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Frau Ursula war eine fromme Frau
Und steckte pünktlich und genau,
Wenn sie zur Messe ging,
Dem heiligen Sebastian
Ein Kerzlein an.
Dann huscht sie flink
Und leis wie eine Katze
Abseits, wo hinter dem Altar
Beelzebub mit einer Höllenfratze
An eine Wand gepinselt war,
Um hier verstohlen
Die Opfrung mit dem Licht zu wiederholen.
So trifft sie einst der Priester – Wie!?
Ruft er, – was seh ich da?
Frau Ursula
Steckt auch ein Kerzlein an dem Teufelsvieh?
Ja, Herr, – spricht sie – bei Sankt Sebastian
Geschiehts, damit der heilige Mann
Mir immerdar nur Gutes tu!
Dem Teufel aber zünd ein Licht ich an,
Auf daß er mir nichts Böses füge zu!
(Z.)
Der Teufel, wie ein jeder weiß,
Sucht allerorts mit List und Fleiß,
Daß er der Welt auf ihrem Wege
Zum Unheil einen Fallstrick lege.
So ging er einmal über Land,
Als sich zu ihm ein andrer fand:
Wir haben wohl ein gleiches Ziel?
Fragt der; drum, so es Euch gefiel,
Laßt uns mitsamm ein Wörtlein reden,
Das kürzet angenehm für jeden
Den Weg. Ich bin ein Advokat
Und will dort drüben nach der Stadt,
Um einen Schuldner auszupfänden
Und seine Taschen umzuwenden.
Ihr seid?
Ich bin der Teufel! spricht
Der grinsend. – Ein verdutzt Gesicht
Zieht unser wackrer Advokat
Und lacht: Macht man auch selten Staat
Mit Satanas, so intressiert
Michs doch, was euch zur Welt geführt?
Nun, meint der, das ist leicht zu raten.
Ich such mir einen Höllenbraten! ...
So schritten sie – da fuhr ein Bauer
Korn in die Mühle; schwer und sauer
Ward es den Pferden gar, vom Flecke
Zu bringen all die schweren Säcke.
Der Bauersknecht mit Stock und Leine
Schlug das Gespann: »Ich mach euch Beine,
Ihr Biester, wullt ihr von der Stelle?
Sonst hol der Dübel mich zur Hölle!« –
Da rief der Advokat: Greif zu;
Das ist der Rechte, wie mir scheint!
Der Teufel aber sprach in Ruh:
So hats der Bauer nicht gemeint! ...
Drauf kam ein Bub mit einer Ziegen,
Die, störrisch, sich nicht wollte fügen,
Sie sprang und bockte mit dem Horn,
Da packt den Buben heller Zorn:
»Wart, Racker, dich will ich versohlen,
Sonst soll mich gleich der Teufel holen!« –
Da rief der Advokat: Frisch zu,
Mir scheint, der Bube will nicht scherzen!
Der Teufel aber sprach in Ruh:
Den Kindern kommt das nie von Herzen! ...
Sie waren schon dem Städtchen nah,
Daß man den roten Kirchturm sah,
Als sie vorbei der Dorfschul kamen
Und durch den offnen Fensterrahmen
Laut Schelten und Gezänk vernahmen.
Der alte Kantor gerbte wacker
Ein Bürschlein just und schrie: »Du Racker,
Wenn du jetzt immer noch nicht weißt,
Wie unsers Herrgotts Mutter heißt,
So soll Beelzebub dich holen
Und braten über Höllenkohlen!«
Der Advokat rief gleich: Pack zu,
Das ist ein Fang nach deinem Sinn!
Der Teufel aber sprach in Ruh:
Der Kantor spricht das nur so hin! ...
Nun schritten beide durch das Tor
Des Städtchens überm Markt empor
Und machten Rast vor einem Haus –
Just trat der arme Tropf heraus,
Dem unsres Advokaten Tücke
Die letzten seiner Hellerstücke
Verprozessiert durch schlimmen Rat;
Da rief der Schuldner, als er naht.
»Du Schurk, der alles mir gestohlen,
O wollt dich doch der Satan holen!«
Flugs sprach der Teufel: Hasts vernommen?
Was sich gewünscht der arme Tropf,
Ist aus dem Herzen ihm gekommen;
Drum her, du fetter Höllenbraten!
Und dem erschrocknen Advokaten
Schwupps! dreht der Satan um den Kopf!
(Z.)
Ein Bauer fuhr beim Morgengrauen
Zum Wald hinaus, um Holz zu hauen;
Da kreuzt ein Häslein ihm den Weg,
Und unser Bauer spricht zum Knechte:
Wenn ich es recht mir überleg,
So ists gescheiter, wie ich dächte,
Wir lassen heut das Holzen bleiben!
