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1899.
Aus einer Rede in der Bremer Bürgerschaft 31. 1. 1899
Es herrscht augenblicklich eine eigenartige Stimmung in der Bürgerschaft, und Sie haben das Gefühl, als wenn Ihnen etwas über dem Haupte schwebte, das Ihnen nicht lieb ist. Den deutschen Arbeitern ist durch die Reichsgesetzgebung das Recht gegeben, sich behufs Erringung besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen zu koalieren. Dieses Gesetz hat jeder zu respektieren. Wir haben aber in Bremen erlebt, daß ein großer Straßenbauunternehmer, der vom Staat Arbeiten in Auftrag erhält, der vom Staate lebt, den Arbeitern erklärt hat: »Wenn Ihr jetzt nicht aus Eurem Verein austretet, so seid Ihr entlassen.« Die Leute haben darauf eine Erklärung unterschreiben müssen, daß sie dem Verein nicht mehr angehörten. Den Vorstandsmitgliedern wurde gesagt: »Wenn Ihr Eure Geschäftsbücher abliefert und erklärt, daß Ihr nicht mehr Mitglieder seid, dann könnt Ihr wieder arbeiten.« Wenn wir dann beantragten, daß bei Vergebung der Staatsarbeiten die Unternehmer verpflichtet werden sollen, den Arbeitern zu gestatten, sich zu koalieren, so ist das nichts Inhaltloses. Es ist freilich etwas Selbstverständliches; aber leider ist es in Bremen vorgekommen, daß so etwas Selbstverständliches nicht beachtet wird. Wir wollen nicht mehr den alten Manchesterstandpunkt der Freisinnigen; sondern wir meinen, die Gesetzgebung sollte eingreifen zum Schutz der wirtschaftlich Schwachen gegen die wirtschaftlich Starken. Das hat die Sozialdemokratie immer verlangt. Ich bedaure, daß der Herr das noch nicht weiß. Ich werde mir erlauben, ihm nächstens einige Broschüren zugehen zu lassen, damit er sich informieren kann. Im übrigen, da über die Form des Antrages Zweifel bestehen, so bitte ich, diesen mündlich noch einmal stellen zu dürfen. Wir beantragen, daß bei Vergebung der Straßenbauarbeiten den Unternehmern zur Pflicht gemacht werde, den Arbeitern nicht zu verbieten, sich zu koalieren.
Wenn Sie Anhänger des Koalitionsrechtes sind, so müssen Sie diesem Antrage zustimmen. Den Herren von der Innung mag das nicht angenehm sein. Aber wenn Sie so liberal sind, wie Sie vorgeben zu sein, dann müssen Sie für den Antrag stimmen, oder Sie bezeugen, daß Sie nicht liberal sind.
Der Antrag des Herrn Ebert wurde nach kurzer Debatte abgelehnt.