen hatten. Sie sprachen dabei von einem englischen Offizier, der in Köln deshalb ermordet worden war, weil er sich in den Besitz der Pläne einer russischen Munitionsfabrik gesetzt hatte. Ja, den meine ich. Natürlich geht mich die ganze Sache nichts an, Sir, aber ich glaube zu wissen, wo der Mörder zu finden –«
»Halt!« unterbrach ihn Brennan.
Dukane wandte sich, die Hand auf das Mundrohr des Apparates gedrückt, dem andern langsam zu.
»Verflucht sollen Sie sein, Dukane. Ich werde verkaufen!«
Dukane nahm sein Gespräch mit dem Präsidium wieder auf:
»Bitte, verzeihen Sie die Unterbrechung, Sir. Ich glaube, ich kann Ihnen einige Winke geben, was den Mörder des Offiziers anbetrifft. Wenn sich meine Vermutungen bestätigen, werde ich Ihnen morgen Näheres über seine Person mitteilen können. Ich danke Ihnen sehr. Gute Nacht!«
Er hing ab und drehte sich Brennan zu:
»Die Banken öffnen um zehn«, sagte er. »Würde es Ihnen recht sein, wenn ich gegen zehn Uhr hier vorspreche?«
Brennan nickte:
»Mr. van Stratton, ich bin Ihnen außerordentlich verbunden!« richtete Dukane nun an Mark das Wort.
»Das freut mich«, antwortete Mark. »Es könnte die Zeit kommen, wo ich Sie an diesen Tag erinnere.«