Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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78.

Leeds, den 21. Juni 1874.

Mein neuer Wendepflug war in letzter Woche zum erstenmal im Feld und hat sich nicht schlecht betragen. Er ist zwar gebrochen; das versteht sich jedoch von selbst. Greig meint: »Wenn er noch zehnmal bricht, so können wir uns alle Glück wünschen.« Aber der Bruch erfolgte doch erst, nachdem einige Hauptfragen, die nur durch Versuche beantwortet werden konnten, zu allgemeiner Zufriedenheit entschieden waren.

Für einen deutschen Ingenieur der orthodoxen Schule wäre es freilich unerträglich, wenn sein Geisteskind bei dem ersten Versuche in Stücke ginge. Ich selbst habe mich erst allmählich daran gewöhnt, ein derartiges Vorkommnis mit Ruhe zu betrachten. Impavidum ferient ruinae! Wenn in diesen drei Worten ein halbes Dutzend Schnitzer stecken sollten, so bedenkt, daß ich keinen Taschenhoraz mehr bei mir führe.

Die Sache ist ganz natürlich auf unserm besonderen Gebiete. Formeln und Theorien stehen für Maschinen, die nicht nur über Stock und Stein laufen, sondern Stock und Stein ausreißen sollen, nicht zur Verfügung. Fast all unser Tun ist teuer erkaufte Erfahrungssache. Wenn ein völlig neuer Gedanke ins Leben treten soll wie bei diesem Pflug, so haben wir keinen andern Leitfaden, als eine Art von Instinkt, der die gröbsten Fehler verhindert. Sonst aber müssen wir einfach ins Wasser springen, um schwimmen zu lernen. Der erste Sprung hat gezeigt, daß sich der Gedanke über Wasser zu halten vermag. Der zweite Sprung wird nachfolgen.


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