Denn wie die alten Bücher schreiben,
Bringt immer Unglück so ein Has,
Der einem früh entgegen hupft.
Doch Jochen rief: das wär ein Spaß!
Wie seid ihr doch gleich so verschnupft.
Seid ihr denn noch so weit zurück
In unsern aufgeklärten Tagen,
Es dummen Tieren nachzusagen:
Dies bringt mir Leid und jenes Glück?
Was tät ein Rammler mir und euch?
Ich glaub nicht an solch dummes Zeug! –
Der Bauer griff den Knecht beim Kragen
Und schalt voll Zorn: Wie kannst dus wagen,
Das zu belachen voller Hohn,
Was unsre Ur-Ureltern schon
Als böses Omen angesehen? –
Ein Wort gabs andre. Jeder wollte,
Daß ihm der andre Beifall zollte;
Und da ists schließlich denn geschehen,
Daß – weil der Bauer wurzelecht
Den eignen Glauben hielt – der Knecht
Einheimsen mußte harte Prügel.
Da rief er: Haltet ein geschwind,
Jetzt seh ichs, daß ich vorher blind;
Und gern geb ich euch Brief und Siegel,
Daß ihr, o Herr, im Rechte seid!
Denn wahrlich
mir hat dieser Hase
Unglück genug gebracht und Leid;
Ich fühls an Rücken, Kopf und Nase,
Daß schlagend eure Gründe sind
Und ich ein töricht Menschenkind;
O mein, jetzt sag ichs ohne Spaß,
Ein böses Omen ist der Has!
Sie kehrten um – der Bauer lachte,
Der Jochen aber heimlich dachte:
Wart nur, ich fang an gutem Ort
Dich noch mit deinem eignen Wort!
*
Und wieder fuhr in einigen Tagen
Zum Wald der Bauer, Holz zu schlagen;
Da sprang am Weg ein Isegrim
Aus dem Gebüsch und Jochen schreit:
O weh, Herr! heute gehts uns schlimm,
Denn wenn ein simpler Has schon Leid
Und schweres Unglück läßt entstehen,
Was muß dann erst beim Wolf geschehen?
Der Bauer lacht: Wohl kann mans sehen,
Du hast nur wenig Grips im Kopf!
Weiß doch der allerdümmste Tropf,
Daß jener Tag von Glück gesegnet,
An dem man einem Wolf begegnet!
Der Jochen schwieg. – – Als sie im Wald,
Spannt er das Rößlein aus alsbald,
Nimmt ihm den Sattel ab, den Zaum,
Und läßt es auf der Weide laufen,
Indes die beiden ihren Baum
Nach rechtem Maß in Stücke schlagen
Zu einem wackern Klobenhaufen.
Drauf sprach der Herr: Laß uns verschnaufen!
Mir klebt die Zunge schier am Gaum,
Mach fort, und hole aus dem Wagen
Die Flasche und das Brot herbei
Und was noch sonst vorhanden sei.
Der Knecht ließ sichs nicht zweimal sagen,
Lief hin – doch plötzlich mit Geschrei
Kehrt er zurück im hastgen Lauf
Und ruft: Kommt, Herr, und schaut das Wunder,
Das sich begeben hat jetzunder:
Das Glück frißt unsern Braunen auf!
Der Bauer denkt: was soll das heißen?
Und folgt dem Knecht zum Weideplatze.
Da sieht er, wie mit Maul und Tatze
Der Wolf sein Rößlein tät zerreißen.
Du Teufelsvieh! ruft er und sucht
Die Axt nach Isegrim zu schmeißen,
Doch der entspringt in kurzem Satze,
So schnell es geht mit vollem Bauch,
Indes der arme Bauerngauch
Beim toten Rößlein steht und flucht
Auf alle Wolfsbrut so verrucht.
Der Jochen lacht: Gott soll mir helfen,
Käm solches Glück mir von den Wölfen!
Wer hat denn recht nun von uns zwein?
Soll ich schon abergläubisch sein,
So laß ich von den Omen allen
Das Hasen-Omen mir gefallen!
(Z.)
1. Der Pferdehandel.
Der manchem ehrbarn Mann und Weib
Viel Schabernack tat zum Zeitvertreib,
Wenn er, wie ihm die Lust ankam,
Den Ernst ironisch beim Worte nahm –
Till Eulenspiegel, des Gehens satt,
Kam einst nach Trier, der frommen Stadt,
Die Christi ungenähtes Gewand
Als Heiligtum hütet, wie allbekannt. –
Till wollte also, weil ihm das Gehen
Nicht mehr behagte, ein Rößlein erstehen
Und wandte an Taps, den Roßtäuscher, sich,
Daß er von ihm ein Pferd erschlich.
