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Max Kretzer. Der bekannte, in Berlin lebende Romanschriftsteller Max Kretzer wurde 1854 in Posen geboren. Er ist Autodidakt – Handwerker von Haus aus – brachte es aber durch eisernen Fleiß zu einem annehmbaren Schriftsteller, der vor zehn Jahren mit ebenso viel Unrecht als ein großer Dichter gefeiert wurde, wie er heute in literarischen Kreisen gar nicht geschätzt ist. Kretzer versuchte, »die soziale Dichtung als künstlerische Darstellung der in der ökonomischen Lage gefesselten Persönlichkeit zu geben.« Man muß sagen, daß ihm dieser Versuch gelang, wenigstens beinahe gelang; nur in einem Punkt erfüllte er sein Programm nicht: seine Darstellung war wenig künstlerisch! Fast in allen seinen Romanen sind Fortschritte gegen die früheren zu erkennen, aber nie hat er das Manko, das er zum Schriftstellerberuf mitbrachte, ganz auszufüllen vermocht. Kretzer, der Realist sein will und als solcher gefeiert wurde, läßt häufig seine Personen in leeren Romanphrasen nur so schwelgen. So läßt er einen Schutzmann zu einem Nachtwächter sagen: »Laß den Gedanken daran fallen!« oder er läßt einen Arbeiter sprechen: »Dann hast du in der Einfalt das Richtige getroffen, um das Spiel möglichst zu vollenden!« Und trotzalledem und trotz noch manchen anderen schweren Fehlern verdienen Kretzers Romane wie »Die beiden Genossen«, »Sonderbare Schwärmer«, »Der Holzhändler«, »Die Betrogenen«, »Die Verkommenen«, »Meister Timpe«, »Millionenbauer«, »Das Gesicht Christi«, »Bergpredigt« usw. Anerkennung; sie stehen immer noch himmelhoch über allen den »Salon«- und »Familien«-Romanen, die die meisten unserer Tagesblätter und Zeitschriften jahraus jahrein veröffentlichen.
Dr. H. E.