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1. Pfarrer Hayne.
Am heil'gen ersten Ostertag des Jahres
Eintausendsiebenhundertsiebzig war es,
Da sprach der alte brave Pfarrer Hayne
In Wusterhausen also zur Gemeine:
»Als glücklich preis' ich den und selig ist hienieden,
Wer in der Hoffnung findet seinen Frieden,
Wer an die Auferstehung glauben
kann,
Der ist gebenedeit und ist sehr wohl daran;
Ich für mein armes Teil, ich
kann daran nicht glauben,
Doch will ich niemand seine Hoffnung rauben.«
Kaum hat das Konsistorium dies vernommen,
Hat Hayne schleunigst einen Brief bekommen.
Fürs erste sei vom Amt er suspendiert
Von wegen Gotteslästerung und Lügen.
Dann wurde an den König submittiert,
Er mög' in Gnaden Weiteres verfügen.
Der große König rief den Schreiber Heinrich Bill
Und hieß ihn folgendes als Antwort schreiben:
»Der bleibt im Amt! Wenn er nicht auferstehen
will,
Mag er am jüngsten Tage liegen bleiben.«
2. Rittmeister und Major v. Rodenstock.
Rittmeister und Major von Rodenstock,
Sie tragen beide stolz des Königs Rock.
Der ist der Onkel und der andre ist der Neffe.
Dem Onkel kommt es vor, als ob der Neffe söffe.
Tut nichts! Der Neffe ist ein schneidiger Soldat,
An dem der König seine Freude hat.
Und einstmals kams beim Exerzieren vor,
Daß der Major total den Kopf verlor.
Was er befahl, das klappte niederträchtig,
Der Neffe aber machte alles prächtig! –
Als nun das Exerzieren ist vorbei,
Ruft sich der König den Major herbei
Und spricht: Ich bin mit Ihm heut gar nicht kontentiert!
Schlecht hat er die Attacke ausgeführt.
Ich bin sehr malkontent. Wär' dies hier ne
bataille
Ich hätte Ihn behandelt
en canaille.
Noch eins! – Er sagte neulich mal, Sein Neffe,
Der Rittmeister von Rodenstock, der söffe.
Das ist ja schließlich alter deutscher Brauch!
Weiß Er was?
sauf' Er auch!«
3. Die Nikolaikirche zu Potsdam.
St. Nikolais weiser Kirchenrat
Schrieb einst an Friedrich: »Schlimm sind in der Tat
Ringsum die Kirche die verdeckten Gänge;
Sie sind wohl ganz unmöglich auf die Länge,
Sie müssen, wie ja männiglich bekannt,
Die Kirche aller Helligkeit berauben.
Man sieht nichts drin!« – Friedrich schrieb an den Rand:
»Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.«
4. Gehet hin in alle Welt.
Ein Pfarrer hatt' von Friedrich einst begehrt,
Er möge der Gemeinde doch befehlen,
Fourage ihm zu liefern für ein Pferd,
Er müsse sich zu sehr mit Wandern quälen.
Ein schweres Mühsal sei es ohnegleichen,
Zu Fuß die Pfarrfilialen zu erreichen.
Wär' auch nicht Pferd und Wagen zu bestreiten,
Es würde wohl genügen schon, zu reiten.
Der König nahm die Feder schnell zur Hand
Und schrieb höchst eigenhändig an den Rand:
»Daß seine Bibelkenntnis gut bestellt,
Das ist es, was Sein König ihm bestreitet.
Matthäus schreibt:
Geht hin in alle Welt!
Doch nirgendwo hat er geschrieben:
Reitet!«
5. Kammerdiener Queste.
Nach einer Galatafel einst im Königsschloß
Könnt' Queste, der Lakai, dem Durst nicht widerstehen,
So daß er schleunigst sich ein Glas voll Medoc goß,
Das trank er aus, nach seiner Meinung ungesehen.
Doch hatte ers noch nicht geleert bis auf den Grund,
Da trat der König ein und sah den Zecher Queste.
Der aber riß das Glas erschrocken von dem Mund
Und goß den Rotwein sich auf seine weiße Weste.
Vor Schrecken todesbleich, verworren und verzagt,
In der Voraussicht, wie den Fehl er müßte büßen,
Sah schon der Ärmste sich aus Königs Dienst gejagt
Und warf sich reuevoll zu seines Herren Füßen.
Der sprach: »Vor Gott, vor mir nicht niedersinken!