Um vierundzwanzig Gulden fand
Er eins, das er alsbald erstand.
Er sprach: Ich zahle dir zwölf Gulden,
Die andern zwölf will ich dir schulden! –
Der Roßtäuscher war zufrieden damit,
Und unser Till von dannen ritt.
Drei Monde gingen in das Land,
Als Taps vor Eulenspiegel stand,
Um die zwölf Gulden einzutreiben. –
Die soll ich dir doch schuldig bleiben!
Rief Till – ich habs ja schwarz auf weiß.
Vierundzwanzig Gulden war der Preis,
Zwölf hab ich bezahlt – die andern zwölfe
Bleib ich dir schuldig, so wahr mir Gott helfe!
Taps fluchte und zog ihn vor Gericht,
Doch teuer verschwur sich Till, der Wicht:
Daß er bestünde auf seinem Bedinge
Und nicht von seinem Recht abginge.
Denn würd er dem Taps die zwölf Gulden erlegen,
So wär es nicht von Rechtes wegen;
Man tät ja schwarz auf weiß es schreiben,
Er solle den Rest ihm schuldig bleiben.
Die Richter schüttelten die Perücken
Und konnten keinen Ausweg erblicken,
Sie mußten dem schlauen Betrüger eben
Sein Recht in diesem Falle geben.
Till aber ritt weiter schnellen Trabs
Und hinter ihm fluchte der arme Taps!
2. Von drei Gaunern der größte.
Es waren einmal drei lose Gesellen,
Die wollten den Eulenspiegel prellen.
Sie zählten ihm tausend Dukaten auf
Und sprachen: In dieser Zeiten Lauf,
Wo einer den andern bestiehlt und betrügt
Und nirgends das Geld versichert liegt,
Sollt ihr hier nehmen, was wir erspart,
Damit ihrs uns treulich aufbewahrt.
Doch habet acht! – weil uns drum bangt,
Daß es in unrechte Hände gelangt,
Soll von uns drein es einzeln keiner
Erheben können – und käm auch einer,
Die tausend Dukaten abzuheben,
So dürft ihr sie ihm durchaus nicht geben!
Nur wenn wir drei zu gleicher Zeit
Erscheinen, so seid zur Zahlung bereit!
Till spricht: Schon gut! schon gut! – nimmts Geld,
Verschließts in seinen Kasten und stellt
Den dreien über die tausend Dukaten
Einen Schuldschein aus, wie sie beraten ...
Nun wollte der schlauste dieser Gesellen
Den andern selbst eine Falle stellen
Und Vorteil ziehn auf diebische Art,
Weil er mit ihnen uneins ward.
Drum sprach er: Wir legten unsere Dukaten
Viel besser an, dürft ich euch raten!
Die andern meinten: Laß hören doch!
Da riet der Gauner: heute noch
Gehn wir zu Eulenspiegel und sagen,
Wir fordern das Geld in dreien Tagen,
Drum halte ers für uns bereit. –
Ich aber geh dann
vor der Zeit
Zu ihm, und wenn er mirs gegeben,
Können wir gegen ihn Klag erheben,
Weil er, trotzdem wir uns anders verständigt,
Das Geld einem einzelnen ausgehändigt.
Dann haben wir Eulenspiegel geprellt
Und er muß uns zweimal zahlen das Geld!
Die andern lachten: So soll es geschehen,
Worauf sie zu unserem Schelmen gehen
Und ihm von ihrem Handel sagen,
Das Geld zu holen in dreien Tagen.
Till sprach: Schon gut! schon gut! – es liegt
Bereit, sowie ihr darüber verfügt!
Am zweiten Tage kam herbei
Der Gauner und spricht: Ihr wißt doch, wir drei
Gebrauchen das Geld, wies gestern hier
Besprochen ward – drum gebt es mir!
Till sagt: Mein Freund, hier ist es schon,
Doch zehn Prozent an Provision
Zieh ich dir ab – so ists der Brauch! –
Nun wohl, ich bins zufrieden auch,
Entgegnet der andre, obwohl er sich wundert,
Und streicht mit Lächeln ein die neunhundert,
Gibt seine Unterschrift, zieht den Hut,
Macht sich davon mit frohem Mut,
Und denkt: sinds auch neunhundert bloß,
Das Geschäft war leicht und der Nutzen ist groß!
Drauf ist mit seinem Raube schnell
Nach Welschland entflohen der Spießgesell.
Die andern aber warten und warten
Und merken zu spät: sie sind die Genarrten!
Gehn aber doch zu Eulenspiegel
Und wollen ihn fühlen lassen den Striegel.
