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Montpellier, 1838.Aus »Napoléon« (Fragmente), herausgegeben von J. de Mitty, Paris 1898, S. 214 ff.
Einst, wenn ich allein war, träumte ich von Liebesabenteuern, die mehr zart und romantisch, als schmeichelhaft für die Eigenliebe waren. Seitdem bin ich minder töricht geworden. Nach und nach habe ich gelernt, daß man vor allem die Eigenliebe bestärken und besonders die Leidenschaft, die man etwa empfindet, wie das schlimmste aller Übel verbergen muß. Tiefe schöne Erkenntnis hat mich bei Gelegenheit vielleicht weniger linkisch gemacht, obwohl ich es noch immer sehr bin, aber sie hat mir meine reizenden Träumereien auf Reisen geraubt. Jetzt denke ich an die Kunst und an die Feldzüge Napoleons. Der letzte Gegenstand ist traurig für mich!
Ich sehe mich in einem Übergangszeitalter, d.h. einem Zeitalter der Mittelmäßigkeit. Kaum wird es halb verflossen sein, so wird die Zeit, die für die Völker so langsam und für den einzelnen Menschen so schnell dahinfließt, mir zum Abtreten winken.
Ich war weit törichter, aber weit glücklicher, als ich, schon ein großer Junge, der amtliche Schriftstücke unterschrieb, insgeheim stets an Leidenschaften dachte, die ich alsbald zu empfinden und vielleicht einzuflößen glaubte. Die Erinnerung an einen Händedruck des Nachts unter hohen Bäumen versenkte mich stundenlang in Träume. Jetzt habe ich auf eigne Kosten gelernt, daß man, statt Genuß daran zu haben, Vorteil daraus ziehen soll, will man nicht zwei Tage darauf Reue verspüren...
Ach, fast möchte ich wieder ein Narr und ein Tor dem wirklichen Leben gegenüber sein und wieder in jene holden törichten Träumereien versinken, die gewiß keinem Menschen ein Haar krümmen können!
Oft verschmähe ich es, eine Liebschaft anzufangen. Ein Nichts genügt, um mir Mißachtung einzuflößen. Ein Jahr darauf mache ich mir Vorwürfe darüber. Aber dies Gefühl ist im Augenblick stärker als ich, und zum Trost für meine unglückliche Neigung, so leicht etwas zu mißachten, was ich hätte lieben sollen, sagt mir die Vernunft (und das ist falsch und ungewiß): Du sollst nicht mehr lieben!
Solange man imstande ist, ein Weib, d.h. ein durchaus dummes oder heimtückisch verstelltes Geschöpf wegen seines bezaubernden Geistes und seiner Harmlosigkeit zu lieben, solange man eine ganz und gar törichte Illusion hegen kann, so lange kann man lieben. Und das Glück liegt weit mehr im Lieben als im Geliebtwerden.