Ist schon vergeben! Künftig
Weißwein trinken!«
6. Das Chamäleon.
Einst hielt sich Humboldt ein Chamäleon.
Der König sprach: »Was haben Sie davon,
Das Tierchen stundenlang sich anzuschaun?«
»Ei,« sagte Humboldt, »nicht genug betrachten
Kann ich's, nur um die Farben zu beachten.
Jetzt ist es schwarz, nun wieder grün, nun braun.
Und dieser Farbenwechsel muß ihm nützen,
So kann er sich vor seinen Feinden schützen.
Jedoch das wunderbarste an dem Tier
Sind seine Augen; unbegreiflich schier,
Denn ihre Richtung wechselt Schlag auf Schlag.
Das eine blickt herab zur Erdenwelt,
Das andre gleicherzeit zum Himmelszelt.«
Da lächelte der König fein und sprach:
»Für mich ist das nichts Neues in der Tat,
Das tut mein ganzer Oberkirchenrat.«
7. Minister Kleewitz.
Minister Kleewitz war
Ein arger Bureaukrat,
Doch sehr gewissenhaft,
Und fest in Rat und Tat.
Er diente recht und schlecht
Dem königlichen Herrn,
Friedrich Wilhelm III.
Befolgte pünktlich treu
Den höchsten Willen gern.
Der König seinerseits
Vertraute allerorten,
Wenn es 'was wichtiges galt,
Des Staatsministers Worten.
Nun war der Kronprinz aus
Ganz anderm Stoff gefügt:
»Wer glatte Worte schleift,«
So sprach er oft, »der lügt«.
Verhaßt war ihm wie Gift
Zopf und Bureaukratie –
Und wenn der Kleewitz kam,
War er zu sehen nie.
Doch einmal konnte er's
Wohl doch nicht gut vermeiden,
Er mußt' ihn stundenlang
In seiner Nähe leiden
Und hören seine stets
Langatmigen Tiraden. –
Das war ihm doch zu viel;
Es drängt' ihn, zu entladen
Auf soviel Faselei
Den zielbewußten Witz:
»Ich staune, Exzellenz!
Soviel an Geistesblitz
Ist, seit ich denken kann,
Mir niemals vorgekommen,
Wie mit Bewundrung ichs
Von Ihnen jetzt vernommen.
Ja, ja, Sie glänzen nur
Durch Ihres Geistes Taten;
Doch, Sie verzeih'n, wie steht
Es mit dem Rätselraten?
Ein solches Rätsel kommt
Mir in den Sinn soeben,
Und Sie gestatten wohl,
Es Ihnen aufzugeben:
Von erster Silbe frißt
Mit Hochgenuß das Vieh.
Die zweite, Exzellenz,
Find ich bei Ihnen nie. –
Das Ganze findet man
Im Sommer auf dem Land.
Wem wäre wohl der Sinn
Des Rätsels nicht bekannt?
Die Schranzen kicherten;
Denn selbst dem Dümmsten war
Des Rätsels Lösung gleich
Im Worte »Kleewitz« klar.
Er selber aber war
Urplötzlich still geworden,
Er hätte können gleich
Mit kaltem Blute morden.
Ingrimmig murmelt' er
Was in den Bart hinein,
Das ungefähr so klang
Wie Schillers »Wallenstein«
Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort.,
Dann macht' er Reverenz,
Ein wenig kurz und knapp,
Und ging zum König stracks,
Schnell durch die Mitte ab.
»Kronprinz soll kommen,« war
Befehl am nächsten Morgen.
Der eilte gleich herbei,
Wenn auch mit schweren Sorgen.
Und wirklich auch entlud
Sich über seinem Haupt
Ein Wetter schwerer noch,
Als er's zuvor geglaubt.
»Der Kleewitz ist erprobt,
Ist Stütze meines Thrones,
Nie soll er leiden durch
Die Spottsucht meines Sohnes.
Heut' gibt es nur Verweis,
Ich hab's mir überschlafen;
Doch beispiellos werd ich
In Zukunft solches strafen.«
Jedoch der Kronprinz sprach
Mit heitrem Angesicht:
»Mein gnäd'ger Vater und
Monarch, noch weiß ich nicht,
Was ich verbrach! – – Ach ja! –
Das Rätsel fällt mir ein! –
O, wie fatal! – Er riet
wohl »Kleewitz« gar? O nein!
Die Lösung ist ja klar,
Sie sollte »
Heuschreck« sein.«