Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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170.

Leeds, den 22. Dezember 1881.

Die Verhältnisse sind nicht günstig für Festbetrachtungen. In der Fabrik geht es noch immer drunter und drüber, und ich habe natürlich meinen Anteil daran, so daß ich manchmal naß und kalt und immer wie abgeschlagen nach Haus komme. In stürmischen Zeiten, wie die gegenwärtigen, kann man das nicht so genau nehmen, und es ist im eignen Interesse, daß man sich so schnell als möglich wieder ein Dach über den Kopf baut. Persönlich habe ich das zwar; denn die Bureaus und mein eignes Nest sind unberührt geblieben. Aber in den wichtigsten Werkstätten sieht der keineswegs blaue Himmel betrübt bis auf den Grund. Das Bild, das sie nach dem Brande darboten, läßt sich kaum beschreiben. Die eisernen Querbalken, welche den oberen Stock trugen, bogen sich infolge der Hitze in die wunderlichsten Formen. Drehbänke, Stoß- und Hobelmaschinen kamen lawinenartig herunter, und durch das haushohe Gewirr von Rädern, Ständern, Riemenscheiben zogen sich die Transmissionswellen wie endlose Schlangen. All das füllte den Raum zwischen den vier stehengebliebenen Wänden einer unsrer Hallen fünf Meter hoch mit einem scheinbar unentwirrbaren Knäuel von Eisenzeug, das man zuerst nur von außen durch die Fensterhöhlen betrachten konnte. Zwei Straßenlokomotiven machten sich an die Arbeit, den Knäuel auseinanderzureißen, und während die Flammen noch da und dort emporschlugen, wurden die Verträge für den provisorischen Neubau unterzeichnet. Dann, ein paar Stunden später, betraute man mich mit der Aufgabe, die innere Einrichtung der rauchenden Hallen mit den wünschenswerten Verbesserungen zu entwerfen. Die neuen Pläne waren rasch genug skizziert. Morgen, hoffe ich, werden wir mit dem Ausräumen fertig, das ohne Straßenlokomotive mindestens vierzehn Tage gekostet hätte, und in drei Wochen wird wenigstens das Wesentlichste wieder in Ordnung sein. –

Ein Reisegeschichtlein muß ich Euch, trotz aller Not in nächster Nähe, erzählen. Layard, der bekannte Niniveforscher, hatte in Damaskus eine lange Unterredung mit einem arabischen Schech, der wegen seiner Weisheit berühmt war, und bemühte sich, den Araber von der Bedeutung seiner Arbeiten zu überzeugen. Schließlich sprach der weise Mann: »Erzähle mir nichts mehr von deinen Reisen. Sie interessieren mich nicht. Was hast du selbst mit alldem gewonnen? Du bist so lang an allen Orten herumgereist, bis du an keinem mehr zufrieden bist. Kannst du mit allen deinen Kenntnissen dir einen zweiten Bauch machen oder das Paradies finden mit deinen Augen?« Und damit entließ er kopfschüttelnd den Weisen unsrer Zeit.

Das Geschichtchen gefällt mir zurzeit besser als mir lieb ist.


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