Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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79.

Leeds, den 5. Juli 1874.

Mit jeder Woche spüre ich deutlicher, daß es wieder Zeit ist, nach dem Wanderstab zu greifen. Einige Monate in der Atmosphäre von Leeds mit ihrem Nebel und Kohlendunst sind gerade genug. Dann fängt der schwarze Staub an, mir in Lunge und Magen, in Kopf und Herz Kesselstein zu bilden. Die Gedanken und Pläne, welche ich heimgebracht, sind verarbeitet oder verunglückt, und ein unbehagliches Gefühl läßt mich in der Ruhe keine Ruhe mehr finden. Es ist das Gefühl des Wandervogels, der im vollen Sonnenschein des warmen Herbsttages merkt, daß er weiter muß, um zu leben.

Mein Pflug ging gestern nach Bedford zur Ausstellung ab; das Seilboot ist noch immer in Warrington ohne weitere Bestimmung infolge der unentschiedenen Haltung der Bridgewaterkanalgesellschaft. »Der Herr verstockte ihr Herz.« Könnte ich ihnen nur eine Froschplage auf ihren Kanal schicken! Aber was ist zu machen? Wir liegen da wie ein neues, blankes Segelschiff, alle Segel ausgebreitet, und warten auf den Wind, der nicht kommen will. Das ist vielleicht das Schwerste, was ein tüchtiger Matrose zu lernen hat. Doch geht's, wenn er sich mittlerweile in einem Ruderboot herumtummeln kann und zur Unterhaltung einen Seehund fängt oder ein Meerschweinchen.

Dagegen soll ein größeres Unternehmen in Kuba noch diesen Winter in Gang kommen, fliegende Wagen mit Drahtseilbetrieb, Dampfpflüge, eine Eisenbahn aus Holz mit entsprechend eigentümlichen Lokomotiven, Dampfkranen, eine Sägmühle, kurz, eine ganze Schiffsladung voll Wunderlichkeiten. Der Eigentümer all dieser Dinge ist ein Neuyorker Zuckerraffineur und kubanischer Pflanzer, einer der reichsten Leute dieser steinreichen Sippe. Das wäre etwas, bei dem sich unser Eduard seine technischen Sporen verdienen könnte, dem Leeds nachgerade auch zu rauchig zu werden scheint. Ich denke, es wird sich machen lassen.Es hat sich gemacht, und mein lieber Bruder hat dabei sein junges Leben gelassen. – Der Mensch denkt, Gott lenkt. Auch an meinem Grabe, hoffe ich, wird seinerzeit das alte Sprichwort beweisen, daß es noch wahr ist.


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