Sie murren, sie bitten, sie drohen, sie schelten,
Und sprechen: Das sollst du, Schelm, uns entgelten.
Wir lassen uns so leicht nicht äffen
Und werden uns auf dem Rathaus treffen!
Till sprach: Schon gut! schon gut! ihr Herrn,
Ich folge euch zu den Richtern gern! – –
*
Als denen die Sache ward vorgetragen,
Sprachen sie: Was ist lange zu klagen?
Wenn einer, statt ihrer drei, erschien,
Und Eulenspiegel das Geld an ihn
Allein zu Unrecht abgeführt,
So wird er hiermit kondemniert:
Daß er zu einem andern Male,
Die tausend Dukaten ausbezahle.
Wohlweise Herren! sprach schmunzelnd der Wicht
Nochmals zu zahlen sträub ich mich nicht!
Doch seh ich nur
zwei der Gläubiger hier;
Schafft erst den
dritten zur Stelle mir,
Alsdann, wenn dieses euch geraten,
Zahl ich den dreien die tausend Dukaten.
Da ließen die Richter die Köpfe hangen,
Den Klägern verfärbten sich jäh die Wangen,
Sie kratzten verdutzt sich hinter den Ohren
Und sahns nun ein: Das Geld ist verloren,
Denn niemals würd es ihnen gelingen,
Den entflohenen Dieb vors Gericht zu bringen!
Till aber, belachend den Schabernack,
Zog weiter, die hundert Dukaten im Sack!
3. Der Finderlohn.
Und wieder einmal war Till in Not;
Er hatte vertan den letzten Heller,
Im Beutel war nur trocken Brot
Und schuldig war er dem Wirt im Keller!
Wie mach ichs? rief er verzweifelt im stillen,
Die Kehle zu letzen, den Magen zu füllen.
Doch Gott verläßt den Narren nicht,
Und plötzlich verklärt sich Tills Gesicht!
In einen Beutel tut er Blei,
Glas, Knöpfe, Steinchen und solcherlei
Wertloses Zeug, was niemand nütze,
Und schleicht sich auf den Markt damit. –
Bald kommt in gravitätischem Schritt,
Im Pelzrock und im Vollbesitze
Der Würde, die der Reichtum gibt,
Ein geiziger Kaufmann, den niemand liebt!
Till denkt: der geht dir in die Schlinge!
Er läuft ihm nach, greift an die Mütze
Und keucht: Verzeiht, Ew. Wohlgeboren,
Ihr habt gewiß dies Beutlein verloren?
Gestattet, daß ichs euch wiederbringe. –
Ei freilich wohl! – ruft jener, grinst
Und greift gleich nach dem strammen Dinge,
Das unverhofften Geldgewinst
Dem Geizhals zu versprechen scheint.
O Herr, spricht Till, ich habs gefunden,
Und glaubt Ihr euch auch nicht zu
Dank verbunden,
Ist es doch wenigstens so gemeint,
Daß ihr mir armem Schwartenhals
Den Finderlohn gebt jedenfalls,
Wie? oder wär vielleicht nichts drinnen,
Was wertvoll ist? – Bist du von Sinnen?
Ruft jener erschreckt, da unser Till
Den Sack in die Gosse werfen will.
Gold ist darin und Silber! – wie wär
Der Beutel sonst so stramm und schwer.
Und warum sollt er mir nicht gehören?
Mein ist er – das kann ich beschwören.
Drum gib ihn her, Freund, laß dir raten
Und nimm als Dank hier drei Dukaten!
Till ist noch keine zehn Schritt gelaufen,
Schon hört er den Dicken hinter sich schnaufen:
Du Schurk, du Lump! Dich will ich kriegen,
Ehrliche Leute zu betrügen,
Marsch! aufs Gericht – Gemach, gemach!
Ruft lachend Till! wenn ich die Sach
Hab recht verstanden, so sagtet ihr,
Daß
euer dieser Beutel hier
Und Gold und Silber darinnen sei.
Doch habt ihr ihn wirklich nicht verloren,
So habt ihr vorhin doch falsch geschworen,
Und darum macht ihr nun solch Geschrei?
Kommt nur, wir gehen auf die Kanzlei;
Dort wollen wir sehn, du dicker Kapauner,
Wer von uns beiden der größere Gauner!
Der Kaufmann sagte mehr keinen Ton
Und schlich, die Fäuste ballend, davon.
Verfluchter Geiz und Gierigkeit
Die schaden nur zu jeder Zeit
Und bringen Schande, Spott und Leid,
Darauf geb ich euch Brief und Siegel!
Dies lernt von mir.
Till Eulenspiegel.
(Z.)